Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechts. 249 
Literatur: Wittich, Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland, 1896. v. Schwind, 
Zur Entstehungsgeschichte er freien Erbleihe (Unters. H. 25), 1890. Rietschel, 3. .Rechts- 
eschichte XX 181 ff. v. Brünneck, Zur Geschichte des Grundeigentums in Ost= und 
estpreußen, 1892 ff. Brunner, Der Leihezwang, 1897. Knapp, Die Bauernbefreiung 
usw., 2 Tle., 1887. Wopfner, Beiträge zur Geschichte der freien bäuerlichen Erbleihe Deutsch- 
tirols im Mittelalter (Unters. H. 67), 1903; Freie und unfreie Leihen im späten Mittelalter, Viertel- 
jahrsschr. f. Sozial= u. Wirtschaftsgesch. III 1 ff., IV 190 ff. Seeliger, Die soziale u. politische 
Bedeutung der Grundherrschaft im frühen Mittelalter, Untersuchungen über Immunität, Hofrecht 
und Landleihe, 1903. Opitz, Die Arten des Rustikalbesitzes u. die Laudemien u. Mantelgroschen 
in Schlesien (Unters. H. 73), 1904. Hübner # 45. v. Schwerin S. 50 ff. 
8 69. Die Leihe nach Stadtrecht. In den mittelalterlichen Städten bildete sich eine 
freie Erbleihe nach Weichbildrecht besonders als Häuserleihe aus; namentlich bei der Neu- 
gründung von Städten wurden die Hofstätten vom Stadtherrn zu Erbleihe an Ansiedler ver- 
geben; dabei stand das errichtete Gebäude regelmäßig im Eigentum des Besitzers. Schon im 
Mittelalter verschwand meist das Obereigentum des Leiheherrn und ging in bloßes Zinsrecht 
über, das sich dann im Rentenkauf (unten §& 78) fortsetzte. An Stelle der Häuserleihe aber 
kam die Miete von Häusern und Wohnungen auf, die in der Regel mit Gewere verbunden 
war und daher ein dingliches Recht gab. Der hieraus folgende Satz „Kauf bricht nicht Miete“ 
(„hur gat vor kop“) erhielt sich zum Teil auch da, wo die Auffassung der Miete als eines 
bloß persönlichen Rechts durchdrang, und ist hier wie bei der Grundstückspacht durch das BG. 
zu gemeinem Recht erhoben. — Sovweit sich Reste der Häuserleihe erhielten, verschmolzen sie 
nach der Rezeption mit der römischen superkices; das „Erbbaurecht“ des BG#B. knüpft an diese 
Entwicklung an. 
Literatur: Die zu # 46 angef- Schriften. Gobbers, Die Erbleihe und ihr Berhältnis 
zum Rentenkauf, Z. f. R.G. XVII 130 ff. Rietschel, ebenda XXXV 181 ff. Winiarz, 
Erbleihe u. Rentenkauf in Osterreich ob u. unter der Enns im Mittelalter (Unters. H. 80), 1906. 
Gierke, D. P.R. II J 141. O. Schreiber, Die Geschichte der Erbleihe in der Stadt Straß- 
burg i. E. (Beyerle, Beiträge III, 3), 1909. 
Abschnitt V. Die gebundenen Güter. 
§# 70. Die Stammgüter. Nach älterem deutschen Recht war das Grundeigentum 
familienrechtlich gebunden. Es unterlag besonderer Erbfolge (unten § 119). Dem Erben 
stand aber auch schon vor dem Erbfalle ein festes Wartrecht zu. Er hatte daher das „Bei- 
spruchsrecht“ bei der Veräußerung; eine Veräußerung ohne seine Zustimmung (ohne „Erben- 
laub") war nichtig, bewirkte aber zugleich erfrühten Erbanfall, so daß der Erbe das Grundstück 
mit dinglicher Klage (actio revocatoria) an sich ziehen konnte (als of he dot si, jene de’t dar 
gaf, Sachsensp. I a. 52 § 1). Für persönliche Schulden des Erblassers haftete das liegende Gut 
nicht; eine dingliche Verschuldung bedurfte der Zustimmung des Erben. Eine Ausnahme galt 
im Falle „echter Not“; um sich aus ihr zu befreien, konnte der Eigentümer verkaufen, wenn 
er zuerst den Erben gehörig, aber vergeblich den Kauf angeboten hatte. 
Frühzeitig wurde die Gebundenheit besonders in den Städten auf „Erbgüter“ ein- 
geschränkt und auch auf dem Lande bei ihnen strenger durchgeführt, während „Kaufgüter“ 
frei oder doch freier verfügbar wurden. Schon im Mittelalter und später allgemein schwächte 
sich die Veräußerungsbeschränkung zu einem bloßen Näherrechte (Erblosung) ab. 
Allein, bei gewissen Gütern erhielt sich kraft Gesetzes= oder Gewohnheitsrechts das Erben- 
wartrecht, so daß die Veräußerung (bisweilen nur die Zuwendung von Todes wegen) an die 
Zustimmung der Erben gebunden blieb. Dies sind die seit längerer Zeit in bestimmten (be- 
sonders adligen) Familien vererbten Stammgüter (bona stemmatica oder aviatica). 
Bei den Stammgütern i. e. S. erhielt sich überdies eine besondere Erbfolge (meist im Manns- 
stamm und mit Altersvorzug). Doch sind die meisten Stammgüter im hohen Adel in Haus- 
güter, im niederen Adel in Familienfideikomimsse übergegangen. Die Trümmer werden vom 
BeB. verschont (EG. a. 59). 
Literatur: Zimmerle, Das deutsche Stammgütersystem, 1857. Fipper, Das Bei- 
spruchsrecht nach alssächs. R. (Unters. H. 3), 1879. S. Adler, üÜber das Erbenwartrecht nach 
den ältesten bayr. Rechtsquellen (Unters. H. 37), 1891. Brunner, Beiträge zur Geschichte 
des german. Wartrechts (in Festgabe f. Dernburg), 1900. v. Freytagh-Loringhofen, 
Z. f. K. G. XILI 69 ff. Hübner ## 42—43. v. Schwerin S. 48 ff.
	        
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