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plena abgab1. Entsprechende Anfänge in der Wirkung der Kindesannahme hat aber schon
das klassische Recht, indem z. B. die Zugehörigkeit zur neuen Familie, nur solange sie dauert,
das prätorische Kindeserbrecht in der alten aufhebt, ausnahmsweise (D. 37, 4, 3, 7; 21, 1)
sogar ein formelles Noterbrecht bestehen läßt und das Erbrecht des Kindes in der Klasse unde
Cognati gar nicht berührt (Gai. 3, 31; Ulp. D. 38, 8, 1, 4).
Die Emanzipation will Sohn oder Tochter in deren Interesse selbständig machen. Gegen
seinen Willen darf der filius kamilias nicht emanzipiert werden (Paul. S. 2, 25, 5). Umge-
kehrt darf er es unter Umständen fordern, z. B. bei schlechter Behandlung (Pap. D. 37, 12, 5);
damit kann auch die schädliche Arrogation eines Unmündigen wieder gutgemacht werden .
Man bemüht sich, dem Emanzipierten sein Peculium zu belassen (Pap. Vat. 260), gibt ihm
die prätorischen Erbrechte usw 5.
8 17. Freilassung und Patronat. Dem pater familias steht es endlich zu, seinen Sklaven
zum Börger und Freien zu machen. Nach altem Gewohnheitsrecht vollgültige Formen der
Freilassung sind 1. die mit dem Stabe“ (manumissio vindicta), offenbar die älteste Er-
scheinungsform des sonst in sure cessio genannten Verfahrens vor dem römischen Magistrat,
2. testamento durch unmittelbare Freierklärung im Testament. Die manumissio census durch
Einschreibung in die Zensuslisten besteht für Ulp. 1, 8 schon lange nicht mehr. Sehr oft unterläßt
man alle Förmlichkeit, und der Prätor schützt den tatsächlichen Zustand der Freiheit unter be-
stimmten Voraussetzungen, wie es scheint dann, wenn die Freilassung „unter Freunden“
(Gai. 1, 44) oder durch Freiheitsbrief (Ps. Dos. 15; Jul. D. 41, 2, 38 pr.) geschah, also durch
Zeugen oder Urkunde bewiesen werden kann?; ein Diptychon in Hermupolis a. 2217 verbindet
beides mittelst Beurkundung der manumissio unter amicos, und so berührt sich die römische
Praxis mit den ebenfalls schließlich auf Urkunden reduzierten mannigfaltigen Freilassungs-
sormen der Peregrinen im Osten.
Die Wirkung der zivilen Formen ist die Freiheit und das Bürgerrecht des bisherigen
Sklaven, mit Ausnahme der höchsten öffentlichen Ehrenrechte, aber doch sehr liberal gegen-
über anderen alten Rechten. Wegen der politischen und sozialen Gefahren bestehen vielerlei
Einschränkungen des in Rom ungemein luxuriös gebrauchten Freilassungsrechts. Die prä-
torische Freilassung bewirkt seit der Lex Junia (gegen 30 v. Chr.) die eigentümliche Zwitter-
stellung der Latini Junianis, die unter anderen auch einzelnen der Freilassungsverbote der
Lex Aelia Sentia (4 n. Chr.) zukommt.
Dem Freilasser bleibt als Rest seiner Gewalt stets ein deutliches Familienrecht am Libertus
zurück. Den Regeln dieses Patronatsrechts folgt auch das Freilasserrecht, das die Emanzipation
schon vermöge ihres formalen Geschäftsbaus erzeugt, nach klassischem Brauch (Gai. 1, 175)
P. Oxy 1206 a. 335; P. Lips. 28 a. 381; Mitteis, Grdz. 274; Z Sav St. 33, 644; Lewald,
ZSavst. 33, 633; Peters, ZSavöt. 33, 582 (gegen Bergman, a. a. O. unter Hinweis
auf Paul. D. 45, 1, 132).
* Pap. D. 1, 7, 32 pr., „per iudicem“ itp. ( Bergman 860), aber ob für „# consulibus“
(Beseler, Beiträge 2, steht noch nicht fest.
* Die römische Grundform ist beibehalten in einer unter Römern aufgesetzten ägyptischen
Emanzipationsurkunde P. Lips. Inv. 136 (gegen 300 n. Chr.) ed. Mitteis, Dekanatsprogr.
Leipzig 13. V. 1912: sie enthält eigentümliche Abweichungen, u. a. dreimalige Manzipation einer
Tochter und statt der Freilassungen Rückmanzipationen, vielleicht zulässigerweise, Dee Fran-
cisci, Filangieri 38, 230.
* Wlassak, ZSavöt. 28, 149. Erleichterungen der Formen: Gai. 1, 20; Ulp. D. 40, 2, 8.
* Degenkolb, Die Befreiung durch Census (1892).
*Ob von prätorischer Form gesprochen werden kann, wird gegen Wlassak, 8avöt.
26, 367; Mitteis, PH. 288 bestritten von Eisele, Stud. röm. RGesch. 64—99, der wohl
im Recht ist, wenn er (75 f.) in Ulp. 1, 10 nominatim zu Latini fiunt zieht. Unter die m. inter
amicos fiel vermutlich die erst nachklassisch abgesonderte Freilassung beim Gastmahl; vgl. Wlassal,
ebd. 405; Eisele 84.
7 Girard, Textes p. 849 = Mitteis, Chrest. N. 362 = Bruns, Fontes 7 n. 164.
Ferner P. Oxy 1205 a. 291. — Über die griechischen Freilassungen bes. A. Calderini, La
manomissione e la condizione dei liberti in Grecia, Mil. 1908; Partsch, Arch PapF. 5, 468;
Über die Papyri Mitteis, Gdz. 271, woselbst auch über die Freilassung durch Teileigentümer
mit unrömischen Wirkungen, vgl. Bortolucci, Studi romanistici (Pad. 1906) Nr. 1.
* v. Bangerow, Über die Latini Juniani 1833; jetzt bes. Mitteis, PM. 71.