Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

838 Baiern. Kammer der Reichsräthe. 
Verfassung des Bundes in den angeregten Beziehungen herbeizuführen. 
Meine Hohe Herren! die Bedenken, die der Ausschuß als überwiegend gegen 
die Annahme der Verträge bezeichnet hat, — sie sind keineswegs blos partikula- 
ristischer Natur, sie wurzeln nicht in einem ausschließlich baierischen Interesse, 
sondern das allgemeine deutsche Interesse wird von ihnen ebenso wesentlich be- 
rührt, wie das unsers enger#n Vaterlandes. Baiern wird daher im Kampfe 
um die Beseitigung der Mängel der Bundesverfassung, auf welche sich jene 
Bedenken gründen, nicht allein stehen! Ich vertraue auf den gesunden Sinn 
des Deutschen Volkes und die Kraft seines Willens, daß dieser Kampf kräftig 
und mit Erfolg geführt werden wird. Möge in diesem Vertrauen der baie- 
rische Landtag seine Beschlüsse fassen und möge der Himmel seinen Segen 
dazu geben, daß das neugegründete Verfassungswerk seinen Ausbau finde 
in einer Weise, die zum Segen Deutschlands, die zum Segen Baierns 
gereicht! 
Im Namen des Ausschusses bringe ich an das Hohe Haus den 
Antrag: 
„Es wolle demselben gefallen, den von der königlichen Staats- 
„regierung vorgelegten Verträgen ihrem vollen Inhalte nach die Zu- 
„stimmung zu ertheilen."“) 
Frhr. zu Frankenstein"“): Meine Hohen Herren! Da ich das einzige 
Mitglied der vereinigten Ausschüsse war, welches nicht für den Antrag des 
Herrn Referenten stimmte, glaube ich es Ihnen und mir schuldig zu sein 
die Gründe zu entwickeln, welche mein negatires Votum veranlaßt haben. 
Mit der Beurtheilung der Verträge, wie Sie solche in dem Vortrage unseres 
geehrten Herrn Referenten finden, bin ich großentheils einverstanden. 
Auch ich finde, daß der größte Theil der baierischen Sonveränitatsrechte durch 
die Verträge verloren geht, namentlich dadurch, daß der neue Deutsche Kaiser 
das Recht der völkerrechtlichen Vertretung, das Recht über Krieg und Frieden 
für das neue Deutsche Reich erwirbt. (Ich weiß, ich habe in den Verträgen 
gelesen, daß, um einen Offensirkrieg zu erklären, der Deutsche Kaiser die 
Mehrheit des Bundesrathes für sich haben muß. Ich weiß, daß der Krone 
Baiern das Gesandtschaftsrecht auch ferner verbleibt; auf dieses Recht lege 
ich aber wenig Werth.) Das Stimmenrerhältniß im Bundesrathe ist der- 
a#tig, daß Preußen wohl in allen Fragen, an welchen ihm wirklich etwas 
gelegen ist, sicher auf die Mehrbeit des Bundesrathes rechnen kann. Das 
Gesandtschaftsrecht, dieses kestspielige Recht, ist uns allerdings geblieben; aber 
wozu? Dasienige, was unsere Gesandten uns berichten können, werden wir 
durch den Ausschuß für answärtige Angelegenheiten, der in Berlin etablirt 
werden soll, erfahren und das halte ich doch für unmöglich daß, wenn die 
*) Folgt Prinz Ludwig k. Hoheit von Baiern S. 57. 
% GS. 60.
	        
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