Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

876 I. Session des deutschen Reichstages. 
Freiherr v. Hoverbech (Senzburg-Ortelsburg)"): Meine Herren, ich 
mache darauf aufmerksam, daß hier ausdrücklich vom Schutze des Gebietes 
die Rede ist, vom Schutze des Bundes= oder Reichsgebiets, je nachdem Ihrer 
Auffassung das inc oder das Andere richtig erscheint. Nun ist aber dech 
der Schutz dieses Gebietes, der Schutz unserer Grenzen entschieden Sache des 
Reichs und nicht der einzelnen Staaten, und aus diesem Grunde mußte 
mindestens an dieser Stelle gewiß „Reichsgebiet“ gesagt werden. 
Migquel (Fürstenthum Waldeck) ““): Nur um spätere Mißdeutungen 
und Mißbverständnisse zu vermeiden, will ich doch zu dem, was mein Frcund 
Lasker in Uebereinstimmung mit dem Herrn Vundeskanzler bemerkt hat, eine 
Reserve hinzufügen. Wenn er sagte es ist in Zukunft der Sinn und Inhalt 
der Reichsverfassung nur zu interpretiren dadurch daß man auf die Verträge 
zurückgeht und gewissermaßen also den sachlichen und wörtlichen Inhalt der 
Reichsverfassung als selbstständiges Material zur Interpretation beseitigt, so, 
glaube ich, geht das doch viel zu weit. Wir beschlichen die Verfassung als 
ein Ganzes. Welches Gewicht bei der Erklärung von Iweifeln, die der 
Wortlaut der Verfassung etwa erregt, auf die der Verfassung zu Grunde 
liegenden Verträge zu legen ist, darüber kann heute ron uns Niemand ab- 
sprechen, das müssen wir nach den einzelnen Fällen beurtheilen. Die Ver- 
fassung, die wir hier beschließen, geht aus dem übereinstimmenden Willen 
des Bundesraths und des Reichstages hervor, sie ist Material zur Juter- 
pretation. Inwiefern anderes Material, aus dem die Verfassung hervorgegangen 
ist, auch noch zur Benutzung kommt, darüber kann man keinen Grundsatz 
aufstellen. Ich glaube und vermuthe, daß mein Freund Lasker auch nicht in 
anderem Sinne seine Worte gemeint hat; ich halte aber doch um deswillen 
diese Erklärung für nöthig, weil er glaubte, daß er mit seinen Worten in 
voller Uebereinstimmung mit allen seinen politischen Freunden sei. 
Dr. Haenel““?): Ich knüpfe wiederum nicht an die letzten Bemerkungen 
des Herrn Abgeordneten Miquel, sondern an die Bemerkungen des Herren 
Bundeskanzlers an. Selbstverständlich präsentire ich mich nicht als einen 
besseren Sprachkenner. Ich darf mich aber seiner Bemerkung gegenüber auf 
die späteren Artikel der Reichsrerfassung berufen. Der Herr Bundeskanzler 
meinte, daß das Wort „Reichsgebiet" darum nicht gut sei, weil in dem 
Worte „Reich“ bereits eine lokale Beziehung läge. So verstand ich ihn. 
Allein, meine Herren, in dem Artikel 48 befolgt der Sprachgebrauch der 
vorliegenden Verfassung doch dieses Sentiment nicht, sondern hier heißt es: 
„Das Postwesen und das Telegraphemvesen werden für das Gebiet des 
*!) St. B. S. 96 l. m. 
)St. B. S. 96 l. g. u. 
St. B. S. 96 r. o.
	        
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