Grundzüge des römischen Privatrechts. 467
der Auftrag im Interesse des Beauftragten als Rat gilt und keine Mandatklagen hervorbringte,
erkennen die Klassiker seit Sabinus als Ausnahme hiervon (Gai. 3, 156) den Kreditauftrag ?
an: „Kreditiere dem X. auf meine Gefahr 1000“, womit der Mandator eine Art Bürgschaft
für die aufgetragene Kreditgewährung übemimmt. Auf Mandat beruht auch, wenn nicht
ein besonderer Grund vorliegt, z. B. Hausgewalt, die Anweisung" für eigene Rechnung
(delegare, jubere), die in den Quellen nur als solche eines Gläubigers an seinen Schuldner
vorkommt, einem Dritten zu zahlen oder stipulationsweise zu versprechen. Umgekehrt hat
nichts mit dem Auftrag zu schaffen das iussum im Sinn der Ermächtigung an einen Dritten,
sich mit jemand anderem in ein Geschäft einzulassen, z. B. als Inkassovollmacht: ihm mit Wirkung
gegen den Erklärenden (Prinzipal) zu zahlen (5 119).
§s 71. Nebenverträge (sog. „Pacta adjecta“) sind Vereinbarungen über akzidentelle
Punkte (adminicula), die dem typischen Tatbestand eines Vertrags gleichzeitig (in continenti)
oder nachträglich (ex intervallo) beigefügt werden, z. B. über Zinsen= oder Ratenzahlung.
Die Bonae-fidei-Formeln fordern ohne weiteres Berücksichtigung aller Klauseln des Vertrags
(pacta conventa inesse bonae fidei iudicüss), so daß man auch ihretwegen klagen kann; auf
nachträgliche kann man sich ohne weiteres nur berufen, wenn sie die „Obligation mindern“,
z. B. der Verkäufer auf die Klausel, er brauche die Gewährleistungsstipulation nicht zu leisten;
dagegen benötigt z. B. der Käufer eine technische exceptio pacti für die erhöhende Zusatz-
verabredung, daß der Verkäufer mit Bürgen die Stipulation abzulegen habe. Zweifelhaft
bleibt für Pap. D. 18, 1, 72 pr. die nachträgliche Anderung des Preises, da der Preis ein
wesentlicher Punkt des Kaufvertrages ist. Pomp. und Paulus versuchen aber zu helfen, indem
sie Aufhebung des Kaufs und Eingehung eines neuen konstruieren 5. Noch viel spröder ver-
halten sich die des Hinweises auf die fides bona ermangelnden Formeln. Namentlich ist
dauernd das Zinsversprechen ohne Stipulation beim Darlehen wertlos.
§ 72. Geschäftsführung ohne Auftrag #. Der Prätor regelt im Edikt de negotüs gestis
die Verantwortlichkeit des freiwilligen Prozeßstellvertreters, wobei an einen sämtliche Prozeß-
angelegenheiten (negotia) ohne Auftrag besorgenden Freund eines Abwesenden gedacht ist.
Die Juristen ordnen danach jede Geschäftsführung, die nicht durch spezielle Formeln gedeckt
ist, indem sie die Voraussetzungen vermindern, zum Teil actiones utiles bilden. Letzteres ins-
besondere auch, wenn der Gestor nicht freiwillig (sus sponte et nulla necessitate cogente) ein-
gegriffen hat, wie der Nichtberechtigte, der in der Meinung, Vormund oder Kurator zu sein,
handelte (Paul. 1. 4, 8; Pap. D. 3, 5, 30, 5 u. a.). Jedenfalls haftet als Gestor der Curator
prodigi, kuriosj, minoris 7. Daß der Geschäftsführer nur sein eigenes Interesse im Auge hatte,
z. B. ein Scheinerbe, und daß er tatsächlich nichts im fremden Interesse leistete (sog. unechte
Geschäftsführung und verwandte Tatbestände), schließt die klassische negotiorum gestio nicht
aus. Die Absicht, die fremden Geschäfte im fremden Interesse zu führen, als allgemeines
Erfordemis haben erst die Byzantiner, die hier einen „Quasikontrakt“ erblicken und dazu einen
: Gegen Mancaleoni, Riv. ital. 27, 367; Filang. 26 (1901) 88 f.: Segrs, Riv. ital.
28, 222.
s Sokolowski, Die Mandatsbürgschaft 1891; Bortolucci, Studi romanistici
(1906) 83.
4) Wendt, Das allg. Anweisungsrecht 18954 De Ruggiero, La delegazione, SA.
arch. giur. 63, Mod. 1899; s. Lit. zu § 96.
D 6 ko “*' ndi, Bull. 24, 106, bes. über Ulp. D. 2, 14, 7, 5 u. 6 itp., vgl. mit Pap.-Paul.
18, 1, r.
* Wlassak, Lur Geschichte der Negotiorum gestio (1879). Lenel, Ed. 135. Cogli-
olo, Trattato . della administrazione degli affari altrui 1890; Pacchioni, Trattato della
estione degli affari altrui 1893; Karlowa, RR. 2, 667; Peters, ZSavöt. 32, 263;
artsch, Studien zur Negotiorum gestio I (1913) —= Sitz.-Ber. Heidelb. Akad. 1913, 12 mit
sonstiger Lit. (dem das Nachstehende folgt). ·
* Gingen nur gegen den Curator minoris schon die ediktalen Musterformeln, und dies, weil
er, wie neuerdings behauptet wird, keine Geschäftsführungspflicht hatte? dafür verwendet
Partsch 68 Thal. zu C. 2, 18, 8. Ferner glaubt er 46 ff. an eine Ao neg. g. utilis als Ersatz
für die nach seiner Ansicht fehlende Ao tutelse contraria.
30“