Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Adresse. 865 
Kaiserliche Majestät! Der Zufriedenheit Deutschlands, der Sicher- 
heit Europas hat die Einheit des Deinschen Reiches gefehlt. Jetzt 
ist die Einheit errungen, und das Reich unter dem Schutze seines 
Kaisers, unter der Herrschaft seiner Verfassung und der Gesetze sicher 
gestellt. Jetzt kennt Deutschland keinen höheren Wunsch, als im 
Wettkampf um die Güter der Freiheit und des Friedens den Sieg 
zu erringen. 
Eurer Kaiserlichen Majestät 
allerunterthänigste treugehorsamste 
Der Deutsche Neichstag. 
Dem Berichte des l. Präsidenten Dr. Simson in der 10. Sitzung 
(vom 3. April 1871 nach den ÖOsterferien) zufolge lautete die Antwort’) 
Sr. Majestät des Kaisers und Königs wie folgt: 
Ich babe die verlesene Adresse mit herzlichem Dank entgegenge- 
nommen. Ich freue Mich der Gesinnungen, welchen der Reichstag 
in derselben Auêdruck gegeben hat; sie beweist, daß die Worte 
Meiner Thronrede durchaus richtig ergriffen worden sind. (Härt! 
hört! Bravol) 
Wohl ist dem Heldenmuthe der deutschen Heere, die Mir zu 
zu führen vergönnt war, und ihren unvergleichlichen Thaten Dank 
zu zollen, vor Allem aber der göttlichen Vorsehung, deren Finger 
man bei jedem Schritt so deutlich erkennen konnte. Wir wollen 
uns bestreben, stets so zu handeln, daß ihr Schutz auch ferner uns 
nicht fehle. 
Der Reichstag hat der Niederlage Frankreichs gedacht, das auch 
jetzt noch, nachdem es mit uns Frieden geschlossen, in Konvulsionen 
liegt. Darin zeigt sich die Folge der seit achtzig Jahren immer- 
währenden Revolution, die Alles bis auf die Dynastie entwurzelt 
hat, und auf deren Wegen es kein Ende giebt. Das soll auch uns 
eine Warnung sein, deren es aber bei den von dem Reichstage kumd- 
gegebenen Gesinnungen nicht bedarf. 
Wohl ist in den dem Deutschen Reiche zurückgewonnenen Ländern 
die deutsche Volksthümlichkeit nicht zerstört, aber doch in der That 
sehr verwischt; wir dürfen darum keine zu rasche Wandlung er- 
warten, sondern müssen Geduld und Nachsicht üben. Es wäre ja 
nicht einmal wünschenswerth und gut, wenn Völker bei einem solchen 
Scheiden aus dem bioherigen Zusammenhange gleichgültig blieben. 
Durch Milde werden wir die deutsche Gesinnung in den i Rede 
St. B. S. 111 I. g. u. 
Matertalte# 111. 55
	        
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