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und dem Aufgabeentschluß erlischt (Pap. D. 41, 2, 44, 2; 46, auch Paul. ebd. 1. 3 § 8; anders
noch Labeo in I. 6, 1).
g 38. Besitzschutz. Der Eigenbesitzer und wer ihm gleichgestellt ist, erhält die präto-
rischen Besitzinterdikte unabhängig vom Recht und sogar ohne Rücksicht auf die im Zivilrecht so
bedeutsame Qualität der Erwerbshandlung, mag er auch Räuber oder Dieb sein, nur nicht im
Streit mit dem, den er durch Gewalt, Entwendung oder Bruch einer Bittleihe entsetzt hat 1.
Bei beweglichen Sachen entscheidet aber nicht der augenblickliche Besitzstand, sondern der im
letzten Jahr länger behauptete, vielleicht weil Sklaven und Tiere zu rasch ihren Aufenthalt
wechseln, vielleicht aus archaischen Gründen her. Dabei darf laut des Edikts (Lenel, § 264)
die Besitzzeit des Erblassers und Verkäufers eingerechnet werden („accessio temporis“), was
die Interpretation schrittweise auf andere Rechtsvorgänge ausdehnt (Gai. 4, 151; Ulp. D. 41
2, 13, 6—11), ohne doch den modernen Begriff der Rechtsnachfolge aufzustellen.
g 39. Justa causa. Wo der Eigenbesitz Eigentum zu vemmitteln hat, muß er nach
römischer Lehre im allgemeinen auf einem gerechten Grund (iusta causa possessionis) be-
ruhen. Dies wird besonders für die Ersitzung (vol. Pomp. D. 41, 3, 29) entwickelt. Eine
offenbar langsam entstandene Liste zählt die Rechtfertigungsgründe, „Titel“ auf, angefangen
vom Kauf (pro emtore, D. 41, 4) bis zum Titel pro suo (D. 41, 10), der einige nicht benannte
Titel in sich vereinigt. Desgleichen fordert die Tradition und daher auch der publizianische
Erwerb eine iusta causa (Ulp. 19, 7), bestimmter Art; Fiducia reicht nicht hin 2. Dieses Erfordermis
hat den Modernen sehr viel Schwierigkeiten verursacht. Sicher ist das Folgende. Überall ist von
Haus aus gefordert, daß das, was der Titel aussagt, gültig vorliege, z. B. der Kauf, die
Schenkung, das Vindikationslegat. Daß es etwa ein sittenwidriges Geschäft ist, hindert der
Regel nach nicht diese Gültigkeit und hemmt daher nicht die Tradition, sondern begründet nur
eine Schuldklage auf Rückforderung. Andererseits ist die Tradition nichtig, die ein Ehegatte
schenkungshalber an den anderen vornimmt, weil das Verbot der Schenkung unter Ehegatten
alle Ausführungshandlungen ohne Unterschied ergreift. Dem Grundsatz widerspricht auch
nicht eine Meinungsverschiedenheit über den Fall, wo der Geber einer Geldsumme zu schenken,
der Empfänger Darlehen zu nehmen vermeint; da in dem Mehr das Minder liegt. kann die
feststehende Ansicht zur Zeit Julians D. 41, 1, 36 a. E., von der nachmals Ulp. D. 12, 1, 18
abweicht 3, den Eigentumsübergang bejahen: wahrscheinlich übrigens (arg. I. 18) indem man
dabei Darlehen annimmt und nicht einmal hier eine Tradition ohne Kausa. — Ebenso ist es
kein wahrer Bruch mit dem Prinzip, sondern eine sinngemäße Ausnahme, daß Ersitzung mög-
lich ist, wenn ein Ehegatte eine fremde Sache schenkt (Pomp. D. 41, 6, 3; Ter. Cl. D. 24, 1, 25)
oder ein Vormund vom Mündel eine fremde Sache kauft (Sew. Paul. D. 41, 4, 2, 8, vl.
Scaev. D. 26, 7, 56); hier macht zwar das gesetzliche Verbot auch das obligatorische Geschäft
nichtig, aber es ist zugunsten des Ehegatten und des Mündels erlassen, nicht des Eigentümers “.
Die moderne Unsicherheit wird aber am meisten durch die Sonderart der einzelnen Causae
possessionis heworgerufen, die in der Kompilation verwischt erscheint. Am besten dürfte in
den Quellen wahrzunehmen sein, daß der Vollzug des Kaufes der Erfüllung einer Stipu-
lation entgegengesetzt ist. In Nachwirkung des Bargeschäftssystems denkt man Kauf und
Ubergabe der Ware als eine untrennbare Aufeinanderfolge; der Käufer erhält den Besitz pro
emtore; der unmittelbare Erwerb des Eigentums durch Tradition (Paul. D. 41, 1, 31) oder
der t spaiere durch Ersitzung (Afr. D. 41, 4, 11) setzen daher voraus, daß der Kauf gültig besteht.
1 Daß infolge der „Clausula vitü — nec clam nec vi nec precario alter ab altero — wirk-
lich der fehlerhafte Besitzer verurteilt wurde, ergibt sich gegen Ferrini, Pand. 341, aus Ulp.
D. 41, 2, 6, 1 retinet ergo possessionem u. a. vgl. Lenel, Ed. 453 N. 3.
3 Paul. D. 41, 1, 31 pr.; Lenel, ZSavt. 3, 114.
2 Der Gedankengang der I. 36 ergibt sich aus der Beziehung des ersten Satzes auf Manzi-
pation, Lenel, ZSavSt. 3, 178; Ed. § 107, Strohal, IJh . 27, 364; Klingmüller,
Begriff des Rechtsgrundes 90 N. 1. Dagegen zu Unrecht Eisele, IhJ. 23, 6; Siber in
Leipz. Festschr. für Sohm (1914) 17 Note. In I. 18 ist zu beachten die m. E. zweifellose Inter-
polation im pr. i. f., Ulp. schloß wohl: condictione tenetur; und in §& 1 i. f. sed — erit, was mit der
byzantinischen Theorie der Konsumption zusammenhängt.
Adler, Ih . 33, 184; vgl. Last, Ih J. 62, 278.