Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

458 Ernst Rabel. 
des freien Eigenberechtigten l. 13 pr. itp., De Medio). So wird, abgesehen von den Unter- 
lassungen, kasuistisch ein ziemlich weiter Bereich der Schadenzufügungen an körperlichen 
Sachen versorgt#, jedenfalls genügend, um die gemeinrechtliche Zusammenfassung zu ermög- 
lichen (vergl. BGB. F 823). 
4. Geschichtliche Nachwirkung knüpft sich außer an die in der klassischen Hauptliste noch 
erscheinenden Klagen wegen Raubes (Lenel Ed. § 187) zumal an die prätorischen Edikts- 
bestimmungen über den Zwang und Betr.u gukr Es muß hier genügen, zu erinnern, daß 
die actio doli und die ihr entsprechende exceptio Ein ungemein beliebtes Auskunftsmittel sowohl 
der Klassiker als aller Folgezeit war, um die Lücken des Prozeßmittelsystems auszufüllen. 
8 61. BVerträge. 1. Das klassische Obligationenrecht ist trotz seiner Feinheit und Mannig- 
faltigkeit noch völlig beherrscht von der historischen Tatsache, daß die Prozeßmittel sich lang- 
sam und schwierig in einzelnen Typen entwickelt haben. Oft ist zunächst bloß eine prätorische 
Klage dagewesen, deren Tatbestand erst unter ihrem Schutze allmählich zum zivilen Klage- 
grund aufwuchs, so daß sich im klassischen Recht die rein prätorische actio in factum concepta 
und die dem Zivilrecht gehorchende actio in ius concepta nebeneinander finden (bes. Gai 
4, 47). Wo nun eine zivile Klage vorhanden ist, erkennen die Juristen es selbstverständlich 
leicht, wenn den Tatbestand ein Vertrag bildet. Dies ist die Gruppe der contractus 5, die 
noch Gai 3, 88 f. einzig neben die Delikte stellt. Unter ihnen wird, da das Zivilrecht dauermnd 
dem Prinzip des Formzwangs der Verpflichtungen huldigt, lediglich nach der Form unter- 
schieden, die der Vertrag braucht, um zivile Klagen herorzurufen: sie werden re, verbis oder 
litteris geschlossen, nur vier bereits formlos, consensu. 
2. Außer dieser festen Gruppe anerkannter und im einzelnen benannter Verträge hat 
zivilrechtliche Wirkung ohne Formvorschrift als Rest alter Gewohnheit der Sühnevertrag, 
mit dem einst die Privatrache, jetzt die Deliktsklagen wegen kurtum und iniuria abgelöst werden 
(Paul. D. 2, 14, 17, 1); er heißt Friedensschluß (pactio, pactum) gemäß dem ältesten Sinn 
des Wortes. Aus dem Vergleich, mit dem eine sonstige Schuldklage aufgehoben werden soll, 
in der Folge aus jedem Vertrag, mit dem ein bestehendes Schuldverhältnis abgeschwächt 
werden soll (pactum de non petendo), läßt eine Ediktsbestimmung (Ulp. D. 2, 14, 7, 7) 
grundsätzlich — mit gewissen Unterscheidungen — eine Einrede folgen. 
3. Im übrigen besitzt der Begriff des Schuldvertrags eine geringe Geltung. Von den 
zahlreichen prätorischen Formeln für Schuldklagen lassen sich einige wenige auf „Vertrag“ 
zurückführen (sog. „pacta praetoria“); wir werden sie gelegentlich berühren. Systematische 
Bedeutung haben die Klagen (5 74), aus denen nachmals die byzantinische Lehre die um- 
fassende Kategorie der Actiones praescriptis verbis bildete; in einzelnen der betreffenden Tat- 
bestände dürfte schon die Analyse der Klassiker Verträge von der Art erkennen, die dann bei 
Justinian als Kontrakte ohne zivilrechtlichen Namen (D. 19, 5, 3), dvoo#ov covdkkaxrp# (Bas. 
20, 4, 3) das System der gegenseitigen Verträge abschließen sollen. Im allgemeinen wird 
von Verträgen nur negativ ausgesagt, daß die formlose Vereinbarung, pactum im spätesten 
klassischen Sinn, keine Klage erzeugt: ex pacto actionem non nasci“. 
§ 62. Realverträge. In der nachklassischen Kategorie der Obligationes re contractae 
(J. 3, 14) fließen zwei Gruppen von Tatbeständen zusammen, die vorher unterschieden werden 
und einst völlig getrennten Ursprung hatten. Auf der einen Seite steht das sog. formlose 
  
1 Über die Neigung der Kompilatoren, die Fälle zu vermehren und die Hülfsklagen als 
actiones utiles legis Aquiliae unter einen weiten Vermögensdeliktsbegriff zu ziehen, Rotondi öl. 
2 Das Fehlen der Arbitrarklausel in der Actio doll und Actio quod metus causa behauptet 
Biondi, Studi sulle actiones arbitrariae 1 (1913). Dagegen zunächst wegen der letzteren 
Lenel, Festschrift f. Sohm (1914) 208. Über die Subsidiarität der Actio doli Siber, Passiv- 
legit. bei der rei vind. 187. 
2 Zur Terminologie Mitteis, PR. 146—153 u. Zit.; ge hr, Beiträge z. röm. Pfand- 
recht 56 N. 8; Betti und Arangio-Ruiz (oben g 58). Über den byzantinischen Einschlag 
Rotondi, Bull. 24, 1. — Zu den pacta Kniep, Praescriptio und pactum (1891) 64. 
4 C. 2, 3, 10 = 5, 14, 1 a. 206 oder 227. Daher die nachklassische Regel nuda pactio 
obligationem non parit, sed parit exceptionem, Just. in D. 2, 14, 7, 4 (Perozzi, St. 
Schupfer 1, 185); Diocl. (°) C. 4, 65, 27.
	        
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