Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Neumayr. 837 
ein Bundesgebiet, dessen Bevölferung durch die Absonderung Baierns in eine 
sehr erklärliche Spannung und Erbitterung versetzt sein wird. In diesem 
Momente schon wird die Lage sener Prerinz eine kaum erträgliche sein. Sie 
wird aber völlig unhaltbar und mit ihr auch die Lage des übrigen Landes, 
sobald der Zeitpunkt der Erneuerung der Zollrereinsverträge heramückt. 
Meine Hohen Herren! Baiern hat das Gewicht und den Duock dieses Zeit- 
punktes zu wiederholtenmalen gefühlt und diese Wirkung wird auch diesesmal 
nicht ausbleiben. In jenem Augenblicke wird Baiern jedenfalls gezwungen 
sein dem Bunde beizutreten. Der Beitritt wird aber dann erfolgen unter 
viel schlimmeren Bedingungen als es jetzt sich darbietet, er wird erfolgen — 
wir dürfen uns das nicht verhehlen — unter dem Hohne des übrigen Deutsch- 
lands, und er wird erfolgen bedingungslos, während jetzt noch sehr namhafte 
und wahrlich nicht zu unterschätzende Vortheile Baiern zugehen. Ich will 
diese Vortheile nicht näher aufzählen, sie sind am Schlusse des NReferates 
übersichtlich dargestellt und auf ihren Werth weist schon die Schwierigkeit 
hin, die es kostete, sie beim Vertragsabschlusse zu erlangen und in den 
weiteren Verhandlungen festzuhalten. Das sind die Gründe, meine Hohen 
Herren, welche den Ausschuß zu seinem Antrage bestimmt haben. Und nun 
möge das Hohe Haus mir noch zum Schlusse eine Bemerkung erlauben. 
Wenn aus dem biöher Erörterten hervorgeht, daß der letzte und durchschlagende 
Grund, der den Ausschuß bewogen hat, dem Hohen Hause die Annahme der 
Verträge vorzuschlagen, kein innerer Grund ist, sondem in der Berücksichti- 
gung der zwingenden Macht der äußern Verhältnisse beruht, so will damit 
nichts weniger ausgesprochen werden als der Gedanke, daß nunmehr Baiern 
mit der stumpfen Verdrossenheit und Erbitterung eines Gezwungenen in den 
Bund treten soll, — eines Gezwungenen, der nur grollend die ihm aufge- 
drungene Fessel stets im Auge hat und wohl gar im Stillen hinterlistige 
Pläne schmiedet, um sie bei der nächsten Gelegenheit wieder abzustreifen. Nein, 
meine Hohen Herren, das kann, das darf die Meinung nicht sein! Ist ein- 
mal der Bund geschlossen, ist Baiern einmal — sei es aus was immer für 
Motiven — eingetreten in die Gesammtheit, dann müssen die Bedenken und 
Befürchtungen, deren offene Darlegung und gewissenhafte Prüfung jetzt unsere 
Pflicht ist. — sie müssen, soweit sie eine feindselige, verbitterte Stimmung gegen 
das Bundesverhältniß zu nähren geeignet sein möchten, abgethan und be- 
graben sein. Als ein treuer, rückhaltloser, verlässiger Genosse muß Baiem 
in den Bund treten und nicht retrospektive Klagen und Gelüste sondern ein 
frisches Ergreifen des einmal Gegebenen und Angenommenen muß die Lesung 
sein! Jene Mängel, jene Befürchtungen — sie sind nur insoferne im Gedächtnisse 
festzuhalten, als sich die Aufgabe daran knüpft, sie auf verfassungsmäßigem 
Wege zu beseitigen, und dazu, meine Hohen Herren, gibt die Fortbildungs- 
fähigkeit der Bundesverfassung das Mittel an die Hand. Der Bundesrath, 
der Reichstag sind die Arena, auf der von der Regierung wie von der Volks- 
vertretung Baierns in den Kampf zu treten ist, um eine Verbesserung der
	        
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