Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

214 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts. 
Holzschlag, Raff= und Leseholz usw.), bald bloße Bezugsrechte auf gewisse Fruchterträge (z. B. 
Holzgaben) oder Ersatz in Gelde („Allmendtaler"“). Ihrer rechtlichen Natur nach sind die Ge- 
meindenutzungsrechte noch heute im Zweifel mitgliedschaftliche Sonderrechte, somit privat- 
rechtliche Ausflüsse der öffentlichrechtlichen Gemeindemitgliedschaft. Vielfach aber sind sie als 
„bürgerliche Nutzungen“ grundsätzlich in reine Mitgliedschaftsrechte verwandelt, jedoch auch 
da, wo eine Zeitlang daraus Gleichberechtigung aller Ortsbürger und unbedingte Unterwerfung 
unter die Gemeindegewalt gefolgert wurde, durch die neuere Gemeindegesetzgebung wieder 
Sonderrechten angenähert (insbesondere durch Abhängigmachung des Erwerbes von einem 
Einkaufsgelde, Aufrechthaltung der als Realrechte hergebrachten besonderen Nutzungerechte, 
Schonung herkömmlicher Klassenvorrechte, Schutz gegen willkürliche Schmälerung oder Ent- 
ziehung durch Gemeindebeschluß). Endlich sind umgekehrt auch Gemeindenutzungsrechte in 
freie Privatrechte (gewöhnliche dingliche Rechte am Gemeinlande, die nur zufällig gewissen 
Gemeindegliedern zustehen oder mit bestimmten Höfen verbunden sind) übergegangen. 
III. Agrargenossenschaften. Die aus der alten Markgemeinde stammenden 
besonderen Genossenschaften zum Zwecke der gemeinschaftlichen Benutzung von ländlichem 
Grundvermögen sind zum Teil schon vor der Auflösung der alten Agrarverfassung von der 
Ortsgemeinde abgezweigt (z. B. Wald-, Weide- oder Feldgenossenschaften, die „Haubergsgenossen- 
schaften“ und „Sohlstättengenossenschaften“ in Rheinland und Westfalen, die „Alpengenossen- 
schaften“ im Hochgebirge, die „Gehöferschaften“ im Trierschen, die ehemaligen „Weinbergs- 
genossenschaften"), teils bei der Auflösung der Markgemeinde aus der Absonderung der Nutzungs- 
berechtigten herworgegangen („Real, „Nutzungs-, „Alt-, „Privat= oder „Allmendgemeinden“). 
Ihre Rechtsverhältnisse bleiben vom BB. unberührt (EG. a. 164). Sie sind im Zweifel 
Körperschaften, bisweilen aber auch nur Gemeinschaften zu gesamter Hand. Sie sind ferner 
selbständige Verbände mit eigener Verfassung, so daß der vielfach fortbestehende Zusammen- 
hang mit der Ortsgemeinde als etwas juristisch Zufälliges erscheint. Sie sind weiter im 
Zweifel privatrechtliche Gebilde, wenn auch unter besonderer Staatsaufsicht. Sie sind immer 
Körperschaften genossenschaftlicher Struktur, die ein genossenschaftliches Gesamteigentum oder 
doch Gesamtnutzungsrecht an Grund und Boden haben, aus dem für die Mitglieder unantast- 
bare Sonderrechte auf Nutzungen fließen. Sie sind endlich wirtschaftliche Genossenschaften, 
bei denen das Nutzungsrecht den Kern der Mitgliedschaft bildet. Viele von ihnen sind Real- 
genossenschaften, so daß die Mitgliedschaft mit bestimmten Grundstücken verbunden ist. Andere 
sind Vermögensgenossenschaften („Nutzungs-“ oder „Rechtsamegemeinden"), indem ihr Grund- 
vermögen in übertragbare Anteile zerlegt ist, an denen die Mitgliedschaft hängt. 
Literatur: v. Löw, Über die Markgenossenschaften, 1829. F. Thudichum, Die Gau- 
und Markenverfassung in Deutschland, 1856. G. L. v. Maurer, Einleitung zur Geschichte der 
Mark-, Hof-, Dorf= und Stadtverfassung, 1854; Geschichte der Markenverfassung, 1856; Geschichte 
der Fronhöfe usw., 4 Bde., 1862; Geschichte der Dorfverfassung, 2 Bde., 1866; Geschichte der 
Städteverfassung, 4 Bde., 1968/71. v. Wyß, Zeitschr. f. schweiz. R. 1 20 ff. A. Heusler, 
ebenda X 44 ff. v. Miaskowski, Die schweizerische Allmend usw., 1879. E. de Lave- 
leye, Das Ureigentum, übersetzt und vervollständigt von Bücher, 1879. Haff, Geschichte 
einer ostalemannischen Gemeinlandsverfassung, 1903; Die dänische Allmende u. Markgenossen- 
schaft 19000. Rennefahrt, Die Allmende im Berner Jura (Unters. H. 74), 1905. Schotte, 
Studien zur Geschichte der westfälischen Mark u. Markgenossenschaft, 19008. Barrentrapyp, 
Rechtsgeschichte u. Recht der gemeinen Marken in Hessen, T. I, 1909. Hübner 5 17—18. 
v. Schwerin?0 ff. — Renaud, Z. f. D. R. IX 1 ff. Römer, ebenda XIII 94 ff. Weiske, 
Prakt. Unters. III 174 ff. — A. Glatzel, Die Preußische Agrargesetzgebung, 1895. — Gier l e, 
D. P. R. 1 371—74. Hanssen, Die Gehöferschaften (Erbgenossenschaften) im Reg.-Bez. Trier, 
1863. Lappe, Die Gesecker Huden, 1907; Die Bauerschaften der Stadt Gesecke (Unters. H. 97), 
1908; Die Sondergemeinden der Stadt Lünen, 1909; Die Bauerschaften u. Huden der Stadt 
Salzlotten (Beyerle, Beiträge VII 5), 1912. Haff, Die Weide-, Forst= und Alpengenossenschaften 
im rechtsrhein. Bayern u. das bürgerl. R. (Festgabe für v. Burkhard), 1910. Delius, Hauberge 
u. Houvergzsgenossenschaften des Siegerlandes (Unters. H. 101), 1910. Weimann, Die Mark- 
u. Waldberbgenossenschaften des Niederrheins (Unters. H. 106), 1911. 
§ 32. Die privatrechtlichen Genossenschaften. Dem Privatrecht gehören neben manchen 
gewordenen Genossenschaften, von denen soeben die Agrargenossenschaften und früher (5 23) 
die Familien des hohen Adels erwähnt sind, vor allem die gewillkürten Genossenschaften an, 
die durch freien Vereinigungsakt geschaffen sind. Das BG#. nennt sie technisch „Vereine“. 
 
	        
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