Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 471 
entstehenden gleichlautenden Formeln bleibt es bei dem grundsätzlichen Erfordernis, daß der 
Kläger die geforderte Summe oder Sache dem Beklagten gegeben hat (pecunia data Cic. 
pro Rosc. com. 5, 14). Dahin fällt, was irrtümlich als geschuldet geleistet wurde (cond. 
indebiti); was in Erwartung einer vertraglichen Gegenleistung (sog. Innominatverträge) oder 
eines Ereignisses (z. B. einer Ehe als Mitgift) gegeben wurde (ob rem, causam); oder zur 
Ausführung eines nichtigen für gültig gehaltenen Geschäftes; oder aus unerlaubtem oder 
unsittlichem Grunde. Nur ob die Juristen von diesem Erfordernis doch Ausnahmen zuließen, 
mag bestritten werden. Eine weitere Schranke bestand offenbar im Anschluß an die Legis- 
aktionengesetze (Gai. 4, 19); condictiones sind nur auf certa pecunia und certa res anerkannt. 
Vermutlich ist diese Schranke überwunden, vielleicht sogar seit spätestens Hadrian (bei Just. 
sog. condictio incerti 1). Aber auf alle erdenklichen Fälle mißbilligenswerten Habens nach 
sformell korrektem Rechtsübergang erstreckten sich die Kondiktionen weder im klassischen, noch 
selbst im Justinianischen Recht trotz dessen außerordentlich starker Verallgemeinerungen durch 
generelle Behelfe (sog. cond. ex lege, c. generalis, rei vindicatio utilis, subsidiäre actio im 
factum) und eine scholastische Rubrizierung der Kondiktionenfälle. 
Als Ziel dachte man die Rückgabe der Sache oder ihres Wertes; je nach Lage des Falles 
berücksichtigte man einen Zuwachs, eine unverschuldete Wertverringerung, worüber aber viele 
Zweifel bleiben #. Der moderne Begriff der „Bereicherung“ (BG#B. 5F 818) geht auf byzan- 
tinische Lehren, diese gehen vermutlich weniger auf die alten Kondiktionen als auf einzelne 
andere Klagen zurück, wo der Beklagte zu geben hatte, um was er locupletior factus est. 
Nicht ohne weiteres gleichbedeutend damit sind die Klagen auf id quod ad eum pervenit (z. B. 
wegen Delikts, § 59) 8. 
  
8. Objekte und Subzjekte. 
§ 77. Erfordernisse der Leistung. Das altrömische Schuldverhältnis braucht Be- 
stimmthe it des Beziehungsgegenstandes wie auch der Personen. Die zu leistende 
Einzelsache und dementsprechend die Gattung der gattungsmäßig bezeichneten Ware muß 
daher in der Außenwelt (in rerum natura) existieren", und zwar jedenfalls zu Anfang der Obli- 
gation, weiter zur Zeit der Litiskontestation, sofern nicht eine wichtige Ausnahme der veteres 
zu Lasten des pflichtverletzenden Schuldners eingreift (§ 86). Der gestorbene Sklave, ein Hippo- 
centaurus, bessen Gattung es ja nicht gibt (Gai. 3, 97; J. 3, 19, 1), sind nicht taugliche Gegenstände 
einer Stipulation oder eines Legats. Das gleiche gilt von den nicht verkehrsfähigen Sachen, 
z. B. einem Begräbnisplatz (Paul. D. 45, 1, 91, 1), von der dem Gläubiger schon gehörigen 
Sache' und gilt auch von dem Tun, das die Natur nicht erlaubt (Paul. D. 45, 1, 35 pr.). Man 
faßt dies auch mit Benutzung der philosophischen Lehre vom Unmöglichen (d56v###ro, Lab. 
Jul. D. 28, 7, 20 pr.; 30, 104, 1) in die Maxime zusammen: impossibilium nulla obligatio 
(TCels. D. 50, 17, 185). Unmöglich ist, was den Gesetzen der Natur widerstreitet und im Objekt 
liegt; wo dagegen nur die Fähigkeiten des Schuldners versagen, wie beim Versprechen eines 
1 Neuerdings gewinnt die schon einmal besiegte Meinung, daß die condictio auf ein incertum 
sachlich unklassisch sei, wieder die Oberhand. Lit. bei De Franoeisci, Duv##Jarl 58. Sie 
ist schwerlich haltbar. 
2 Für die herkömmlichen Behauptungen (s. sogar Girard, Nan. 621 N. 1) sind die 
Quellen nicht einmal betreffs der cond. indebiti schlüssig. Andererseits ist in die verstreuten und 
vermehrbaren Interpolationsvermutungen noch keine Ordnung gebracht. 
2 Vgl. F. Schulz, Die actiones in id quod pervenit etc., Diss. Breslau 1904/5. — In 
zahlreichen Noten scheint Albertario (bisher Rend. Ist. Lomb. 46, fasc. 6, 7, 10, 13, 15 und 
Bull. 26, 90 lalles 1913)) und im nächsten Heft eine künftige These vorzubereiten, daß die Be- 
reicherung als Gegenstand dieser Klagen stets kompilatorisch sei. Das ist sicher eine Übertreibung. 
So kann der oft besprochene Inhalt des Reskriptes des Pius D. 26, 8, 1 pr. u. a. nicht er- 
funden sein; auch nicht gänzlich die auf Labeo zurückgeführte Bereicherungshaftung des Erben, 
vgl. Levy, Sponsio 54 und oben § 59. 
4 F. Mommsen, Beiträge zum Obl.-R. 1 (1853): Brinz, Krit. Uberschau 5 (1858) 
278; Pand. 12, 5# 245 f., 265 f., 276 f.; Hartmann, Die Obligation 1875, Ih. J. 22, 417; 
Rabel, Mél. Gérardin (1907) 473; in Festg. f. Bekker (1907) 171, vgl. Rheinische Z. 3, 467. 
s Gai. 3, 99. Ausnahme: Marcell D. 45, 1, 98 pr. —= (interpol.) D. 18, 1, 61.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.