Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

1. H. Brunner, Quellen und Geschichte des deutschen Rechts. 141 
Schuldners bestand. Damit hing es zusammen, daß, wenn das Pfand ohne Verschulden des 
Gläubigers zugrunde ging, der Verpfänder keinen Anspruch auf den Mehrwert des Pfandes 
erheben, der Gläubiger seine Forderung nicht mehr geltend machen konnte. Erst seit es üblich 
wurde, mit dem Akte der Verpfändung ein Treugelöbnis oder einen Wettvertrag zu verbinden, 
haftete der Schuldner bei etwaigem Minderwert des Pfandes, und trug er ausschließlich den 
durch zufälligen Untergang des Pfandes erwachsenden Schaden. 
Das Pfandrecht gestaltete sich verschieden an Liegenschaften und an Fahrnis. 
Die fränkische Zeit kannte zwei Formen eines volksrechtlichen Pfandes an Liegenschaften, 
nämlich ein Eigentumspfand und ein Nutzungspfand. Jenes verwendete zur Sicherstellung 
die Form der Übereignung. Die Verpfändung geschah durch bedingte Vestitur. Die Bedingung 
war entweder eine Resolutivbedingung oder eine Suspensivbedingung. Bei resolutiv bedingter 
Vestitur wurde verabredet, daß das dem Pfandgläubiger übertragene Eigentum erloschen sein 
solle, sobald die Schuld bezahlt sei. Das Geschäft hatte Ahnlichkeit mit einem Kauf auf Wieder- 
kauf, ist nachmals vielfach als solcher aufgefaßt worden und schließlich darin aufgegangen. Seltener 
war die suspensiv bedingte Vestitur, bei der bestimmt wurde, daß das Pfand dem Gläubiger 
zu Eigentum übertragen sein sollc, wenn nicht binnen bestimmter Fallfrist die Schuld bezahlt 
sei. Der Schuldner konnte dabei im Besitz des Grundstücks bleiben, sofern die Verpfändung 
durch unkörperliche Vestitur erfolgte. Das langobardische Rechtsleben benutzte zu diesem Zwecke 
die Übergabe einer Veräußerungsurkunde an den Pfandgläubiger, der seinerseits dem Schuldner 
einen Pfandrevers ausstellte, worin er sich verpflichtete, jene Veräußerungsurkunde gegen 
gehörige Befriedigung zurückzugeben. Auf suspensiv bedingte Vestitur geht die in einzelnen 
bayrischen Stadtrechten bezeugte Verpfändung durch Ubergabe des Hausbriefs (der Erwerbs- 
urkunde) an den Pfandgläubiger zurück. 
Das Nutzungspfand, die von den Germanisten so genannte ältere Satzung, setzte den 
Gläubiger in Besitz und Nutzung des Grundstücks auf so lange, bis die Schuld getilgt wurde. 
Das Eigentum blieb bei dem Schuldner. Die Satzung war in der Regel Zinssatzung. Der 
Gläubiger bezog nämlich die Früchte des Grundstücks, bis das Pfandstück durch Zahlung der 
Schuldsumme eingelöst wurde, eine Pfandrechtsform, die sich in den sogenannten Reichs- 
pfandschaften über die Zeit der Rezeption des römischen Rechtes hinaus erhalten hat. Es 
konnte aber auch bedungen werden, daß der Gläubiger die Früchte vom Schuldkapital abzuziehen 
habe und somit das Pfandstück im Laufe der Zeit durch sein Erträgnis sich selbst auslösen solle. 
Das hieß Totsatzung, Setzen auf Totschlag. 
In der Zeit der Rechtsbücher trat, zumal in den Städten, eine neue Form der Verpfändung 
auf, die sogenannte jüngere Satzung, eine Verpfändung zu Exekutionsrecht, die sich als eine 
Nachbildung des Exekutionsverfahrens in Liegenschaften, also in letzter Linie, da diese auf die 
Fronung friedlosen Gutes zurückführt, als ein historischer Ausläufer der vermögensrechtlichen 
Friedlosigkeit darstellt. Der Gläubiger erwarb weder den Besitz noch die Nutzung des Grund- 
stücks, erlangte aber durch den öffentlichen Akt der Satzung für den Verzugsfall die Rechte eines 
Gläubigers, der gegen den Schuldner ein Urteil auf Zahlung und die Fronung des Grundstücks 
erwirkt hatte 1. Er brauchte daher, um zur Befriedigung aus dem Pfande zu gelangen, nur 
noch das zweite Stadium der gerichtlichen Zwangsvollstreckung zu erledigen, das in der Über- 
eignung oder — nach jüngerem Rechte — in der Versilberung des Grundstücks bestand. Wie 
die Auflassung, so pflegte in den Städten auch der Akt der Satzung in öffentlichen Büchern zur 
Beurkundung eingetragen und schließlich durch die Eintragung vollzogen zu werden. Auf der 
jüngeren Satzung hat sich unser modernes Grundpfandrecht aufgebaut, das mit ihr das Er- 
fordernis der Publizität und der gerichtlichen Realisierung gemein hat. 
An Fahrnis war nur ein Faustpfand möglich. Dem Verpfänder mußte die tatsächliche 
Verfügung über das Pfandstück entzogen sein. Löste er es nicht rechtzeitig ein, so verfiel es dem 
Gläubiger. Seit der Pfandschuldner auch eine persönliche Haftung zu übernehmen pflegte, 
wurde das Verfallspfand zum Verkaufspfand. Der Gläubiger wurde aus dem Erlöse befriedigt- 
der Mehrwert dem Pfandschuldner herausgegeben. 
1 Siehe oben + 43.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.