Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechts. 223 
des Gutsinventars als Zubehör des Landguts und des Gewerbeinventars als Zubehör des 
für den Gewerbebetrieb dauernd eingerichteten Gebäudes erhalten. Bei sonstigem Gebäude- 
inventar stellte das deutsche Recht eine Vermutung für Zubehöreigenschaft von allem auf, was 
perd-, mauer-, niet- und nagelfest“ ist. Der Begriff wurde im deutschen Recht auch auf un- 
körperliche Sachen ausgedehnt. 
III. Gesamtsache. Mehrere Sachen können zu einem Sachinbegriff verbunden 
sein, für den die Gesamtheit der verbundenen Sachen bestimmend ist. Die für das ältere 
deutsche Recht sehr bedeutungsvolle Rechtsobjektivität einer solchen Gesamtsache ist auch aus 
dem geltenden Recht, obschon das BGB. von ihr schweigt, nicht verschwunden. Es gibt zwei 
Arten von Gesamtsachen (in der älteren Theorie wenig glücklich als universitas facti und uni- 
Verzitas juris unterschieden). 
1. Körperliche Gesamtsache ist ein als Sacheinheit behandelter Inbegriff von 
körperlichen Sachen, wie ehemals das Heergewäte (die zur kriegsmäßigen Ausrüstung ge- 
hörigen Sachen) und die Gerade (weibliche Kleidung, Schmuck und Hausrat), heute das Waren- 
lager, die Bibliothek, das Inventar, die Herde usw. Soweit besondere Rechtsverhältnisse am 
Sachganzen anerkannt sind, werden die ordnungsmäßig ausscheidenden oder einverleibten 
Stücke ohne weiteres gelöst oder ergriffen. Doch gehen die besonderen Rechtsverhältnisse an 
den Einzelsachen vor. 
2. Unkörperliche Gesamtsache ist ein als objektive Einheit behandelter Ver- 
mögensinbegriff. In gewissem Umfange wurde im deutschen Recht das Gesamtvermögen einer 
Person als Sacheinheit anerkannt (so bei der Vergabung und der Vererbung). Vor allem 
aber bildete das deutsche Recht eine Fülle von Sondervermögen aus, die den Gegenstand ein- 
heitlicher Rechte bilden. Der Begriff des Sondervermögens ist auch für das heutige Recht 
von hoher Bedeutung. Beispiele sind das Lehnsvermögen, das Stammgutsvermögen, die 
ehelichen Gütermassen, das Handelsvermögen, das Schiffsvermögen; ferner alles Gesellschafts- 
vermögen; schließlich überhaupt das Grundvermögen, in stärkster Ausprägung die durch neuere 
Gesetze geschaffene „Bahneinheit". 
Literatur: H. Göppert, Über einheitliche, zusammengesetzte und Gesamtsachen, 1871. 
Kuntze, Die Kojengenossenschaft und das Geschoßeigentum, 1888. M. Wolff, Der Bau auf 
fremdem Boden, insbesondere der Grenzüberbau, 1900. H. Meyer, Die rechtliche Natur der 
nur scheinbaren Bestandteile eines Grundstücks (in Festgabe f. Dahn), 1905. Kohler, Zur Lehre 
von den Pertinenzen, Jahrb. f. Dogm. XXVI 42 ff. P. Wäbner, Die Pertinenz im modernen 
Recht, 1899. Birkmeyer, ber das Vermögen im juristischen Sinn, 1879. Gierke, D. P. R. 
II K 103—105. Hübner #27. v. Schwerin S. 28fff. 
§s 41. Die Berknüpfung von Rechten mit Sachen. Das deutsche Recht verknüpfte in 
mancherlei Weise dergestalt Rechte mit Sachen, daß die Sachen als Rechtsträgerinnen er- 
scheinen und das Subjekt des Rechts bestimmen. Damit gewinnt das die Schicksale der Sache 
bestimmende Sachenrecht Macht über das wie immer geartete Recht. Vor allem gehören 
hierher das liegenschaftsrechtliche Gebilde der Realrechte und das fahrnisrechtliche Institut der 
Wertpapiere. 
I. Realrechte (, subjektiv dingliche“) Rechte sind Rechte, die mit einem Grundstück 
dergestalt verknüpft sind, daß ihr Subjiekt der jeweilige Eigentümer des Grundstücks ist. Solche 
Rechte werden von allen sachenrechtlichen Schicksalen des Grundstücks mitergriffen (nach bis- 
heriger Auffassung als Zubehörungen, nach BGB. F 96 als Bestandteile). Doch bedarf es zur 
Auslibung mitunter noch einer persönlichen Eigenschaft des Berechtigten, bei deren Mangel 
dann das Recht ruht. Im älteren deutschen Recht wurden namentlich öffentliche Rechte aller 
Art und mancherlei Persönlichkeitsrechte (auch Standesrechte), aber auch dingliche und per- 
sönliche Vermögensrechte mit dem Grundbesitz verknüpft. Heute kommen nach dem BG#. 
Dienstbarkeiten, Reallastberechtigungen und dingliche Vorkaufsrechte, nach Landesrecht Ge- 
werberechte, Bannrechte, Aneignungsrechte, Gemeindenutzungsrechte, kirchliche Patronats- 
rechte und Kirchstuhlrechte, in Mecklenburg auch noch Landstandschaft und Gutsobrigkeit als 
Realrechte vor.
	        
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