Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

40 I. Rechtsphilosophie und Universalrechtsgeschichte. 
stellungen einflößte und ihn dadurch geistig in seine Gewalt brachte; denn auch wer einem anderen 
ein Wahnbild zu dem Zwecke beibringt, damit er entsprechend dem Willen des Täuschenden 
handelt, bestimmt dadurch sein Wollen in einer der Persönlichkeit schwer verletzenden Weise 7. 
Darum haben die fortgeschrittenen Rechte eine Anfechtung des Versprechens wegen Zwangs 
und wegen Betrugs gewährt, häufig auch, mehr oder minder, wegen Irrungs. 
§ 31. Sicherung. 
a)SPfand. 
Noch bevor das Versprechen zu seiner vollen Entwicklung gelangt war, kannte man die 
pfandrechtliche Sicherung. Ja, diese war sogar der Ausgangspunkt oder 
wenigstens einer der Ausgangspunkte für die Entwicklung des Schuldrechts; der Schuldner 
haftete ja mit Leib und Leben; daher war es auch ganz entsprechend, daß der Schuldner neben 
seiner Person den einen oder anderen Gegenstand zum Pfande setzte und dem Gläubiger die 
Möglichkeit gab, sich mittels dieses Pfandes zu befriedigen. 
Alle Arten des Pfandrechts haben die Befriedigung aus der Sache gemein; die Be- 
friedigung ist aber entweder eine Nutzungs-oder eine Kapitalbefriedigung, und danach 
ist zuerst zwischen Nutzungs- und Kapitalpfand zu unterscheiden. Beim Nutzungspfand wurde 
die Sache dem Gläubiger zur Fruchtziehung gegeben, entweder so, daß die Nutzung das Kapital all- 
mählich ertötete und den Schuldner befreite, oder so, daß die Nutzung auf die Zinsen gerechnet 
wurde und auf diese Weise dem Gläubiger eine Verzinsung des Kapitals bot. Durch die meisten 
Völker hindurch läßt sich dieser Unterschied zwischen Zinspfand und sogenannter Totsatzung 
verfolgen, sowohl was die Verpfändung von Sachen als auch was die Verpfändung von Menschen 
betrifft: auf weiten Kulturgebieten treffen wir diese Einrichtungen; schon im Recht von 
Babylonien und Assyrien treten sie uns entgegen: der Pfandvertrag enthält die Klausel: Zins ist 
nicht, Mietgeld ist nicht, d. h. der Gläubiger tritt in den Genuß des Hauses, zahlt kein Mietgeld, 
aber entbehrt dafür der Zinsen des dargeliehenen Kapitals. 
Die Kapitalbefriedigung dagegen greift der Sache an die Grundfesten ihres Wesens, 
sie entzieht sie selbst dem Vermögen des Schuldners und verwendet ihren Kapitalwert zur 
neuen Wertbildung. Auch hier gibt es wieder verschiedene Formen: die Befriedigung durch 
eigenen Kapitalerwerb und durch fremden Kapitalerwerb; im ersteren 
Fall wird der Gläubiger selbst Eigentümer, wobei dann der etwaige Unterschied zwischen. 
Kapitalwert und Schuldhöhe entweder ausgeglichen wird oder unausgeglichen bleibt (ersteres 
beim Kauf auf Wiederkauf, letzteres beim Verfallpfand). Die Befriedigung durch fremden 
Kapitalerwerb aber besteht darin, daß der Gläubiger die Sache veräußert und sich aus dem 
Erlös befriedigt. Das ist die Gestalt der Hypothek ; sie hat große Vorteile, sie bietet auch 
die Möglichkeit eines mehrfachen Pfandrechts: man kann die Sache in der Art verpfänden, daß 
der zweite Pfandgläubiger dasjenige bekommt, was von dem Veräußerungserlös des ersteren 
übrig bleibt usp. Das römische wie das deutsche Recht haben diese Gestaltung gezeitigt. Das 
deutsche Recht aber hat dabei Grundsätze durchgeführt, die man früher schon in Griechenland 
befolgte, die aber im römischen Rechte zur schweren Schädigung aufgegeben wurden: es hat 
bei Liegenschaften versucht, das Pfandrecht zur öffentlichen Kenntnis zu bringen; in Griechen- 
land geschah es durch Pfandsteine, durch Eintragung und öffentliche Verkündung, in Deutsch- 
land durch Kundgebung in der Volksversammlung oder durch Eintrag in die Gerichts- 
bücher, aus denen sich dann unsere Grundbücher entwickelt haben. 
§ 32. 
6) Bürgschaft. 
Die Bürgschaft ist ursprünglich das Eintreten eines neuen Schuldners an Stelle 
des alten, um den alten zu lösen, um ihn von der Schuld, um ihn von der Fessel, von der Schuld- 
gefangenschaft zu befreien. Das Recht kennt zunächst nur einen Bürgen an Stelle, nicht einen 
val. F iht e, Sittenlehre (1812) in der Auswahl von Fichtes Werken VI S. 99: (die 
Biuschm „setzt den anderen geradezu als Wittel und als mechanisches Werkzeug“. 
1. Neubecker, Z. vgl. R. XXI,
	        
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