Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

494 Ernst Rabel. 
wicklung. Der geschichtliche Verlauf vollzieht sich in starker Analogie mit andern Völkern, beginnt 
mit dem Besitzpfand und (später!) der Sicherungsübereignung, und gelangt allmählich zur 
Anerkennung der Verpfändung ohne sofortige Besitzübertragung an den Gläubiger (Hypotheh; 
beginnt mit dem Verfall der Sache, wohl an Erfüllungsstatt 1 und endet in der Anschauung, daß 
das Verkaufen der Sache und das Verteilen des Erlöses unter Gläubiger und Verpfänder das 
Selbstverständliche sei, nachklassisch sogar, daß es das einzig Zulässige sei. Die große Folge- 
richtigkeit der römischen Jurisprudenz bewährt sich immerhin durch die Klarheit, mit der sie das 
vor dem Zahlungstermin bestehende Recht des Pfandgläubigers aus einer Anwartschaft mit 
Hilfe der prätorischen Pfandklage zu einem gegen alle dritten Erwerber der Sache wirkenden 
dinglichen Recht herausarbeitet, Nachverpfändungen ermöglicht, Pfandrecht und sogar Fiducia 
in gehörige Abhängigikeit von der zu sichernden Forderung bringt, ja diese gewonnene Akzessorietät 
gelegentlich auch wieder zu überwinden vermag. Nur wurden diese Fortschritte nicht genügend 
von der Reichsgesetzgebung begleitet. Die unsichtbare Hypothek hätte nicht an der formlosen 
Bestellung des prätorischen Rechts teilnehmen dürfen; nur in Agypten fand sich während der 
Blütezeit des Grundbuchs eine Abhilfe. Die Unsicherheit des Realkredits wurde aber im Laufe 
der Jahrhunderte immer verhängnisvoller, je mehr die eben durch die Hypothek ermöglichten 
mehrfachen Pfandrechte an derselben Sache und Pfandrechte am ganzen Vermögen zunahmen 
und vollends die Spätzeit immer mehr gesetzliche Generalpfandrechte einführte, das Urkunden- 
wesen mit seinen Kautelen aber in Verfall geriet. Im späten 5. Jahrhundert, wo das Gesetz 
K. Leos a. 472 (C. 8, 17, 11) aus öffentlichen Urkunden ein Vorzugspfandrecht heworgehen 
ließ, mag der Mißstand schlimmer gewesen sein als im Prinzipat. 
§ 105. Entstehung des Pfandrechts erfolgt durch Verpfändungsvertrag; zweifelhaft 
ob durch Legat; durch Vollstreckung; von Rechts wegen insbesondere: nach einem aus üblichen 
Klauseln hervorgegangenen Gewohnheitsrecht zugunsten des Vermieters an den eingebrachten 
Sachen des Mieters und für den Verpächter an den Früchten; nach einem SC. unter Marc 
Aurel (D. 20, 2, 1) zugunsten eines Darlehens, das zum Wiederaufbau eines Hauses gewährt 
ist; nach severischen Reskripten zugunsten des Mündels an den mit seinem Geld gekauften Sachen 
(C. 7, 8, 6 u. a.); und wie es scheint, in der Severenzeit zugunsten des Fiskus an dem Ver- 
mögen seiner Steuer- und Kontraktsschuldner 2. 
Die Verpfändung fordert gemäß der Schriftformel der Pfandklage (Lenel Ed. 
§267) 1. den Vertrag, 2. eine in bonis des Verpfänders befindliche Sache, 3. eine zu sichernde 
Forderung. 
1. Der Vertrag ist formlos. Der Besitz der Sache kann dem Gläubiger eingeräumt werden 
und wird zuweilen dem Verpfänder zu prekaristischer oder andersartiger Inhabung, z. B. zur 
Miete, zurückgeliehen. Es ist aber längst auch möglich, ein Pfandrecht ohne Besitzüberlassung 
zu bestellen. Diese Abart des neueren pignus wird in Ermanglung eines lateinischen Sonder- 
namens seit Julian bisweilen, von griechisch beeinflußten Schriftstellern öfter hypotheca ge- 
nannt ?. 
2. Als Gegenstand kann alles dienen, was verkauft werden kann (Gai. D. 20, 1, 9, 1). 
Natürlich ist die körperliche Sache das älteste und wichtigste Objekt, von wo aus die Regeln ent- 
1 Über die letztere Hypothese & 102; der Verfall der Fiduzia ist sicher, derjenige des pignus 
auf Grund der durchaus gewöhnlichen Abreden sehr wahrscheinlich, wie jetzt, mir beistimmend, 
auch Manigk in Realenz., hyperocha II 1 annimmt (anscheinend aber, indem er weitergehend 
als ich gesetzlichen Verfall behauptet). 
* Dagegen Mitteis, PR. 373, N. 68 rücksichtlich der Vertragsschuldner, bes. wegen 
C. 7, 8, 2. Diese Const. erklärt sich aber m. E. aus einer Schwäche der generellen Pfänder, die 
auch die vertragsmäßigen gemäß C. 7, 8, 3 teilen, obgleich sie allerdings ursprünglich davon her- 
kommt, daß die Generalhypothek nur Aussetzung eines Vermögens zu exekutivem Zugriff war. 
Analoges ist daher beim ebenso entstandenen Vermieterpfandrecht bis zur Beschlagnahme (per- 
clusio) wahrzunehmen (Verfügungsbeschr. 89). — Eine Legalhypothek am Vermögen des Tutor 
und Kurator adulescentis (Const. Cod. Theod. 3, 30, 3) läßt sich aus C. 4, 53, 1 für die Severen 
nicht folgern (bestritten), ebensowenig aus Scaev. D. 20, 4, 21 eine vertragsmäßige Übung; anders 
Weiß, Pfandr. Unters. 1, 129. 142. 
* Gegen Fehrs allzuweit gehende Interpolationsannahmen s. Manigk, Hpypotheca, 
noch anders Erman.
	        
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