Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 501 
lichen sich weitererhält, und der noch heute praktische Gedanke an das öffentliche Interesse, das 
bei einer Reihe von Geschäften verlangt, daß sie klipp und Ular gesetzt oder nicht gesetzt werden. 
Beiden Ideen entspricht es, daß die Nichtigkeit des Geschäfts aus aufschiebenden Bedingungen 
und Anfangsterminen nur dann mit ständiger Konsequenz folgt, wenn diese ihren eigentlichen 
Begriff erfüllen, namentlich wenn sie parteimäßig willkürlich erklärt, dagegen nicht, wenn sie 
von der Rechtsordnung selber aufgestellt sind (Rechtsbedingung). Dies geht weit; z. B. die 
Verfügungsmacht des Veräußerers kann in der Schwebe sein, ein verpfändeter Sklave also mit 
schwebender Wirkung freigelassen werden (Scaev. D. 40, 9, 26). 
Ausnahmsweise ist die Erbeinsetzung, die an der Feindlichkeit gegen die aufschiebende 
Bedingung nicht teilnimmt, dennoch eines Anfangstermins unfähig. Das muß mit der Eigen- 
art der Erbenstellung zusammenhängen, drückt gewiß die Absicht aus, den Erben möglichst als 
unmittelbaren Nachfolger des Verstorbenen hinzustellen, gehört aber doch angesichts der Herren- 
losigkeit des Nachlasses, wenn der Erbe hausfremd ist, zu den vielen bisher nicht durchsichtigen 
Elementen des römischen Erbrechts. 
Endtermine und auflösende Bedingungen sind nicht bloß den altzivilen Geschäften, sondern 
darüber hinaus den wie immer begründeten absoluten Rechten, wie Freiheit, väterliche Gewalt, 
Eigentum, Erbesein, schon an sich unbekannt. Es gibt keinen zeitweiligen Sohn (D. 1, 7, 34), 
keine zeitweilige Freiheit (D. 40, 4, 33) oder Ubereignung auf Zeit (Vat. 283), und vom Erben 
gilt: semel heres semper heres. Es ist eine systemwidrige Neuerung, als Marc Aurel einen 
Sklaven, der mit der Auflage verkauft ist, er solle zu einem bestimmten Zeitpunkt freigelassen 
werden, mit dem Termin von selbst frei werden, demnach Sklaverei und Eigentum mit End- 
termin endigen läßt 1. Die Juristen behandeln aber den dies ad quem bei Stipulation, Dam- 
nationslegat, Prädialservituten und vermutlich auch Manzipation nicht als Hindernis des Ge- 
schäfts, sondern als nicht beigesetzt, ja als prätorisch wirksam. Auf die Tradition erstreckt sich 
diese Duldung nicht 2, weil eine Tradition auf Zeit keine justa causa possidendi abgibt. 
§ 112. Aufschiebende Bedingungen, d. h. solche, die die Wirkung des Rechtsgeschäfts 
erst beim Eintreffen eines künftigen ungewissen Ereignisses eintreten lassen wollen (z. B. si 
navis ex Asia venerit), werden im Anschluß an die Norm der 12 Tafeln über den statuliber 
behandelt. Dieser unter der Bedingung der Zahlung eines Lösegelds testamentarisch freigelassene 
Sklove bleibt zunächst Sklave des Erben und jedes, der von diesem erwirbt, trägt aber die be- 
dingte Freiheit mit sich herum; er wird durch Zahlung des Lösegeldes an den Käufer befreit 
(Ulp. 2, 1—4). Die Verfügung des Erben ist also insoweit unwirksam, als sie das bedingte Recht 
beeinträchtigen würde (BG#B. §5161). Nach diesem Muster regeln sich suspensiv bedingte Vindi- 
kationslegate (Gai. 2, 200) und sicherlich alle dinglichen Verfügungen überhaupt, vermutlich 
auch obligatorische Verpflichtungen 3. Das bedingte Recht ist noch kein Recht, aber es bringt 
ihm schädliche Verfügungen ebenfalls zur Schwebe. Diese beiden Seiten des Verhältnisses 
werden im großen ganzen durchgeführt, ergeben aber zusammen manche Kontroversen für 
die Juristen und manche Zweifel für uns. 
Das bedingte Recht ist während des Schwebens der Bedingung noch nicht existent, und 
der Eintritt der Bedingung macht das bedingte Rechtsgeschäft „perfekt“, d. h. erst von da ab 
entfaltet es seine normalen Wirkungen. Wer bedingt sein Eigentum übertragen hat, ist noch 
einstweilen Eigentümer, veräußerungs- und fruchtberechtigt. Wer bedingt gekauft hat, trägt 
noch nicht die Gefahr des Untergangs der Soche, weil beim Eintritt der Bedingung die Sache 
vorhanden sein muß, und beginnt, wenn er den Besitz der Sache erhalten hat, bis dahin noch 
nicht zu ersitzen (Paul. D. 18, 6, 8 pr.); während dann erst wahr zu sein braucht, daß eine ge- 
kaufte, stipulierte, legierte Sache dem Erwerber nicht gehört oder für eine zu erwerbende Ser- 
vitut das herrschende Grundstück dem Erwerber zusteht ". 
  
1 Paul D. 40, 8, 11: Lotmar, Zavst. 33, 360. 
*„ Mitteis, Pli. 192. Zu Diocl. Vat. 283, verändert in C. 8, 54, 2 Mitteis 164 
R. 47; Senn, Etudes Girard 1, 283. Über die lebenslängliche Rente Ferrini, Legati 483; 
Mitteis, 86avSt. 22, 135; RP. 102f. 
4 Mitteis P. 172. 
Pomp. p. 45, 1, 31; Marcell. D. 18, 1, 61; 45, 1, 98 pr.; Ulp. D. 30, 41, 2.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.