2. O. v. Gierke, Grundzüge des deutschen Privatrechts. 261
System der festen Stellen vorgewagt, nach dem jedes Grundpfandrecht ein für allemal an einem
bestimmten Wertabschnitt haftet. Vielmehr rücken, wenn ein Grundpfandrecht durch Löschung
untergeht, die nachstehenden Rechte vor. Gerade deshalb aber ist jede Löschung ohne Zustim-
mung des Eigentümers unwirksam.
VII. Hypotheken und Grundschulden empfangen eine gewisse Beweglichkeit durch
die Ausstellung des Hypotheken- oder Grundschuldbriefes, der die Natur eines Wertpapiers,
und zwar eines Rektapapiers hat und insbesondere ein selbständiges ÜUbertragungsmittel für
die „Briefhypothek“ oder „Briefgrundschuld“ bildet. Durch Ausschließung der Brieferteilung
kann aber eine „Buchhypothek“ oder „Buchgrundschuld“ begründet werden, die nur durch Um-
schreibung im Grundbuche übertragbar ist; die Sicherungshypothek ist notwendig Buchhypothek.
Andererseits ist eine Steigerung der Beweglichkeit bei der Grundschuld durch Ausstellung von
Grundschuldbriefen auf den Inhaber möglich. Auch kann eine Sicherungshypothek für Forde-
rungen aus Order- oder Inhaberpapieren, die dann den grundpfandrechtlichen Inhalt in sich
aufnehmen, bestellt werden.
VIII. Dem römischen Recht entstammt die kapitalistische Prägung des modernen
Grundpfandrechts. Einerseits begründet es eine H aftung des Grundkapitals; eine Beschränkung
der Haftung auf die Grundeinkünfte (Revenuenhypothek) ist nur bei gebundenen Gütern nach
Landesrecht zulässig. Andererseits ist die dingliche Schuld bei der Hypothek und der gewöhn-
lichen Grundschuld Kapitalschuld. Doch kann die verzinsliche Kapitalschuld durch Ausschluß
oder Beschränkung des Kündigungsrechts des Gläubigers einer Rentenschuld genähert werden,
wie dies namentlich bei der Beleihung von Grundstücken durch Pfandbriefverbände geschieht.
Darüber hinaus hat das BGB. in Anlehnung an den deutschen Rentenkauf als Abart der
Grundschuld die „Rentenschuld“ geschaffen, bei der die dingliche Schuld grundsätzlich nur auf
eine mit einer festen Ablösungssumme ablösliche Rente geht (vgl. oben § 78 a. E.).
Literatur: Gierke, D. P.R. II # 157—168 u. dortige Nachweise.
Kapitel IV. Das Fahrnisrecht.
§ 83. Das Eigentum an fahrender Habe. Der Begriff des Eigentums im Sinne des
vollen Sachherrschaftsrechts ist an Fahrnis entstanden und an ihr sowohl hinsichtlich der Ein-
wirkung auf den Sachkörper wie hinsichtlich der Verfügung über das Recht stets vollkommener
wie an Liegenschaften durchgeführt. Dafür haftete dem Fahrniseigentum hinsichtlich des
Schutzes gegen Dritte eine Schwäche an, die das Liegenschaftseigentum nicht kannte
(unten § 85).
As ursprüngliche Erwerbsart erscheint von jeher die Aneignung durch einseitige
Besitzergreifung mit Eigentumserwerbswillen. Die Aneignung ist die einzige Art des Eigen-
tumserwerbs an herrenlosen Sachen; sie kann aber auf Grund eines Aneignungzsrechts auch
das Eigentum an einer fremden Sache verschaffen (z. B. kraft Uberhangsrechts, Kriegsbeute-
rechts usw.). Hinsichtlich herrenloser Sachen gilt als Regel die Aneignungsfreiheit. Das
deutsche Recht hat ihr jedoch die wichtigsten Arten der herrenlosen Sachen durch die Aus-
bildung seiner ausschließlichen Aneignungsrechte (Jagdrecht, Fischereirecht, Bernsteinregal usw.)
entzogen. An den Sachen, die den Gegenstand eines derartigen Aneignungsrechts bilden,
verschafft die Besitzergreifung nur dem Berechtigten Eigentum. Wer sie unbefugt okkupiert,
erwirbt kein Eigentum; nach einer deutschrechtlichen Auffassung fällt die Sache damit in das
Eigentum des Aneignungsberechtigten, nach einer anderen, vom BGB. angenommenen Meinung
bleibt sie herrenlos. Besondere Rechtssätze galten und gelten für ausgeflogene Bienen-
schwärme, die herrenlos werden, wenn der Eigentümer sie nicht bei alsbaldiger Verfolgung
wieder einfängt; denn die Biene ist ein „wilder Wurm“. — Auf deutschrechtlicher (schon in den
Volksrechten erkennbarer) Grundlage ruht das Finderrecht. Wer eine verlorene Sache an
sich nimmt, erwirbt zunächst nur Fundbesitz mit Aufbewahrungs-, Anzeige- und Rückgabepflicht,
kann jedoch nicht nur Ersatz der Auslagen, sondern auch Zahlung eines Fundlohnes be-
anspruchen. Allein der Finder erlangt das Eigentum, wenn der Eigentümer oder sonstige Be-
rechtigte sein Recht durch Nichtanmeldung in bestimmter Frist nach öffentlichem Aufgebot oder