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bei weitem größten Mehrzahl aller intelligenten und urtheilsfähigen Männer,
und das ist ein großer Trost für und. Ich rede dabei nicht von den deutschen
Brüdern in den andern deutschen Ländern, die ungeduldig harren, ob wir
in ihre offenen Arme eilen; ich rede nicht von den deutschen Brüdern über
den fernen Mecren, die bei dem Unheil, das uns drobte, in tausend und
aber tausend Anlässen ihre innige Theilnahme am Loose des Vaterlandes
dekumentirt haben; ich spreche nicht von den Feinden, von denen wir lernen
sollen, und deren Spannung uns bestätiget, daß das Richtige für uns die
Einigung Deutschlands und der Anschluß Baierns an das Reich ist; ich
nde nicht von dem Zeugnisse, das in der Erwartung aller Nationen liegt,
die da harren, ob ein einiges mächtiges Deutschland werden wird; nein, ich
mde nur von den zunächst Betheiligten, und komme wieder darauf zurück:
„Es ist die größte Mehrzahl des Hauses, es ist das Votum der ersten
Kammer, es ist die Uebereinstimmung mit der Krone, die uns tröstet.“
Noch einen Trost haben wir: Auch manche Reden, die gegen die Verträge
gehalten worden sind, sind ein wahrer Herzenstrost für uns. Meine Herren,
das beruhigt und stärkt, wenn man mit der bangen Sorge, ob man das
Rechte getroffen hat, hier vor diesen Areopag tritt, und wenn es solcher
Mittel bedarf, um dem Volke die Annahme der Verträge zu verleiden!
(Bmrot) Und welchen Trost, meine Herren, welchen Trost haben Sie Cur
rechten Seite des Hauses gewendet)? Einen Trost, den wir nicht hoch genug
schätzen können, Sie haben das Bewußtsein für sich, das gebe ich zu, das
Rechte gewollt zu haben! Aber die Freudigkeit der Ueberzeugung wird nach-
lassen mit dem Wachsen des Beweises, daß diese Ueberzeugung doch nicht die
richtige gewesen ist. Wahrlich ungehcuer ist die Verantwortung, die den
Einen trifft, durch dessen Stimme etwa die Verträge verworfen werden!
Bei dem wahrhaftigen Gotte! Ich möchte dieser Einzige nicht sein! (Bravol)
Und wer ist der Eine? Jeder von Ihnen, der Nein sagt. Denn jeder
muß sich sagen, hätte er sein Votum anders abgegeben, so wärc das Unheil
von dem Vaterlande ferne geblieben. Das, meine Herren, halten Sie sich
vor Augen, wenn der Herr Präsident Sie aufruft, Ihr Votum abzugeben!
(Brarol)
Minister Graf v. Bray-Steinburg:’) Meine Herren! Ich habe den aus-
führlichen Vorträgen meiner beiden Herren Collegen nichts mehr beizufügen,
und verzichte darauf, die vorliegende Angelegenhcit nach langer Arbeit in
diesem Hause nochmalo zu besprechen. Diese Frage ist behandelt worden in
einer Reihe von Sitzungen mit aller Schärfe des Verstandes, mit aller
Wärme des Gefühles. Es sind der Worte sctzt genug. An Sie tritt jetzt
die Pflicht heran, mit einer That vorzugehen, mit der That der Abstimmung
und der Entscheidung. Möge der Geist der Wahlheit, der Geist des echten
*") St. B. S. 373 l. u.