Lutz. 823
meine Herren, wenn es zum Kriege kommt, und wir mitthun müssen, dann
kommt es dazu mit der Allianz so gut, wie mit dem nationalen Bündniß.
Das wird selbst der Herr Referent zugeben, der, wie ich gerne anerkenne,
zu wiederholten Malen gesagt hat, er stehe und bleibe stehen auf dem Boden
des Rechts, denn Recht ist für uns der Staatsvertrag, der uns zum Allürten
Preußens gemacht hat. Wenn es Ihnen aber passen könnte, den Vertrag
zu brechen, wenn Sie dies sonst mit Ihren Gesinnungen vereinbaren könnten,
ich weiß nicht, ob es schwerer ist, den einen oder den andern zu brechen. —
Meine Herren! Das Militärwesen hat eine große Rolle gespielt. Ich fürchte,
Sie zu lange aufzuhalten, wenn ich eingehender mich über diese Materie ver-
breiten wollte; aber kurz die rechtliche Anschauung der Regicrung in dieser
Frage zu kennzeichnen, halte ich für meine Pflicht. Ich betone: die rechtliche
Anschauung, denn was sich Alles thatsächlich in Zukunft entwickeln wird,
darüber kann ich und wohl auch Niemand von uns Aufschluß geben; wir
werden dabei unsere Schuldigkeit thun, aber wir haben nur ein gewisses Maß
von Stimmen zu verwerthen. Was also die rechtliche Seite der Sache be-
trift, so hat die Regierung keinen Zweifel darüber: das Gesetz, welches das
so vielfach genannte eiserne Militärbudget geschaffen, hat rechtlich zu eristiren
aufgehört mit dem letzten Tage dieses Jahres, und das Veto in Art. 5 der
Bundesverfassung ist kein Mittel, um diesem Gesetze eine längere Existenz
zu verschaffen. Mit dem Veto kann man das erhalten, was ist, nichts
Neues schaffen. Erhalten, was ist, heißt aber hier: das Gesetz erhalten vom
ersten bis zum letzten Artikel, also noch mit dem Artikel, der bestimmt, daß es
nur bis zum 31. Dez. 1871 gilt und mit dem 31. Dez. 1871 zu eristiren aufhört.
Ich muß aber ferner auch den Satz betonen, daß in der baierischen Abmachung
die Verpflichtung im Falle des Nichtzustandekommens eines Etatsgesetzes jährlich
225 Thaler per Mann der Friedenspräsenzstärke und so viel Mal als Ein
Prozent der Bevölkerung ausmacht zu bezahlen, nirgends enthalten ist. Ich
glaube, die Folgerungen, die daraus gezogen werden müssen, begründen, wenn
wirklich, was ich nicht glaube, ein Etatsgesetz nicht zu Stande kommt, für
diesen Fall das Eintreten des vollen Budgetrechtes der baierischen Kammer.
Vom Fahneneide hat der Herr Kriegsminister bereits gesprochen, nur
eine Bemerkung darf ich vielleicht beisfügen. Man hat gesagt, es sei ein
unerträgliches Mißtrauen gegen Baierns König, daß man die Pflicht des
Gehorsams für den Bundesfeldherrn schon im Frieden in den Fahneneid
aufnimmt. Der Herr Kriegsminister hat Ihnen bereits gesagt: würde
es sich darum gehandelt haben, diese Bestimmung neu zu schaffen, so würde
Niemand darauf rerfallen sein, es wäre wenigstens Niemand von uns darauf
eingegangen. Aber es was anders. Nachdem die betreffende Bestimmung
in den Verträgen mit den andern Staaten schon enthalten war, handelte es
sich um die Beseitigung derselben. Haben Sie denn, meine Herren, daran
zedacht, daß, indem man das Mißtrauen gegen den König von Baiern so
arg betont, man sich damit zugleich in eine ganz schiefe Stellung zu den