Belsaͤtze. 855
Der Reichstag wolle bei Annahme des Vertrags beschließen zu erklären:
„Der Reichstag spricht:
1. den unablässigen nationalen Bestrebungen, in denen Regierung
und Volk des Großherzogthums Baden rereinigt sind,
seine dankende Anerkennung aus;
2. der Reichstag erkennt in diesen Bestrebungen den lebhaften Aus-
druck der nationalen Zusammengehörigkeit und nimmt mit freu-
diger Genugthuung den möglichst ungesäumten Anschluß
an den bestehenden Bund als Ziel desselben wahr.“
Ueber den ersten Theil des Antrags herrschte das vollste Einverständniß
bezüglich des zweiten, die Anschlußfrage betreffenden Theiles erhob sich eine
sehr erregte Debatte, bei welcher sich insbesondere Bundeskanzler Graf
Bismarck entschieden dagegen aussprach, selbst für den Fall, daß demnächst
von der badischen Regierung (beziehungsweise allein) der Beitrittsantrag
offiziell gestellt werden sollte. Unter anderem betonte derselbe hiebei das im
Antrage liegende Drängen nach Vollendung des deutschen Einigungswerkes
und die Unterschätzung des wirklich Erreichten, und fuhr hicrauf wörtlich fort
wie folgt:
„Denken Sie zurück, meine Herren, in die Jahre von 1848, in die
Jahre vor 1864. Mit wie Wenigem wäre man damals zufrieden gewesen!
Als welche glänzende Errungenschaft wäre beispielsweise diejenige Einigung
für ganz Deutschland, in welcher wir heute mit Süddeutschland stehen, der
gesammten Nation erschienen! Nämlich ein Zollparlament, welches das
liberum veto aus der Zollverfassung beseitigte, welches dem Ganzen eine
organische verfassungsmäßige Gestalt verlieh, — und ein gesicherter Ober-
befehl der gesammten Heeresmacht! Der gesicherte Oberbefehl war
eine große Schwierigkeit für einen Krieg des alten Bundes; er war schwer-
lich zu erreichen und die Verhandlungen darüber hätten, wenn nicht außer-
halb des Bundes Vorsorge getroffen wäre, länger dauern können als der Krieg.
Haben wir nicht in Bezug auf Süddeutschland ein kostbares Stück nationaler
Einheit erreicht? Ich kann dreist behaupten: — Uebt nicht das Präsidium
des Norddeutschen Bundes in Süddeutschland ein Stück kaiserlicher Gewalt,
wie es im Besitze der deutschen Kaiser seit 500 Jahren nicht gewesen ist?
(Hört! Sehr wahrt!) Wo ist denn — seit der Zeit der ersten Hohen-
staufen — ein unbestrittener Oberbefehl im Kriege, eine unbestittene
Sicherheit der Gemeinschaft, denselben Veind und denselben Freund im Kriege
zu haben, in deutschen Landen vorhanden gewesen? Wo ist denn eine
wirthschaftliche Einheit vorhanden gewesen, an deren Spitze der deutsche
Kaiser gestanden hätte!: Der Name macht es nicht! Aber wenn das
Präsidium, wenn der König, mein Allergnädigster Herr, im Nordbunde
eine Macht übt, die zu erweitern im nationalen Interesse, um Interesse des
Gewichtes und Schutzes von Deutschland kein Bedürfniß vorhanden ist, so
kann ich behaupten: Das Haupt des Nordbundes hat in Süddeutschland eine.