Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 437 
Dagegen ähnelt dem Eigenbesitzer der Vektigalist (& 54), der das Gut nicht bloß 
vererben und verkaufen, sondern auch verpfänden kann 1, was nur einem Besitzer möglich ist. 
Andere haben gar nicht „Besitz“ (possicere), aber doch prätorischen Schutz ihrer Sach- 
inhabung (esse in possessione). So der Nießbraucher, dessen Innehabung sogar einst von 
Cic. pro Caec. 32, 94 unbefangen als possidere bezeichnet war und dem nun die Besitzinter- 
dikte als utilia gegeben werden (Ulp. D. 43, 17, 4 lobwohl itp.], Vat. 91). So seit Julian der 
Ehegatte an der vom anderen Eheteil geschenkten Sache (Paul. D. 41, 6, 1; Ulp. D. 43, 16, 1, 10), 
obwohl er nach lus civile sie nicht besitzen kann (Paul. D. 41, 2, 1, 4). So auch die durch 
prätorische missiones aus allerlei Gründen in fremde Sachen Eingewiesenen (vgl. die glossierte 
Teilaufzählung in D. 41, 2, 10, 1), wofür jeweils eigene Interdikte dienen 2. Zweifelhafter 
mag sein, ob der privatrechtliche Erbbauberechtigte possessorisch unabhängig vom Recht ge- 
schützt wird (Ulp. D. 43, 18, 1,2) 2. Endlich ist sicher von einem Besitz an Sewituten keine Rede, 
jedoch deren Ausübung ist nicht bloß durch Interdikte gedeckt, sondernm die Einräumung der 
Ausübung wird auch gelegentlich der Tradition analog gesetzt (Jav. D. 8, 1, 20 bis „#esse)), 
und die Ausübung wird zur Grundlage einer Sewitutenersitzung (5 49). — An solche mit prä- 
torischen Interdikten versehene Fälle, wie die vorstehenden, wenngleich nicht an alle, wird 
Gai. 4, 139 gedacht haben, wenn dort die Worte „aut quasi possessione“ echt sind ". Sach- 
lich läßt sich keinesfalls leugnen, daß die klassische Beachtung der tatsächlichen Machtausübung 
von Leuten, die nicht Besitzer sein können, die spätere Auffassung, daß sie gleichsam das Recht 
besitzen (Rechtsbesitz, iuris quasi possessio) wirksam vorbereitet. 
§s 34. Bloße Detention haben insbesondere die lediglich obligatorisch Berechtigten: 
Verwahrer, Leiher, Beauftragter, Pächter und Mieter usw., mindestens ursprünglich auch der 
Superfiziar. Sie setzen nur den Besitz ihres Mitkontrahenten in dessen „Namen“ fort und 
fast nur der Vertrag deckt sie gegen dessen Sachenrechts- und Besitzklagen 5. Grundlage des 
klassischen Zustandes ist daher auch, daß die dinglichen Klagen und Interdikte sich nur gegen 
den Besitzer und nicht gegen den Inhaber alieno nomine zu wenden haben. Da Justinian 
auf dem gegenteiligen Standpunkt steht, macht er es unklar, wie weit die Klassiker von der 
Regel abwichen 8. 
Davon unterscheidet sich einerseits die Gruppe der Besitzgehilfen, wie Sklave, Hauskind, 
hospes, amicus und ursprünglich der Procurator (Gai. D. 41, 2, 9), indem sie nicht einmal eine 
vertragsmäßige Stellung gegenüber dem Eigenbesitzer haben. Andererseits scheidet sich zum 
Teil ab, wer kraft der Herrschaftsnatur von Vormundschaft und Pflegschaft selbständig ver- 
waltet, und den verwaltenden Tutoren und Kuratoren werden im Laufe der Zeit andere selb- 
ständige Geschäftsführer angegliedert. Aber das alles betrifft nur das Verhältnis zum Be- 
sitzer. Dritten gegenüber stehen alle ohne Besitz da (z. B. Pomp. D. 41, 2, 25, 1). Der 
Besiber übt durch sie die Gewalt (Paul. D. 41, 2, 3, 8 u. ö.). 
1 Oft verkannt. Richtig Albertario, Filangieri 1912, Heft 11—12, der aber die schon 
bei Mitteis, Zur Gesch. der Erbpacht 27, verwerteten Alimentartafeln wieder übersieht. 
2 Einweisung damni infecti nomine ex secundo decreto begründet aber possessio und Er- 
sitzung, Jul. D. 10, 3, 5 u. a.; dazu zuletzt Berger, Teilungsklagen 84;Arangio-Ruiz, 
Appunti sui giudizi divisori (1912) 10. 
2 Vgl. dagegen D. 43, 9, 1, 3 für das Int. de loco publico fruendo. Zur Sache Ubbe- 
lohde-Glück 4, 297. 302 und unten 55. 
g Albertarijo hält die Worte für ein Glossem, zuletzt in Filangieri 1914, fasc. 1, woselbst 
iteratur. 
* Über die Exceptio aus dem Vertrage Last, Ih J. 62, 89, 153; für den Superfizia ar 
Partsch, ZSavöt. 31, 431 (D. 43, 18, 1, 4 ist freilich itp.). Seit jeher hat natürlich der 
haber aus eigenem dinglichen Recht eine Einrede gegen die Rei vindicatio; für den Usufrurtuar 
D. 7, 9, 7 pr. — In einzelnen Beziehungen gehen die Römer aber weiter; z. B. furtum usus 
sicht b feeen Faustpfandgläubiger und Usufruktuar, sondern u. U. sogar Kommodatar: Paul. 
i . Demelius, Exhibitionspflicht 1872; Siber, Passivlegitimation bei der Rei 
vindicati 1907; Kübler, ZSavSt. 29, 481; B e seler, Beiträge, passim; Arangio- 
Ruiz, La struttura dei diritti sulla cosa altruf 1909 (SA. aus Arch. giur. 81, 82); Lenel, 
Grünhuts Z. 37, 515. 531; Riccobono Zöavét. 31, 349; Last Ih . 62, 119.
	        
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