Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Art. 1. Nigolew ski. 889 
deutschen Civilisation, mit Deutschland gehalten, ja selbst mit Aufopferung 
unserer slavischen Lande, die uns mit dem übrigen Slaventhum vereinigen, 
und wir haben uns deshalb temporäre Abneigung desselben zugezogen — ja 
eine temporäre vielleicht, denn wir können trotzdem, daß wir dafür 
mit unserer ganzen Energie einstehen, daß Polen treu bleibe seinen Traditionen 
und mit den Kulturrölkern zusammengehe, doch dahin kommen, daß die 
anderen flavischen Völker uns überfluthen, und die Repräsentanten der 
Slaven werden andere Gebiete vindiciren als wir. Denn, meine Herren, 
ich könnte Ihnen eine Karte vorlegen, aus der Sie ersehen könnten, wie weit 
Rußland als slarisches Gebiet in Europa zurückrindicirt. Ich will aber auch dar- 
über in diesem Augenblicke hinweggehen und begnüge mich mit der Andeutung 
der nothwendigen Konsequenzen. Da uns aber geradezu das Recht wider- 
sprochen worden ist, mit unseren Anträgen aufzutreten, so halte ich mich 
dafür jedenfalls berufen, auf unsere Berechtigung dazu zurückzugehen. Den 
Polen wird ja immer vorgeworfen, sie wären geborene Hochverräther, und 
daß sie fortwährend revolutioniren. JIa, meine Herren, wenn wir in diesem 
Augenblicke einen Antrag auf unsere positiven Rechte stützen, dann sollen wir 
da zu auch nicht berechtigt sein. Wo ist der revolutionäre Sinn? Wo ist 
gerade das, was uns sonst vorgeworfen wird? Gewiß auf Seite Derjenigen, 
die uns unsere garantirten Rechte nicht gewähren wollen. Meine Herren, 
die Polen sind sämmtlich ihrerseits gewiß nicht gemcint, sich auf die Wiener 
Traktate als eine ausschließliche Basis ihrer unveräußerlichen Rechte zu be- 
rufen, da sie ohne ihre Zustimmung und Mitwirkung geschlossen 
sind und nur eine neue Theilung statuirten, also die un veräußerlichen 
Rechte auf Selbstständigkeit verletzten; allein gewiß steht Keinem, 
welcher dadurch Verpflichtungen gegen die Polen übernommen hat, das 
Recht zu, dieselben einseitig zum Nachtheil der Polen zu verkümmern oder 
gar aufzuheben, insbesondere da die Verträge nicht mehr politische sondern 
auch Privatrechte garantiren. Satzungen des Völkerrechts aber können, 
soll nicht in dem Völker= und Staatenrechte eine allgemeine Anarchie ent- 
stehen, nur durch Kongresse geändert werden. So lange aber eine Aende- 
rung des positiven Völkerrechts durch einen Kongreß nicht erfolgt, müssen 
die völkerrechtlichen Stipulationen als zu Recht bestehend anerkannt werden, 
umd wenn sie auch von den Regierungen nicht ausgeführt werden, dann steht 
doch gewiß denjenigen, denen sie die Kardinalrechte als das Recht der 
Nationalität zusichern, die Berechtigung zu, sich auf dieselben zu berufen, 
und dieses Recht kann uns nicht genommen werden. Wir stehen als Volk 
da. Unsere politische Stellung in der europäischen Völker- 
familie ist ausdrücklich anerkannt in den Wiener Verträgen. 
Ich verweise Sie auf die einzelnen Satzungen, dort sind die Grenzen gezogen, 
innerhalb welcher das polnische Volk eine territoriale Einheit bildet, dort ist 
ausdrücklich das Jahr 1772 nicht einmal, nicht zweimal, sondern ich glaube 
wenigstens zehnmal ausdrücklich gedruckt. (Unterbrechung.) Ja wohl, meine
	        
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