110 I1I. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts.
als das Gedächtnis der Menschen, die Rechtsweisungen aufgeschrieben. Die Aufzeichnungen
hießen wir ihr Gegenstand Weistümer, Taidinge, Bantaidinge, Ehehafttaidinge oder
Offnungen.
Wackernagel, Das Bischofs= und Dienstmannenrecht von Basel, 1852. Die übrigen
angeführten Dienstrechte bei v. Fürth, Ministerialen, 1836. Frensdorff, Das Recht der
Dienstmannen des Erzbischofs von Köln, 1883. Kraut-Frensdorff, Grundriß, 6. Aufl.
1886, S. 37 f.
Weistümel.l hrsg. v. J. Grimm, nach dessen Tode fortgesetzt von Schröder, 6 Bde.
1840— 69 und ein Registerband von Schröder, 1878. Luxemburger Weistümer als Nachlese zu
J. Grimms Weistümern, gesammelt von Hardt, 1870. Aargauer Weistümer, hrsg. v. Roch-
holz, 1876. IHabets, Limburgsche Wiisdommen, Dorpscostumen en Gewoonten, 1891.
Die Weistümer der Rheinprovinz 1 I, hrsg. von Loersch, 1900. Eine Gesamtausgabe der
österreichischen Weistümer veranstaltet die Wiener Akademie der Wissenschaften. Bisher sind er-
schienen die salzburgischen Taidinge von Siegel und Tomaschek, 1870, die Tirolischen Weistümer
von Zingerle, Inama-Sternegg und Egger, 4 Bde. 1875—1891, die steirischen und kärntischen
Taidinge von Bischoff und Schönbach, 1881, die niederösterr. Weistümer von G. Winter, 3 Teile
1886—1909.
§ 31. Stadtrechtsquellen. Das geschriebene Stadtrecht weist als älteste Quelle Privi-
legien (Handfesten) auf, die der König oder der Stadtherr erteilte. Seit dem 13. Jahrhundert
erlangten die Städte durch tatsächliche Ausübung oder ausdrückliche Verleihung das Recht der
Selbstsatzung, das sogenannte Kürrecht. Von da ab traten die städtischen Willküren (Schraên)
— Ratsverordnungen oder Schöffensatzungen — in den Kreis der Stadtrechtsquellen ein.
Unmittelbaren Anlaß zur Aufzeichnung städtischen Gewohnheitsrechtes gab nicht selten das
Ansuchen um Bewidmung. So schöpfen wir die Kenntnis des Magdeburger Rechtes zum
großen Teile aus den Rechtsmitteilungen, die von Magdeburg zu Anfang des 13. Jahrhunderts
an den Herzog Heinrich I. von Schlesien (sogenanntes Magdeburg-Goldberger Recht), von der
mit Magdeburger Recht bewidmeten Stadt Halle 1235 nach Neumarkt, von Magdeburg selbst
1261 und 1295 nach Breslau, 1304 nach Görlitz, 1338 nach Kulm, 1363 nach Schweidnitz, 1364
nach Halle ergingen. So liegt uns das Recht Lübecks in Rechtsmitteilungen für Tondern (1243),
für Reval (1257 und 1282), für Danzig (1263), für Elbing (1270) und für Kolberg (1297) vor.
Dazu kommen Sammlungen von Schöffensprüchen, wie sie insbesondere in den Oberhöfen
aus Anlaß von Anfragen gefällt worden sind. Breiten Raum nehmen unter den Stadtrechts-
quellen die Stadtbücher ein, in Buchform geordnete, rechtlich erhebliche Aufzeichnungen städti-
scher Behörden, deren Zweck ein sehr verschiedener sein konnte. Entweder wollen sie das der
Stadt eigentümliche Recht zusammenstellen (Statutenbücher), oder sie sind der Rechtsprechung
des Gerichts oder des Stadtrats gewidmet (Urteils-, Schöffen-, Gerichts-, Wette-, Achtbücher),
oder sie sind bestimmt, gewisse Rechtsgeschäfte der Bürger amtlich zu beurkunden (Grund-,
Schreins-, Währschafts-, Erbe-, Renten-, Schuld-, Pfand-, Gemächtbücher), oder sie dienen
der Stadtverwaltung im engeren Sinne (Amter-, Bürger-, Rats-, Ratsdenkel-, Kämmerei-
bücher und andere).
Unter den Privatarbeiten über das städtische Recht sind neben schlichten Rechtsaufzeich-
nungen als besonders bedeutsame Rechtsquellen die Stadtrechtsbücher sowie die Privatsamm-
lungen und Bearbeitungen städtischer Schöffensprüche zu nennen. Die literarische Bearbeitung
des Stadtrechts hat ebenso wie die des Land= und Lehnrechts in Sachsen ihren Ausgangspunkt,
und zwar stehen in erster Linie die Bearbeitungen des Magdeburger Rechts, von welchen die
wichtigsten sind: 1. Dassächsische Weichbild. Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahr-
hunderts wurde auf Grund von Magdeburger Weistümern, die 1261 und 1295 nach Breslau
ergangen waren, das sogenannte Magdeburger Schöffenrecht ausgearbeitet. Vor 1269 ver-
faßte ein unbekannter Autor eine belehrende Arbeit über die Gerichtsverfassung, welche nach-
träglich einige Zusätze aufnahm. Beide Arbeiten wurden ohne innerliche Ausgleichung des
Stoffes miteinander verbunden. Das Ergebnis dieser Verbindung ist das vielgebrauchte sächfi-
sche Weichbild, das ins Lateinische, Polnische und Tschechische übersetzt und mit Bezugnahme
auf das römische und kanonische Recht glossiert wurde. 2. Das Meißner Rechts-
buch oder das Rechtsbuch nach Distinktionern sschlesisches Landrecht, vermehrter
Sachsenspiegel), so genannt nach der Einteilung in Distinktionen. Der Verfasser will Weich-
bild sächsischer Art überhaupt darstellen und bestrebt sich, die Unterschiede zwischen Landrecht,