932 I. Session des deutschen Reichstages. 1871.
wenn es darauf ankommt, die Schulfrage auch hier zu erörtern und trage
kein Bedenken, zu erklären: die Schulfrage ist nur zu lösen auf dem Beden
der Freiheit — wie denn alle Gegensätze nur gelöst werden können auf dem
Boden der Freiheit. — Geben Sie ums die volle Unterrichtsfreiheit, und wir
werden über die Schulfrage einig sein! (Unruhe links.) — Ich weiß sehr wohl,
daß, so oft ich von der Unterichtefreiheit spreche, sich Widerspruch erhebt.
Sie (nach links) wollen Freiheit und Macht für sich, und für die Anderen
die Knechtschaft! —
Präsident: Wenn damit der Herr Redner sich an Mitglieder des
Hauses adressirt, so ist er sicherlich über die Grenze der parlamentarischen
Ordnung gegangen!
Windthorst (fortf.): Ich gebe aber zu bedenken, daß diese Angelegen-
heiten, auf welche sich die vermißten Gumdrechte bezogen, jetzt noch nicht zur
Kompetenz des Reichstages gehören, deshalb konnten auch die darauf bezüg-
lichen Gumdrechte nicht aufgenommen werden. Wollen Sie die Ansdehnung
der Bundeskompetenz auch auf diese Angelegenheiten, wollen Sie die Ge-
nehmigiung des Bundesrathes in so weit herbeiführen, daß in der Bundes-
verfassung die Grundsätze festgestellt werden, wonach diese Angelegenheiten
zu regeln, dann werden Sie von mir gegen die Aufnahme weiterer Grund=
rechte keinen Widerspruch finden. Ich habe zu einer anderen Zeit jeder Kom-
pectenzerweiterung mich widersetzt, weil ich der Ansicht war, daß man fest
den Boden aufrecht erhalten müsse, auf dem die Dinge in Deutschland
damals standen, weil, wenn wir den süddentschen Staaten mit einem rasirten
Norddeutschland kämen, sie in Beziehung auf den Beitritt viel bedenklicher
sein mußten, als sie es jetzt gewesen sind. Jetzt sind die süddeutschen
Staaten da. Ich will ihnen die Verträge vollständig halten, aber dadmch
ist gar nicht ausgeschlossen, daß wir mit Zustimmung des Bundesrathes für
die Gesetzgebung des Reichs wie für die Gesetzgebung der einzelnen Landtage
feste, allgemeine Prinzipien hinstellen, die ein für alle Mal zur Norm
dienen und damit zur Beruhigung Aller. — Es ist sodann von dem Herrn
Abgeordneten Löwe gesagt worden, wir hätten in Preußen ein Regiment
unterstützt, welches die Verhältnisse für die evangelische Kirche nicht habe so
ordnen wollen, wie er geglaubt habe, daß sie geordnet werden müßten. Meine
Herren, wird, d. h. meine politischen Freunde und ich, die im Abgeordneten-
hause sind, haben überhaupt nicht irgend welches Regiment gestützt; wir
haben immer einfach gefragt: was ist in dem einzelnen Falle recht und
zweckmäßig? — und danach haben wir gestimmt. Ich glaube auch, daß
der Minister, der an der Spitze des betreffenden Ressorts steht, nicht das
bestätigen wird, was der Herr Abgeordnete Löwe gesagt hat, nämlich daß
wir ihn unterstützt hätten. Denn wir haben ihn nicht unterstützt in der
hannoverschen Schulfrage und auch in der hessischen Frage nicht — und zu