Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Bismarck. Hänel. 875 
den beredten Worten, mit denen dies soeben befürwortet worden ist, meiner- 
seits noch etwas hinzuzufügen. 
Dr. Hänel (Kiel-Rendsburg-Plön)): Ich gehe zurück auf die redaktio- 
nellen Anträge, welche gestellt sind, und werde meinerseits natürlich an dieser 
Stelle ebenfalls keine materielle Kritik üben. Ich knüpfe an an den ersten 
bDUhheil der vorletzten Rede des Herrn Bundeskanzlers, worin derselbe einige 
Bedenken gegen das Amendement Duncker vorbrachte. Der Herr Bundes- 
kanzler sagte, daß es die Absicht der Bundesregierungen gewesen sei, das 
Wort „Reich“ überall da einzuführen, wo es sich um Gegenstände handelte, 
welche bisher den partikularen Gewalten zugestanden und nunmehr centralisirt 
worden seien. Mir scheint, daß das gerade auf das Wort „Bundesgebiet"“ 
raßt. Dies geht auf das Deutlichste aus dem Artikel 1 hervor; hier heißt 
es nämlich: „das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen" — nun 
folgen die einzelnen Staaten. Wir sehen also hier einen Gegensatz: die 
Summe der einzelnen Staaten wird aufgeführt, es werden die einzelnen 
Lheile des Gebicts bezeichnet, und an der Sxitze muß nunmehr meiner 
Ueberzeugung nach logisch und sprachlich oder, wie soll ich sagen, dem sprach- 
lichen Rhythmus nach diejenige Bezeichnung stehen, welche eben die Gesammt- 
beit ausdrückt. Also, meine Herren, nicht darf es heißen „Bundesgebiet", 
sendern es muß heißen „Reichs gebict"“. Daß darin irgend welche Tendenz 
nicht gefunden zu werden braucht, das, meine Herren, geht gerade aus diesem 
Artikel 1 bervor. Aus den Gründen, die ich entwickelt habe, und die wie 
mir schien auch der Herr Bundeskanzler theilt, — gerade aus diesen Gründen 
würde ich plaidiren für die Ersetzung des Wortes „Bundesgebiet" durch das 
Wort „Reichsgebiet". 
Bundeskanzler Fürst v. Bismarck): Ich appellire an bessere Kenner 
unsererer sprachlichen Onellen und Zusammenhänge, wenn ich die Frage stelle: 
ist das Wort „Neichsgebiet“ überhaupt sprachlich hergebracht, ist es nicht eine 
Art von Tantologie, liegt nicht in dem Worte „Reich“ schon die Bezeich= 
nung des Bereichs und des Gebiets? Ich will es nur auregen, weil meinem 
sprachlichen Ohr das Wort „Reichsgebiet“ widerstrebt, während das Wort 
„Bundesgebiet“ gebräuchlicher ist. Ich würde dann lieber vorschlagen, an 
solchen Stellen, wo das Bedürfniß dazu vorhanden ist, das Wort „Deutsch- 
land“ oder „Reich“ zu gebrauchen, obschon man dann möglicherweise in Un- 
rerständlichkeiten rerfallen kann. Ich übersehe im Angenblick die einzelnen 
Texte nicht, ich habe nur das Bedürfniß wiederholt zu konstatiren, daß uns 
keine principiellen Ansichten scheiden sondern nur sprachliche. 
St. B. S. 95 r. u. 
) St. B. S. 96 l. g. m.
	        
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