Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 415 
Dieses System ist praktisch durch die zweifellos sehr häufige Emanzipation von Söhnen 
und Töchtern erträglich gemacht worden. Gesetzliche Selbständigkeit erteilen die Kaiser in 
ihrem auf den Säbel gestützten Regiment nur dem Soldaten rücksichtlich des Erwerbs im Dienst 
und der Zulagen von Verwandten 1. Ihm steht jede Verfügung frei, nur was er ohne Testament 
hinterläßt, gehört noch dem Vater. Die Vertragspraxis sorgt zwar in der Severenzeit oft für 
den Ausschluß des Gewalthabers von Zuwendungen, die jemand den Kindern macht, aber 
zu einer gesetzlichen Abscheidung des den Kindern „von auswärts“ zufallenden Vermögens 
ist es erst seit Konstantin gekommen (bona adventicia). 
Der Haussohn kann aus seinen Verträgen und Delikten, auch ehe er selbständig geworden 
ist, geklagt werden, aber aus Vertragsschulden nicht mit Vermögensvollstreckung belangt werden, 
sondern nur der Vater mit Actio iudicati de peculio, und die Deliktsklage hat ungefähr das 
Ergebnis einer Noxalhaftung 2. Wahre Ausnahmen von der Regel bewirkt der Prätor, indem 
er dem Hauskind einige Klagen suo nomine erteilt, falls der Vater nicht imstande ist, sie 
auszuslben, besonders“ die actio imiuriarum (Edikt in D. 47, 10, 17, 10), sodann, indem er lag- 
lose Schuldverhältnisse zwischen den Angehörigen des Hauses anerkennt. 
Eine wirtschaftliche Verselbständigung der Sklaven erfolgt tatsächlich, indem der Herr 
ihm gestattet, Ersparnisse von seinem Nahrungsdeputat oder den Lohn für Dienstleistungen, 
Gewinn aus Unternehmungen für sich als peculium zu behalten und sich schließlich damit frei- 
zukaufen. Für diese in Griechenland alltäglich geübte Sitte stellt auch das römische Recht 
bezügkich des Freikaufs geeignete Formen zur Verfügung; und der Treuhänder, der den 
Sklaven mit dessen Mitteln freikauft, kann nach einer epistula Div. fratrum (D. 40, 1, 4 pr.) 
zur Freilassung gezwungen werden 5. 
§ 12. Berlöbnis und Ehe". Die ehemaligen förmlichen Verlobungsstipulationen mit 
Strafversprechen bezeichnet Ulp. D. 23, 1, 2 als altertümlich, und nicht mehr die Gewalthaber 
verfügen über die Kinder, sondern die Brautleute schließen den Vertrag mit Zustimmung der 
Bäter (Jul. ebd. 11). Juristisch geschieht dies formlos, tatsächlich gibt es natürlich religiöse 
Gebräuche und Festlichkeiten, im Orient und danach in Rom unter Bemittelten auch tabellae 
sponsalicium. Dagegen ist die altorientalische arrha sponsalicia, zweifellos das haftungs- 
begründende Angeld für künftigen Brautkauf'?, den Juristen unbekannt? und begegnet auch 
in den Papyri und in der Kaisergesetzgebung erst in nachklassischer Zeit. 
Das Verlöbnis hat zahlreiche Wirkungen analog der Ehes, ist aber frei löslich ohne Haftung 
des Rücktretenden. Nur wenn Brautschenkungen gemacht sind, wie die Sitte es verlangt, 
versagt Pap. Vat. 262 dem schuldtragenden Bräutigam die Rückforderung selbst einer nur auf 
den Fall des Eheschlusses gemachten Schenkung. 
  
1 Fitting, Das peculium castrense 1870. pleton, Nouv. rev. 1911, 594. Nach 
dieseme Zuster begunstigte nachmals die vonsn. ucha-eb byzantinische Monarchie die Beamten 
un eriker 
„ D. 35, 1, 70; 77 92; 93; C. 6, 25, 3. Die Römer in Agypten stehen schon länger 
unter der griechischen ordteijun 21 itteis. Reichsrecht 238), daß das Muttergut den Kindern 
gehört. POxy. 1114 (237 n. hr 1/86 1208 2091 n. Chr.). Die Erbverträge der ägyptischen und 
hellenistischen. Blicelan gehen seit alters in dieselbe Richtung. 
* Bestrittene Fragen. Mandry, Gem. Familiengüterrecht; Solazzi, Bull. 11, 113; 
Costa, Cicerone giureconsulto 1, 42 Ger Cic. Pbil. 2, 18, 45); Koschaker, Translatio ladicil 
(1905) 180 (spez. auch zu Ulp. D. 5, 1, 57 u. 9, 4, 36); Seckel, Festschrift f. Bekker (1907) 
326 (auch über die actio de eculio 1#½ der mit dem Haussohn vollzogenen Litiskontestation 
im Deliktsprozeß und weitere Fragen). 
* In der Aufzählung bei Paul. D. 44, 7, 9 könnte „et depositi et commodati“ für „fiduciae“ 
interpoliert sein. Nicht entgegen Ulp. D. 5. 9, 18, 1 (ugl. Girard, Manuel 143 N. 4), da itp. 
(Eisele-Krüger.) 
* Lotmar, ZSavt. 33, 309. ç « 
* Karlowa, Die Formen der römischen Ehe und manus 1868. Brini, Matrimonio 
e divorzio, 3 Bde. 1887—89. 
*7 Koschaker, ZSarSt. 33 383. 
s Die einzige Stelle, Paul. D 23 2, 38 pr., ist längst als itp. erkannt; unrichtig Cornil, 
Mél. Girard 1, 246. 
- Aufzählungen bei Cornil 2490.
	        
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