Art. 2. Grundrechte. Greil. 921
in Italien jetzt die Kirche einnimmt, ist nicht von der Art, daß sich ein
Freund der Freiheit in irgend einer Weise für dieses Wort in dieser Aus-
legung begeistern könnte. Auf diesem Wege, meine Herren, kann nach
meiner Ansicht die Frage, die uns vorliegt, nicht gelöst werden. Die Lösung
wird wohl, wenn sie überhanpt in nächster Zeit erfolgen soll, nicht leicht
auf einem andern Wege erfolgen können als auf eben dem, der Ihnen in
unserem Antrage vorgelegt ist. Freilich fürchtet man und meint man, es
sei dieser Antrag eine Verletzung der bestehenden Verträge. Anch wir, meine
Herren, haben uns diese Frage vorgelegt unb haben uns gefragt, ob denn
nicht rielleicht durch diesen Antrag eine Kompetenzerweiterung des Reichs-
tages eintrete; und wenn wir uns hätten sagen müssen, es könne der An-
trag ohne Kompetenzerweiterung nicht gestellt werden, so würden wir uns
kaum entschlossen haben — ich mich jedenfalls nicht entschlossen haben —, meinen
Namen zur Einbriugung dieses Antrages herzugeben. Aber, meine Herren,
nachdem in die Verträge selbst das Recht aufgenommen ist über Vereins-
wesen Gesetze zu geben, ist das Bedenken von einer Erweiterung der Kom-
petenz entschrunden. Auch wir, meine Herren, in Baiern sind in dieser Be-
ziehung in einer ähnlichen Lage, wir haben ein Vereinsgesctz, und dieses
Vereinsgesetz beschäftigt sich ebenfalls mit kirchlichen Dingen. Allerdings ist
das gesammte Kirchenwesen mit dem Namen „Verein“" keineswegs erschöpft,
aber wir sind auch nicht der Absicht, das gesammte Kirchenwesen etwa auf
dem Wege staatlicher Gesetzgebung regeln lassen zu wollen, wir sind blos
der Absicht, soweit es überhaupt im Gebiete dieser Gewalt liegt, Gesetze zu
geben. Auf solchem Wege, meine Herren, glauben wir eine Kompetenz-
erweiterung in keiner Weise anzubahnen, und deshalb konnte auch ich
meinen Namen für diesen Antrag unterzeichnen. Aber, meine Herren, ich
begreife, daß je nachdem der Standpunkt ist, den einer der Herren einnimt,
er dann diesen Antrag bedenklicher findet. Ich selbst, ich kaun es nicht ver-
hehlen, meine Herren, habe eine Zeit lang geschwankt, ob ich als Baier,
abgesehen von einer Kompetenzerweiterung, dennoch zu dem Antrage vollends
zustimmen könnte. Wir, meinc Herren, haben bereits ein Preßgesetz, haben ein
Vereinsgesetz, welche, wenn sie auch Einzelnes zu tadeln übrig lassen, dennoch
im Ganzen genommen sich bewährt haben. Aber abgesehen hiervon stehen
wir in Baiern nicht mehr auf dem nämlichen Standpunkte, wie manche
unserer Deutschen Genossen; bei uns in Baiern ist das staatskirchenrechtliche
Gebiet bereits vertragsmäßig geregelt, und ich, meine Herren, hätte nicht
zustimmen können, daß diese vertragsmäßige Regelung durch unseren Autrag
beseitigt würde. (Hört! Hört!) Aber, meine Herren, weil der Antrag ein
so allgemeiner ist, daß dieses Gebiet in Baiern dadurch nicht beirrt wird,
daß das vertragsmäßige Gebiet aufrecht erhalten bleibt trotz dieses Antrages,
eben deswegen habe ich zugestimmt. Uebrigens, meine Herren, mich be-
stimmen noch andere Dinge, noch andere Gründe, Ihnen recht dringend
unseren Antrag zu empfehlen. Ein Grund, meine Herren, ist der Eindruck,