Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Beisätze. 857 
Thronrede eröffnet, deren erste, auf die Deutsche Frage in ihrer damaligen 
Phase bezügliche Hälfte wörtlich lautet wie folgt:) 
Meine Herren Reichsräthe und Abgeordneten! 
„Es gereicht Mir zu hoher Befriedigung, die Kammern des Land- 
tages wieder um Mich versammelt zu sehen, und mit Freude ent- 
biete Jch Ihnen Meinen Königlichen Gruß.“ 
„Die Schwierigkeiten, welche sich der Constituirung der für den 
21. September des vergangenen Jahres einberufenen Kammer der 
Abgeordneten entgegengestellt haben, waren der Anlaß zur Aufhebung 
derselben und zur Anordnung von Neuwahlen.“ 
„Der Widerstreit entgegenstehender Meinungen hat in der letzten 
Zeit einen Grad ungewöhnlicher Heftigkeit erreicht. In Folge dessen 
haben sich vielfach irrthümliche und beunruhigende Vorstellungen 
verbreitet. Im Vertrauen auf Ihrer Aller Vaterlandsliebe und 
Einsicht gebe Ich Mich der Hoffnung hin, daß das Vorbild maß- 
voller Haltung, welches Sie dem Lande geben werden, wesentlich zu 
seiner Beruhigung beitragen wird." 
„Ich weiß, daß manche Gemüther die Sorge erfüllt, es sei die 
wohlberechtigte Selbstständigkeit Baierns bedroht. Diese Befürchtung 
ist unbegründet. Alle Verträge, welche Ich mit Preußen und dem 
Norddeutschen Bunde geschlossen habe, sind dem Lande bekannt. 
Treu dem Allianzvertrage, für welchen IJch Mein Königliches Wort 
verpfändet habe, werde Ich mit Meinem mächtigen Bundesgenossen 
für die Ehre Deutschland und damit für die Ehre Baierns ein- 
stehen, wenn es unsere Pflicht gebietet.“ 
„So sehr Ich die Wiederherstellung einer nationalen Verbindung 
der deutschen Staaten wünsche und hoffe, so werde Ich doch nur 
in eine solche Gestaltung Deutschlands willigen, welche die Selbst- 
ständigkeit Baierns nicht gefährdet.“ 
„Indem Ich der Krone und dem Lande die freie Selbstbestimmung 
wahre, erfülle Jch eine Pflicht nicht allein gegen Baiern sondern 
auch gegen Deutschland. Nur wenn die deutschen Stämme sich 
nicht selbst aufgeben, sichern sie die Möglichkeit einer gedeihlichen 
Entwicklung Gesammt-Deutschlands auf dem Boden des Rechtes." 
„Ich hege die zuversichtliche Erwartung, daß Sie Mein Bestreben, 
an dem Wohle Meines Volkes im Geiste der neuen Gesetzgebung 
fortzubauen, kräftig unterstützen werden."“ 
*.) Amtliche Protokolle des Landtags 1870/1871 S. 9 lI.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.