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entsprechenden Parteiwillen benötigen . Wegen der Haftung des gestor (actio neg. gest.
directa) ist zu unterscheiden, je nachdem ob er, wie es der ältere Typus wollte, allgemeine
Geschäftsführung übernahm — dann haftet er für Unterlassung derjenigen Geschäfte, die der
Dominus zu besorgen gewohnt ist (Ulp. D. 3, 5, 5, 14); oder nur einzelne Geschäfte — dann
darf er diese nicht schädigend verlassen (deserere, Pap. D. 3, 5, 30, 2)2. Auch diese einfachen
Grundsätze sind im neueren Recht durch Verschnörkelungen verdorben. Für Gegenansprüche
dient die actio contraria. Vermutlich beide Klagen haben neben der Formula in kactum
concepta bereits bonae-kidei-Formeln.
§ 73. Altersvormundschaft 3. Aus den zahlreichen Epochen der Geschichte erübrigen
bei den Klassikern verschiedene Mittel, um den Vormund zur ordnungsmäßigen Verwaltung
des Mündelvermögens anzuhalten. Daß sie sich nun häufen, verschlägt um so weniger, als
die Antike dauernd den Vormündern ein berechtigtes Mißtrauen entgegenbringt. Beim
Antritt des Amts müssen diejenigen Vormünder, die nicht durch das Vertrauen des Vaters
testamentarisch berufen oder von einem höheren Magistrat nach Untersuchung erwählt worden
sind, nach Ermessen des Prätors Kaution mit Bürgen stellen (stipulatio rem pupilli salvam
fore, Gai. 1, 199 f.)#. Zum Tätigwerden ist der in Rom ernannte Vormund seit Mark Aurel
(Ulp. Vat. 155; D. 26, 7, 1, 1) von selbst verpflichtet. Auch wird es dem Vormund verübelt
(Ulp. D. 26, 7, 7 pr.), wenn er nicht ein Inventar des Mündelvermögens (Bsp. P. Oxy 1269)
errichtet. Während der Amtszeit kann Absetzung erfolgen 5. Für die gehörige Verwaltung
sorgt die nach Beendigung der Tutel (Ulp. D. 27, 3, 1, 24) anstellbare actio tutelae des ge-
wesenen Mündels, neben welcher von den Zwölftafeln her die Strafklage de rationibus distra-
hendis wegen Untreue in der Rechnungslegung besteht und die allgemeinen Deliktsklagen
jetzt auch konkurrieren, da der Vormund nicht mehr Herr des Vermögens ist. Die actio tutelse
hat aber gewisse, wenn auch jetzt sehr verengte Lücken, z. B. verfolgt sie nur eine schon ge-
schehene Geschäftsführung (gessisse), wobei es nun genügt, daß der Vormund irgendeine
Gestionshandlung gesetzt hat, um ihn wegen genereller Verwaltungspflicht einschließlich ge-
schehener Unterlassungen (Sab.-Cass.-Pap. D. 26, 7, 37 pr.) in Anspruch zu nehmen. Im
übrigen wird teils mit actio tutelae utilis, teils mit actio negotiorum gestorum utilis nach-
geholfen f. Man erreicht damit eine ziemlich vollständige Verantwortlichkeit für eine zweck-
mäßige Wahrung des Vermögens und Anlegung der Kapitalien, so daß der Tutor auch die
Zinsen aufzuspeichern hat, natürlich nicht ohne dem Mündel Unterhalts- und Erziehungskosten
angemessen den Verhältnissen (Paul. D. 26, 7, 12, 3) zu leisten. Dazu kommen zahlreich
herausgebildete feste Verbote. Der Vormund kann nicht gültig sein Vollwort in eigener Sache
geben (Gai. 1, 184) und Geschäfte mit dem Mündel machen; für Prozesse mit ihm wird letzterem
ein eigener Tutor bestellt (Ulp. 11, 24). Seine Verfügungen sind vielfach eingeschränkt (§ 118, 2).
So ist es kein Zufall, daß gerade die Actio tutelae schon in der Severenzeit nicht bloß wegen
dolus, sondern auch culpa haftbar macht (5 86). Der Mündel genießt übrigens ein persön-
liches Konkursprivileg, das ihm gegen den Vormund am meisten zugute kommt, und ein Pfand-
recht an den von seinem Geld erworbenen Sachen7; endlich wegen eines Ausfalls, den er am
Vormund und dessen Bürgen erleidet, eine „subsidiäre Klage“ gegen die Unterbehörden, die
einen zahlungsunfähigen Vormund zur Ernennung vorgeschlagen oder insolvente Bürgen
angenommen haben (Ulp. Fragm. Straßb. 11).
1 Partsch wird dies im 2. Teil seiner Studien näher darlegen. Vgl. schon Peters
265. Anders Segreè, St. Brugi S. A. 19.
2 Peters 269.
2 Lit. s. § 22; über die Verpeältuse bei Vorhandensein mehrerer Vormünder bes. Peters,
Z Sav St. 32, 229; Taubenschlag, Vormundschaftsrechtliche Studien (1913) 11I ff. (Zu
dieser Schrift vgl. Kübler, Kr. Vischr. 52.) Über den Scheintutor und die Justinianische Actio
protutelae Peters 243; Partsch, Stud. z. Neg. gest. 62.
4 Rotondi, Appunti sulla stipulatio rem p. s. f. 1912. Taubenschlag 24.
5 Accusatio wegen crimen suspecti tutoris und postulatio mit folgender remotio, Tauben-
schlag 27—46.
"Peters 188—190. Partsch 47.
7 Solazzi, Bull. 22, 68; Peters 192.