Art. 1. Krzyzanowski. Umuhe. 883
Europa, und das andere ist die Befreiung Wiens, wo wir Wien und das
Deutsche Reich gerettet haben. Den Dank dafür ist uns Deutschland bis
zum heutigen Tage schuldig geblieben, der Schuldbrief ist noch nicht ausge-
löst. Meine Herren, wir sind allen Fraktionen im Reich fremd, und trotz-
dem, ich könnte mich hier an alle Fraktionen wenden und sie um Berück-
sichtigung dieses Antrages bitten: an Sie, meine Herren von der Rechten, —
ich verlange dasselbe historische Recht, welches Sie in Anspruch nehmen,
welches Sie bei der Neubildung Deutschlands ebenfalls angerufen
baben, an Sie, meine Herren von der Linken, wende ich mich — und
bitte um Anwendung derselben Freiheitsprinzipien, welche Sie stetb anrufen.
Wollen Sie, meine Herren, das Nationalitätsprinzip dort, wo es sich um
dessen Anwendung gegen unt bandelt, verleugnen, wenn Sie es sogar in
Italien, wo es in eine gewisse Kellision mit dem historischen Rechte der
Päpste kommt, anerkennen, wollen Sie es wirklich verläugnen, — dann, meine
Herren, bört alle Konsequenz auf!
Frhr. v. Auruhe-Bomft (Meseritz-Bomst [Posen]):“) Meine Herren, ich
will nicht näher auf die Vorträge der beiden Herren, die vor mir von der
Tribüne gesprochen haben, eingehen, und zwar deshalb nicht, weil ja wieder-
bolt dasjenige gesagt worden ist, was geeignet ist, die Anführungen der
Herren zu widerlegen, und ich meines Theils gewiß nicht dazu beitragen will,
die schon oft gehörte polnische Debatte hier zu verlängern. Ich halte mich
aber für verpflichtet, meine# Theils, da ich ebenso wie die beiden Herren,
die gesprochen, zur Mitgliedschaft dieser Versammlung berufen worden bin
durch die Wahl in einem Kreise, der ebenfalls wie die Kreise, die die Herren
hiehergesandt haben, den ehemals polnischen Landestheilen angehört hat, zu
erklären — und ich glaube es mit voller Zuversicht sagen zu können, daß
ich mich in dieser Erklärung jedenfalls des Einverständnisses der zahlreichen
Deutschen, welche jene ehemals polnischen Landestheile bewohnen, erfreue —
also ich halte mich verpflichtet zu erklären, daß wir die Frage, die die Herren
heute durch ihren Antrag unter Nr. 20 der Drucksachen wiederum anregen,
für entschieden und abgethan ansehen, und zwar entschieden und abgethan
Tdurch die Entscheidung des Reichstages des Norddeutschen Bundes vom
18. März vorigen Jahres, durch die Annahme der Verfassung des Nord-
deutschen Bundes, an deren Stelle jetzt die Verfassung des Deutschen Reiches
tritt, und welche zu Stande gekommen ist nicht allein unter der Zustimmung
des Reichstages, der Vertretung also des gesammten Volkes, des Bundesrathes,
der Vertretung also der Bundesfürsten und Seiner Majestät des Kaisers,
sondern die auch ihre Zustimmung gefunden hat in allen Landesvertretungen
der dabei betheiligten Staaten. Wir halten dafür, daß diese Verfassung
des Deutschen Reiches ebenso wie die Verfassung des preußischen Staates
*) St. B. S. 98 r. u.
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