Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

818 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
Diener die Frage, ob nach Frankfurt gehen und wie sich dort verhalten, viele 
Stunden lang beschäftigt hat. Ich hatte Gelegenheit die Gesinnungen Seiner 
Majestät des Königs Max kennen zu lernen, und auf Grund dessen, was ich dort 
zu sehen und zu hören Gelegenheit hatte, kann ich sagen: Die Rathgeber des 
Königs Max mögen es wagen, sie mögen vorbeigehen an der Theatinerkirche! 
Wenn Er heute hier wäre, (es würde vielleicht Manches ihm nicht gefallen 
an den Verträgen, so wenig wie uns) — wenn Er heute da wäre, Er 
würde handeln wie sein Allerdurchlauchtigster Sohn gehandelt hat. (Bravo.) 
Aber meo voto ist an dem, was von der inneren Agitation gesagt warde, 
nichts wahr. Ich für meinen Theil habe nicht verzweifelt an unserem inneren 
Leben; das waren wenigstens nicht die Motive, die mich zu dem Entschlusse 
brachten, meinen Namen unter die Verträge zu setzen. Ich wiederhole es 
kurz: unser Motiv war, obwohl wir von Preußen nicht gezwungen waren, 
die Erkenntniß, daß wir in einer Zwangslage sind, erstens weil wir allein 
ohne die anderen deutschen Staaten nicht existiren können, weder politisch 
noch wirthschaftlich, daß wir also einen Bund mit dem übrigen Deutschland 
für die Dauer nicht entbehren können; sodann weil wir wußten, daß die 
andern Staaten diesen Bund jetzt machen würden, nöthigenfalls ohne uns, 
und weil wir wußten, daß, wenn dieser Bund erst gemacht sei, uns schließ- 
lich nichts übrig bleibt als der Eintritt in denselben, auch wenn er uns noch 
weniger gefällt alo die Verträge, die man uns in Aussicht stellte. Das sind 
unsere Motive; so verstehen Sie es gütigst, wenn wir von einer Zwangslage 
gesprochen haben! Meine Aeußerungen über die sibyllinischen Bücher hat 
der Herr Referent aufgegriffen und zu meiner Genugthuung bis zu einem 
gewissen Grade als berechtigt erklärt, insofern er zugab, man hätte eigentlich 
richtiger gehandelt, die Vorschläge Preußens vom 16. Juni 1866 sich des 
Näheren zu besehen und zu versuchen, ob man auf deren Grundlage zur 
Einigung hätte gelangen können. Mich freut diese Bestätigung, aber ich 
gestehe, daß ich auch jetzt noch das angezogene Beispiel für richtig halte, auch 
wenn der Herr Referent es des Weiteren nicht gelten lassen will. Er be- 
streitet das Zutreffen dieses Beispieles um deswillen, weil Preußen seiner 
Auffassung nach eigentlich keine Ursache hätte, uns wie die Sibylle zu be- 
handeln und so mit uns zu verfahren, wie jenes Weib gethau. Eil fragt 
er, warum sollen wir jetzt so unter Preußen unterkriechen, wenn man früher 
dem nationalen Bedürfniß mit weniger genügen zu können glaubte? Hier 
liegt eine Verwechslung in Mitte. Es ist nicht dasselbe, ob wir sagen: Preußen 
hätte eigentlich keine Ursache so oder so zu haudeln, und ob wir sagen: 
Preußen wird so handeln. Gesetzt Preußen hätte auch keine Ursache, weitere 
Forderungen zu stellen, so ist darum nicht weniger wahr: sie werden gestellt 
werden. Der Herr Referent sagt: Wenn Preußen im Jahre 1868 die 
mehrbesprochencn Vorschläge gemacht hat, so mußte es doch damals die An- 
schauung haben, daß das dort Verlangte dem nationalen Bedürfniß genügt; 
warum verlangt Preußen jetzt mehr? Und weiter geht der Herr Referent
	        
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