410 Ernst Rabel.
er war vorhanden, wurde zutreffend benützt und äußerte sich auch sprachlich oft (gerere, con-
trahere, agere und Substantive).
Dasselbe ist z. B. auch von der Rechtsnachfolge zu sagen. Wo die Klassiker von
succedere reden, denken sie an das Eintreten jemandes in die Rechtsstellung einer Person,
wie es auch auf Arrogation und Manusehe zutrifft, regelmäßig sogar nur an den Hauptfall:
die Erbfolge u. Weder hindert dies aber, daß sich daran die Idee des Übergangs von Rechten
und Pflichten, und zwar in genauerer Abgrenzung des Gegenstandes, z. B. des Nachlasses,
anschließt, die erbschaftliche Einheit als Gegenstand von Ersitzung, Vindikation, In iure cessio,
fideikommissarischer Herausgabe gedacht wird, — so daß der Begriff der Universalsukzession
bereits damals feststeht —, noch ist es leugbar, daß als Gegensatz die Nachfolge in einzelne Rechte
auftritt und schließlich ein allgemeinerer Begriff der Sukzession sich da und dort geltend machts.
Ahrliches gilt wohl auch von der Un gültigkeit der Rechtsgeschäfte, wo der Mangel
einer allgemeinen Lehre sich in den Quellen besonders fühlbar macht s.
Ein unnützes Bestreben wäre es, eine allgemeine Rechtslehre der Römer den Bruch-
stücken ihrer Kasuistik nachträglich zu unterlegen. Was das moderne System aus den schon von
Justinian gern verallgemeinerten klassischen Sentenzen herauslas, gehört jetzt nur noch der Rechts-
geschichte des 19. Jahrhunderts an. Trotzdem sind natürlich die heutigen Schriftsteller im
Recht, wenn sie Querschnitte ziehen, und auch im folgenden empfiehlt es sich, einige der
modemen Beobachtungen über römische Lehren in dem Zusammenhang darzustellen, der
sich zwar nicht aus den Quellen, aber aus der Uberschau über die Quellen ergibt (IV).
1. Das Personenrecht.
A. Physische Person“.
§ 7. Rechtsfähigkeit. An der Spitze jeder antiken Rechtsordnung haben wir uns das
Prinzip der Personalität des Rechtes zu denken 5. Das Privatrecht der Stadt Rom, das lus
civile im altesten Sinn des Wortes, ist daher das Recht der römischen Bürger. Cives und eivi-
tas, municipes und municipium bezeichnen auf gleiche Weise die Körperschaft und ihre Glieder,
die rechtssetzende Gemeinschaft und die an dem gesetzten Rechte voll teilnehmenden Bürger.
Diese personale Untergründung des Rechtskreises bewirkt eine scharfe persönliche Bestimmung
der Zugehörigkeit zu ihm, der Rechtsfähigkeit. Grundsätzlich sind wie die öffentlichen so die
privaten Rechte und Pflichten, die das römische Gewohnheitsrecht und die Gesetze, ja selbst
die Vorschriften der Beamten anerkennen, nur für Römer vorhanden. Nun erhielten zwar
seit den Anfängen des Verkehrs und später immer mehr Latiner und Fremde in Rom einen
vielfach analogen Rechtsschutz; auch enthielt der Stock einheimischer Rechtssätze außer den den
Römern eigentümlichen die „allen“ Völkern gemeinsamen, von denen nach philosophischen
Mustern Gai 1, 1 redet und viele neue internationale Gebräuche gesellten sich hinzu;
andererseits war aus dem römischen Gemeindebürgerrecht ein Reichsbürgerrecht hewor-
gegangen, dessen Träger zur römischen Nationalität oft keine innere und wenig äußere Be-
ziehung hatte. Trotzdem bleibt im Kern richtig, daß zur Teilnahme am römischen Recht
1 Longo, Bull. 14, 127. 224; 15, 283; St. Fadda, 1, 123; Bonfante, St. Scialoja
1, 522. 558; Rend. Ist. Lomb. 39, 277.
Fadda a. a. O., bes. 65 ff. (gegen Bonfante). Mitteis, Röm Priv R. 6.
3 Lit. bei Windscheid-Kipp ##82; ferner Mitteis, PR. J14; F. Hellmann,
Terminologische Untersuchungen über die rechtliche Unwirksamkeit i. r. R. (1914) glaubt gegen
Mitteis eine feststehende Verwendung der Ausdrücke für die Unwirksamkeit von rechtlich bedeut-
samen Tatbeständen zu erkennen. Hur „relativen"“ Unwirksamkeit Strohal, Festschrift zur
Jahrhundertfeier des (öst.) allg. BGB. 2, 763. Zur nachträglichen Ungültigkeit bes. Hell-
mann, Arch. ziv. Prax. 90, 363; Ferrini, Arch. giur. 66, 201 u. bei Glück, 37/38,
5 (1905) 137—158.
4 Costa, Papiniano 2 (1894); Fadda, Diritto delle persone e della famiglia Nap.
1910; Kniep, Gai instit. comm. primus 1911.
* S. Lenel oben S. 331.