Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Franckenstein. 839 
Verträge angenommen sind, die baierischen Gesandten andere Instriktionen 
erhalten werden als die Reichsgesandten. Auch ist mir aufgefallen, daß, 
während das Gesandtschaftsrecht belassen wurde, das Recht Konsuln zu er- 
nennen genommen worden ist: und gerade darauf hätte ich Werth gelegt, 
daß durch baierische Konsuln die baierische Industrie im Auslande hätte ge- 
schützt werden können. Soriel von der Schädigung der Sonreränitätsrechte 
Nicht minder sollen die baierischen Volfsrechte geschädiget werden. Vor Allem 
muß ich hervorheben, daß das Geldbewilligungerecht wesentlich dadurch ge- 
mindert wird, daß wir durch den Vertrag die Verpflichtung übernehmen, ein 
Prozent der Bervölkerung in Friedenszeiten bei den Fahnen zu haben und 
per Mann jährlich 225 Thaler für Kriegszwecke auszugeben. Meine Hohen 
Herren! Diese Bestimmung des Vertrags ist nicht wie viele andere durch 
ein Bundesgesetz abänderbar, sondern diese Bestimmung kann erst modifizirt 
werden, wenn Preußen, die Präsidialmacht, der Aenderung zustimmt, und 
daß das in nächster und naher Zeit geschehen wird, glaube ich nie und 
nimmermehr. Wir haben uns Alle gefreut, aus den Verträgen zu ent- 
nehmen, daß der Malzaufschlag unserem Lande vorerst erhalten bleibt und 
mit ihm die Basis der Tilgung und der Verzinsung der alteren Staats- 
schuld. Aber, meine Hohen Herren, lesen Sie den zweiten Absatz des Artikels 
35 und Sie werden finden, daß Baiern, Würtemberg und Baden bestrebt 
zu sein versprechen eine übereinstimmende Besteuerung auch dieses Gegen- 
standes zu erlangen; also der Weg ist schon quasi angedeutet, auf welchem 
diese für uns so wichtige Steuer für uns verloren gehen wird. Aehnliche 
Verluste hat auch das baierische Volk an dem Rechte erlitten an der Gesetz- 
gebung Theil zu nehmen. Es ist vielleicht nicht anders ausführbar gewesen, 
aber es ist Thatsache, daß die Bundesgesetze den Landesgesetzen vorgehen. 
Nun wollen die Hohen Herren aber die große Masse von Gesetzen gefälligst 
lesen, welche im Artikel 79 stehen. Es ist mir bekannt: vorerst sind diese 
sämmtlichen Gesetze mit Ausnahme des Reichstagswahlgesetzes für uns nicht 
bindend, es genügt aber ein einfaches Bundesgesetz, um uns diese ganze 
Fluth von Gesetzen zu geben. Meine Hohen Herren, ich frage: Findet sich 
hier in diesem Saale ein Einziger, welcher alle diese Gesetze, die der Ar- 
tikel 79 aufführt, kennt? ist Einer unter uns, woelcher weiß, ob eines oder 
das andere dieser Gesetze nicht Bestimmungen enthält, die für unsere Ver- 
hältnisse, für unser Volk gar nicht passen? Ich glaube, ich werde eine ver- 
neinende Antwort erhalten! Wie gesagt, darin war der ganze Ausschuß mit 
dem Herrn Referenten einrerstanden, daß die Baiern durch die Verträge 
auferlegten Opfer als jedes billige Maß übersteigend dargethan werden 
müssen. Es frägt sich uun, warum, wenn Alle die Opfer so crorbitant 
finden, wenn Alle einsehen, daß die Rechte der Krone, die Rechte des Volkes 
so wesentlich geschmälert werden, warum drängt man, die Verträge anzu- 
nchmen? Man sagt, durch die Annahme der Verträge wird die Deutsche 
Einhcit besiegelt, man sagt: nachdem Baden und Würtemberg in den
	        
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