Art. 1. Mallinckrodt. Schraxs. 893
den Erwägungen, die zu seiner Unterstützung angeführt werden, finde ich
eine Mischung von richtigen und unrichtigen Sätzen. Den Antrag selbst
betrachte ich auch nur als eine Rechtsverwabrung von dem Standpunkte aus,
den die geehrten Herren einnehmen. Ich mag aber nicht schroffe Abweisungen
derartiger Anträge in diesem Hausfe hören, ohne doch Gelegenheit zu nehmen,
meinerseits der Theilnahme Ausdruck zu geben, die mit mir gewiß Viele
über das tragische Geschick einer edlen Nation empfinden, der auch die west-
licher wohnenden Nationen Eumcpas zu dauerndem Danke verpflichtet bleiben.
(Bravol) Ich will nicht untersuchen, wie die Schuld sich vertheilt auf
die unterdrückte Nation der Polen oder auf ihre Unterdrücker; ich werfe
auch keinen Blick in die Zukunft. Meinerseits stehe ich auf dem Boden des
Rechts, wie er durch die europäischen Traktate gegeben ist, und ich bin nur
in der Lage, die Erwartung und die Hoffnung auszusprechen, daß die der
polnischen Nationalität traklatmäßig zugesicherten Rechte auch stets mit pein-
licher Gewissenhaftigkeit gewährt werden mögen. Diesjenigen Herreu aber,
die so laut das nackte Prinzig der Nationalitäten proklamiren, die weise ich
darauf hin, daß es ihnen anstehen würde, auch Anderen dasjeuige Recht zu
gewähren, was sie für sich selbst in Anspruch nehmen; wo nicht, so sündigen
sie gegen die ersten Grundsätze der Gerechtigkeit.
Schraps (Zwickan-Krimmitschau r.)"!); Es ist mir, der ich mich als
Redner gegen beide Adreßentwürfe zeitig gemeldet, bei der Adreßdebatte trotz
der ausreichenden Fülle von Reden derer, die für beide Adressen gesprochen
haben, durch die Schlußabstimmung das Wort abgeschnitten worden, und
bei den Anfeindungen, die ich deshalb erfahren habe, halte ich es um so
mehr für nothwendig, wenigstens kurz meine Abstimmung zu motiviren. Der
Verdienste der Polen in früherer Zeit, die der Herr Vorredner auch auer-
kannt hat, ist vor Allem auch die curopäische Demokratie eingedenk; wir
finden, daß sie die Vormauer gewesen sind gegen die Türkengefahr und daß
sie die Vormaner gewesen sind, wenigstens eine Zeitlang, gegen die Russen-
gefahr, die noch nicht beseitigt ist. Wir meinen, daß alles daojenige Unrecht,
was jetzt in den Ostseeprorinzen geschieht gegen Deutsche und theilweise auch
in Kongreßpolen, nicht geschehen wäre unter den Polen, und wenn der Herr
Bundeskanzler hingewiesen hat auf dasjenige, was von Seiten der Polen
geschehen ist vor 200 Jahren, so sage ich, das ist kein zutreffender Vergleich,
denn dann müßte man vergleichen dasjenige, was damals unter den Polen
geschehen ist, mit demjenigen, was damals in anderen Ländern sich ereignete,
und das ist nicht geschehen. Die Gefahr, die ich zuletzt augedeutet, besteht
jetzt noch und darum wird den Polen immer noch die Sympathie aller der-
jenigen Völker, die noch Werth legen auf die europäische Civilisation, erhalten
bleiben. Wenn nun bei der Adreßdebatte die Hoffnung ausgesprochen worden
*) St. B. S. 102 r. m.