Metadata: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

166 II. Geschichte und System des deutschen und römischen Rechts. 
zurückgekehrt war, löste sich das Reichsregiment auf, nachdem es in entscheidenden Momenten 
in die durch die Reformation entstandenen Streitigkeiten eingegriffen hatte. 
Die sechs Kreise des Augsburger Reichstags von 1500 wurden 1507 mit der Aufgabe 
betraut, Beisitzer für das Reichskammergericht vorzuschlagen. Ein Reichsabschied von 1512 
übertrug den Kreisen die Vollstreckung der kammergerichtlichen Urteile und die Handhabung 
des Friedens. Zu diesem Zwecke wurden die alten Kreise (der fränkische, bayrische, schwäbische, 
oberrheinische, westfälische und niedersächsische) durch vier neue Kreise ergänzt, den österreichischen, 
den burgundischen, den obersächsischen und den kurrheinischen Kreis. Jeder Kreis sollte einen 
Kreishauptmann (später Oberst) und eine Anzahl von Zugeordneten (Kreisräten) wählen. 
Allein diese Wahlen fanden nicht statt, weil nicht bestimmt worden war, wer die Wahltage zu 
berufen habe. Auf dem Wormser Reichstage von 1521 wurde die Kreiseinteilung von 1512 
erneuert und 1522 vom Reichsregiment eine Exekutionsordnung und im Anschluß daran ein 
Ausschreiben erlassen, worin die angesehensten Fürsten jedes Kreises aufgefordert wurden, 
Kreistage zur Wahl des Hauptmannes und der (vier) Zugeordneten auszuschreiben. Da diese 
Funktion ständig wurde, entstand aus ihr das Kreisausschreibeamt. Die damit betrauten Fürsten 
hießen seit 1555 die kreisausschreibenden Fürsten. In einzelnen Kreisen gelang es ihnen, die 
Leitung der Kreistage an sich zu bringen und sich zu „Kreisdirektoren“ aufzuschwingen. Den 
Kreisen wurde in der Folge noch die Aufsicht über Zoll und Münze überwiesen. Auch hatten 
sie die Reichssteuern und die Truppenkontingente auf die einzelnen Kreisstände zu verteilen. 
Zu regem Leben ist die Kreisverfassung nur in jenen Kreisen gelangt, in welchen (wie im 
schwäbischen und fränkischen) kein großes Territorium das entscheidende Ubergewicht besaß. 
Reichte die Macht des Kreises zur Handhabung des Friedens nicht aus, so sollte anfänglich 
das Reichsregiment, seit 1558 ein Ausschuß des Reichstages, die „ordentliche Reichsdewutation“, 
und, wenn er gerade versammelt war, der Reichstag selbst die Sache in die Hand nehmen. Als 
der Reichstag permanent wurde, fiel jene Deputation hinweg. 
§ 69. Der Reichstag. Das imperium stand dem Kaiser nur noch in Gemeinschaft mit 
den Reichsständen zu, die ihre Mitregierung auf den Reichstagen ausübten. 
Der Reichstag zerfiel in drei Kollegien: 1. Das Kurfürstenkollegium, das aus den 
Einigungen der Kurfürsten, den Kurvereinen, hervorgegangen war. Es stand unter dem 
Direktorium von Mainz. Was die Zahl und die Verteilung der Kurwürden betrifft, so sind 
der Goldenen Bulle gegenüber, die als Reichsgrundgesetz dafür maßgebend blieb, folgende 
Veränderungen zu verzeichnen. Die sächsische Kur wurde 1547 von der ernestinischen Linie 
des sächsischen Hauses auf die albertinische übertragen. Die pfälzische Kur und das Erztruchsessen- 
amt gelangten nach der Achtung des Winterkönigs Friedrichs V. 1623 an den Herzog von Bayern. 
Doch wurden 1654 für die Pfalz eine achte Kurwürde und das Erzschatzmeisteramt geschaffen. 
Als 1777 die bayrische Linie des wittelsbachischen Hauses ausstarb, fielen gemäß einer Be- 
stimmung des Westfälischen Friedens, die diesen Fall vorgesehen hatte, die bayrische Kur und 
das Erztruchsessenamt an die Pfalz zurück. Eine damals neunte Kurwürde, die der Kaiser 1692 
dem Hause Braunschweig-Lüneburg (Hannover) verliehen hatte, wurde 1708 vom Reichstage 
anerkannt und mit ihr 1778 das erledigte Erzschatzmeisteramt verbunden. Im Jahre 1708 er- 
folgte auch die Readmission der böhmischen Kurstimme, die seit zwei Jahrhunderten nicht mehr 
ausgeübt worden war. Wesentliche Veränderungen führten der Friede von Luneville und 
der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 kurz vor dem Zusammenbruche des Reiches herbei. 
Die Kuren von Köln und Trier fielen hinweg. Der Kurerzkanzler erhielt als Ersatz für Mainz 
ein neues Fürstentum (Regensburg, Aschaffenburg, Wetzlar). Außerdem wurden vier neue 
weltliche Kurwürden errichtet, nämlich für Salzburg, Baden, Württemberg und Hessen-Kassel. 
1805 erhielt der Kurfürst von Salzburg das Fürstentum Würzburg, auf das die Salzburger 
Kur übertragen wurde. 
2. Der Reichsfürstenrat unter dem wechselnden Direktorium Salzburgs und Osterreichs. 
Er zerfiel in eine geistliche und eine weltliche Bank. Die Fürsten hatten Virilstimmen. Die 
Prälaten, Grafen und freien Herren waren in Kurien, anfangs in drei, schließlich in sechs Kurien 
vereinigt, von denen jede nur eine Stimme abgab. Das Stimmrecht der Fürsten war anfäng- 
lich ein persönliches Recht. Seit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts erlangten die Viril-
	        
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