Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 451 
Fall ist derjenige, wo ein Nießbrauchslegatar mit dem Fideikommiß belastet ist, den Genuß 
weiterzugeben 1. 
Endigung tritt regelmäßig und spätestens mit dem Tode oder der Capitis deminutio des 
Nießbrauchers ein. Das Eigentum dauernd so gänzlich zu enthöhlen, würde eine den Römern 
ganz unsympathische Verschiebung des Eigentumswesens bedeuten. Deshalb fragte man 
sich, ob das Legat des Ususfruktes an eine Gemeinde wirksam sei (Gai. D. 7, 1, 56), was aber 
bejaht wird, vielleicht schon mit der bei Justinian erscheinenden Grenze von 100 Jahren #. 
Nur diese Verknüpfung mit der Person war offenbar der Grund, warum der Nießbrauch als 
unübertragbar galt. Darin liegt ein logischer Fehler, denn die Höchstpersönlichkeit eines un- 
vererblichen Rechts braucht nur zu bewirken, daß der Empfänger es im Umfang erhält, wie es 
der Ubertragende hatte. Trotzdem betete noch das gemeine Recht — einen anderen Sinn hat 
B#. 5 1059 — die Formel nach, mit der die Römer die praktisch unentbehrliche Veräußerung 
unter prätorischem Schutz doch ermöglichten: der Nießbrauch sei zwar nicht der Substanz, aber 
der Auslbung nach übertragbar. — Endigung tritt u. a. auch mit einjährigem Nichtgebrauch 
an beweglichen Sachen, mit zweijährigem an Grundstücken ein. 
§ 53. Der Usus, ein Recht des Gebrauchs (uti) ohne Fruchtziehung (sine fructu 2) 
ist neben dem Ususfrukt eine Abspaltung aus einem ehemaligen beide umfassenden vageren 
Begriff. Nicht der volle Genuß soll dem Eigentümer entzogen, sondern umgekehrt nur eine per- 
sönliche Benützung dem Usuar und seinen Angehörigen gestattet sein, wie es Erblassern oft 
erwünscht ist. Weiterübertragung ist daher auch der Ausübung nach unerlaubt #. Seit dem 
1. Jahrhundert erkennt man in einzelnen Fällen dem Gebraucher einen bescheidenen Anteil 
an Früchten zu, worüber disputiert wird, bis Justinian daraus ein Gebrauchs- und Nutzungs- 
recht für die persönlichen Zwecke des Berechtigten und der Seinigen gestaltet 5. Desgleichen 
erlauben die Klassiker dem selbst im Haus wohnenden Usuar einen Mieter mitaufzunehmen 
(Lab., Ulp. D. 7, 8, 2, 1), was Just. erweitert (D. 7, 8, 4 pr.; 8 pr.; 12 F 1). 
Habitatio und operae servorum, woraus die spätere Lehre schließlich auch 
„Personalserwituten“ gemacht hat oder machen wollte ", verursachen den Klassikern zunächst 
nur eine ausführliche Kasuistik als Unterarten von Ususfrukt oder Usus? (C. 3, 33, 13) oder 
je nach Umständen als Gegenstände von Prekarium, Leihe oder sonstigen Verträgen (Gai. 4, 
153; Pap. u. Scaev. D. 39, 5, 27; 32), zumal da mancherlei hellenistische Verträge zu klassi- 
fizieren waren (Pap. D. 7, 8, 10, 1). Immerhin wurden wohl seit Papinian dafür besondere 
Rechtssätze entwickelt. Mindestens haben danach die vermachten Sklavendienste die Besonder- 
heit, daß sie durch Capitis deminutio des Legatars und durch Nichtgebrauch nicht erlöschen 
und daß sie vermietet werden können (Pap. D. 33, 2, 2; Ulp. D. 7, 7, 2). Vom Wohnrecht ist 
jenes interpoliert (D. 7, 8, 10 pr.; 4, 5, 10), dieses nur die Meinung des Marcellus (J. 2, 5, 5). 
Im allgemeinen gilt für Entstehung und Endigung aller dieser Rechte dasselbe wie beim 
Nießbrauch. 
§ 54. Erbpachts. Die griechischen Tempel, die Könige und Priesterkollegien in Agypten, 
die Stadt Rom, die Gemeinden und die kaiserlichen Domänenverwaltungen geben einen Teil 
1 D. 7, 4, 29, 2; 33, 2, 29; 7, 4, 4. 
Ob D. 7, 1, 56; 33, 2, 8 sachlich unecht seien Fadda, Di Marzo, H. Krüger), kann 
man bezweifeln, Mitteis, PR. 377 N. 5. 
: (Sab. ) Ulp. D. 7, 8, 2 pr.; 14, 1; D. 7, 9, 5, 1. 
4 Gai. D. 7, 8, 11. Ferrini, Pand. 481. ç 
* Bes. D. 7, 8, 12 éK# 1. 2. Zu radikal einerseits gegen das Recht auf Früchte Ricco- 
bono, St. Scialoja 1, 579 (vgl. aber 601 f.); Fampaloni, Riv. ital. 49, 245; andererseits 
dafür Costa, Storia 269 N. 1. 
"Pampaloni, Riv. ital. 52, 177. 
7 Perozzi, Ist. 1, 504; Riccobono, St. Scialoja 1, 588; Pampaloni 168. 
Über die pyp### und 6u der Papyri Berger. Z. vgl. RWiss. 29, 335. 
Die verwickelte und aus reichhaltigen Dokumenten bereits großenteils erschließbare Ge- 
schichte der Erbpacht in den antiken Ländern ist besonders gefördert von Mitteis, Zur Gesch. 
der Erbpacht, Abh. phil. hist. Kl. Sächs. Ges. Wiss. 20 (1901); Rostowzew, Gesch. der Staats- 
pacht (1903) 96; Studien zur Gesch. des röm. Kolonats (1910). Zum justinianischen Mischgebilde 
29 *
	        
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