42 I. Rechtsphilosophie und Universalrechtsgeschichte.
§ 34. Soziale Betätigungen des Schuldrechts.
b) Besonderheiten.
a)Austauschgeschäfte.
Der Tausch von Ware gegen Ware ergibt sich von selbst aus den Bedürfnissen des Einzel-
daseins; auch Familien und Horden tauschen mit Familien und Horden aus, vor allem, wenn
es sich um die Produkte verschiedener Himmelsstriche handelt. Einen neuen Aufschwung nimmt
das Tauschgeschäft seit der Arbeitsteilung: jetzt verliert es seinen Zufallscharakter und wird
zur regelmäßigen Betätigung des Verkehrs. Erfolgt der Austausch sofort, so ist für Schuld-
verhältnisse ursprünglich kein Raum; anders aber, wenn für einzelne Leistungen Kredit ge-
währt wird (S. 38), was aber in höherem Maße erst stattfindet, nachdem sich der Begriff des
Geldes entwickelt hat.
Das Geld ist ein allgemeines Wertmittel, welches die große Bequemlichkeit biet. t, daß
die eine Sache nicht die andere zu suchen braucht. Nehmen wir auf der einen Seite den Gegen-
stand A und auf der anderen Seite eine Masse von Gegenständen von B—2, so müßte der Um-
tausch in der Art vor sich gehen, daß der eine Tauschlustige den Gegenstand A gegen irgend-
einen dieser Gegenstände, z. B. F, den er gerade für sich braucht, auszutauschen sucht. Nun
wird es sich aber häufig so verhalten, daß derjenige, der F geben kann, den Gegenstand A nicht
braucht; hier hat nun das Geld die Funktion: es ersetzt alle Gegenstände B—2, und wer den
Gegenstand A veräußert, veräußert ihn gegen dieses allgemeine Wertmittel, d. h. gegen die
Möglichkeit der Gegenstände B—2, und ist damit in der Lage, alle Sachen innerhalb dieses
Kreises zu erwerben, also auch die Sache F; denn irgendeiner, der die Sache Fhat, gibt sie gegen
das allgemeine Wertmittel hin, weil er für dieses allgemeine Wertmittel wieder dasjenige be-
kommt, was er braucht. Das Geld hat also eine ähnliche Aufgabe wie eine öffentliche Straße:
während sonst die Leute sich nur dann begegnen und treffen können, wenn ihnen privatim von
dem einen oder dem anderen Nachbarn der Zugang gewährt wird, so können sie sich immer
dadurch treffen, daß man auf der allgemeinen Straße geht, wodurch jeder zu dem kommen kann.
zu dem er zu gelangen ein Interesse hat.
Als Geld wird das Verschiedenste im Leben der Völker verwendet: es sind zunächst wohl
Gegenstände des Schmucks, die man ablegt und dem anderen gibt, wie Muscheln, Perlen; es
sind sodann Gegenstände allgemeinen Bedürfnisses oder allgemeiner Wertschätzung, wie Tier-
stücke, Häute usw. Eine neue Epoche tritt ein, wenn man solche Gegenstände als Geld ver-
wendet, welche nicht nur vertretbar, sondern auch teilbar und haltbar sind. Das ist der Fall bei
den Metallen; darum ist die Entstehung des Metallgeldes für die Völker von so außerordent-
licher Wichtigkeit. Nach verschiedenen Versuchen sind sie dazu gelangt, und zwar ist man ent-
weder bei den unedlen Metallen stehen geblieben oder zum Gebrauch der Edelmetalle vor-
geschritten. Die Teilung in einzelne Stücke geschah ursprünglich durch jeweilige Trennung
und durch beliebiges Abscheiden; und die Wage hatte hier große Bedeutung: sie war die Be-
gleiterin aller Verkehrsgeschäfte; ohne Wage kein Geldgeschäft! Eine neue großartige Idee
war es, daß man das Geld münzte, d. h. daß man den Wert aufprägte in einer solchen Weise,
daß diese Prägung öffentlichen Glauben fand. Damit war die Zerteilung und Abwägung
mit einem Male überflüssig geworden, und die Wage verschwand aus dem Rechtsleben; sie
blieb nur noch ein Sinnbild, ein zurückgebliebener Rest alter Zeiten.
Mit dem Geld scheidet sich Kauf und Tauschgeschäft; letzteres verliert bedeutend an Um.
fang, ohne vollständig aus dem Leben zu verschwinden. Das Kaufgeschäft eignet sich besonders
zu Kreditoperationen, namentlich mit Stundung des Geldes.
Ein geminderter Austausch liegt dann vor, wenn ein Gut nicht als Kapitalgut, sondern
nur in einzelnen seiner Genußbetätigungen übergeben wird, wofür eine Gegenleistung, viel-
fach in Geld, zu entrichten ist; das ist die Domäne des Miet- und Pachtvertrags.
Eine wirtschaftlich sehr bedeutsame Form des letzteren ist die Teilpacht, bei der nicht ein
fester Zins, sondern ein Bruchteil der Früchte zu leisten ist, wodurch die Pacht ein gewisses ge-
nossenschaftliches Element erhält, welches beide Vertragsschließenden an der günstigen und