Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

468 Ernst Rabel. 
entsprechenden Parteiwillen benötigen . Wegen der Haftung des gestor (actio neg. gest. 
directa) ist zu unterscheiden, je nachdem ob er, wie es der ältere Typus wollte, allgemeine 
Geschäftsführung übernahm — dann haftet er für Unterlassung derjenigen Geschäfte, die der 
Dominus zu besorgen gewohnt ist (Ulp. D. 3, 5, 5, 14); oder nur einzelne Geschäfte — dann 
darf er diese nicht schädigend verlassen (deserere, Pap. D. 3, 5, 30, 2)2. Auch diese einfachen 
Grundsätze sind im neueren Recht durch Verschnörkelungen verdorben. Für Gegenansprüche 
dient die actio contraria. Vermutlich beide Klagen haben neben der Formula in kactum 
concepta bereits bonae-kidei-Formeln. 
  
§ 73. Altersvormundschaft 3. Aus den zahlreichen Epochen der Geschichte erübrigen 
bei den Klassikern verschiedene Mittel, um den Vormund zur ordnungsmäßigen Verwaltung 
des Mündelvermögens anzuhalten. Daß sie sich nun häufen, verschlägt um so weniger, als 
die Antike dauernd den Vormündern ein berechtigtes Mißtrauen entgegenbringt. Beim 
Antritt des Amts müssen diejenigen Vormünder, die nicht durch das Vertrauen des Vaters 
testamentarisch berufen oder von einem höheren Magistrat nach Untersuchung erwählt worden 
sind, nach Ermessen des Prätors Kaution mit Bürgen stellen (stipulatio rem pupilli salvam 
fore, Gai. 1, 199 f.)#. Zum Tätigwerden ist der in Rom ernannte Vormund seit Mark Aurel 
(Ulp. Vat. 155; D. 26, 7, 1, 1) von selbst verpflichtet. Auch wird es dem Vormund verübelt 
(Ulp. D. 26, 7, 7 pr.), wenn er nicht ein Inventar des Mündelvermögens (Bsp. P. Oxy 1269) 
errichtet. Während der Amtszeit kann Absetzung erfolgen 5. Für die gehörige Verwaltung 
sorgt die nach Beendigung der Tutel (Ulp. D. 27, 3, 1, 24) anstellbare actio tutelae des ge- 
wesenen Mündels, neben welcher von den Zwölftafeln her die Strafklage de rationibus distra- 
hendis wegen Untreue in der Rechnungslegung besteht und die allgemeinen Deliktsklagen 
jetzt auch konkurrieren, da der Vormund nicht mehr Herr des Vermögens ist. Die actio tutelse 
hat aber gewisse, wenn auch jetzt sehr verengte Lücken, z. B. verfolgt sie nur eine schon ge- 
schehene Geschäftsführung (gessisse), wobei es nun genügt, daß der Vormund irgendeine 
Gestionshandlung gesetzt hat, um ihn wegen genereller Verwaltungspflicht einschließlich ge- 
schehener Unterlassungen (Sab.-Cass.-Pap. D. 26, 7, 37 pr.) in Anspruch zu nehmen. Im 
übrigen wird teils mit actio tutelae utilis, teils mit actio negotiorum gestorum utilis nach- 
geholfen f. Man erreicht damit eine ziemlich vollständige Verantwortlichkeit für eine zweck- 
mäßige Wahrung des Vermögens und Anlegung der Kapitalien, so daß der Tutor auch die 
Zinsen aufzuspeichern hat, natürlich nicht ohne dem Mündel Unterhalts- und Erziehungskosten 
angemessen den Verhältnissen (Paul. D. 26, 7, 12, 3) zu leisten. Dazu kommen zahlreich 
herausgebildete feste Verbote. Der Vormund kann nicht gültig sein Vollwort in eigener Sache 
geben (Gai. 1, 184) und Geschäfte mit dem Mündel machen; für Prozesse mit ihm wird letzterem 
ein eigener Tutor bestellt (Ulp. 11, 24). Seine Verfügungen sind vielfach eingeschränkt (§ 118, 2). 
So ist es kein Zufall, daß gerade die Actio tutelae schon in der Severenzeit nicht bloß wegen 
dolus, sondern auch culpa haftbar macht (5 86). Der Mündel genießt übrigens ein persön- 
liches Konkursprivileg, das ihm gegen den Vormund am meisten zugute kommt, und ein Pfand- 
recht an den von seinem Geld erworbenen Sachen7; endlich wegen eines Ausfalls, den er am 
Vormund und dessen Bürgen erleidet, eine „subsidiäre Klage“ gegen die Unterbehörden, die 
einen zahlungsunfähigen Vormund zur Ernennung vorgeschlagen oder insolvente Bürgen 
angenommen haben (Ulp. Fragm. Straßb. 11). 
1 Partsch wird dies im 2. Teil seiner Studien näher darlegen. Vgl. schon Peters 
265. Anders Segreè, St. Brugi S. A. 19. 
2 Peters 269. 
2 Lit. s. § 22; über die Verpeältuse bei Vorhandensein mehrerer Vormünder bes. Peters, 
Z Sav St. 32, 229; Taubenschlag, Vormundschaftsrechtliche Studien (1913) 11I ff. (Zu 
dieser Schrift vgl. Kübler, Kr. Vischr. 52.) Über den Scheintutor und die Justinianische Actio 
protutelae Peters 243; Partsch, Stud. z. Neg. gest. 62. 
4 Rotondi, Appunti sulla stipulatio rem p. s. f. 1912. Taubenschlag 24. 
5 Accusatio wegen crimen suspecti tutoris und postulatio mit folgender remotio, Tauben- 
schlag 27—46. 
"Peters 188—190. Partsch 47. 
7 Solazzi, Bull. 22, 68; Peters 192.
	        
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