Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

Grundzüge des römischen Privatrechts. 503 
klage oder, wenn der Hauptvertrag erfüllt wurde, eine Klage auf Rückgängigmachung desselben 
nach allgemeinen Grundsätzen der Pakta: also nach den klassischen Prinzipien dann, wenn der 
Nebenvertrag als pactum adiectum eines bonae-hidei-Kontrakts erscheint. Trifft dies zu, so 
hilft, wie immer, die aus dem Kontrakt fließende Klage das Paktum durchsetzen, indem sie auf 
Rückgängigmachung der Vertragserfüllung gerichtet wird. Die actio venditi gilt so für die 
In diem addictio und für die Lex commissoria, wonach der Verkäufer zurücktreten kann, wenn 
der Käufer nicht rechtzeitig den Preis zahlt, die actio empti für das Rücktrittsrecht des Käufers 
bei Mißbilligung der Ware (pactum displicentige) 1. Bedenken erregte offenbar eine ebensolche 
Einverleibung des Wiederkaufsrechts in den Kaufvertrag noch bei Proc. D. 19, 5, 12, der eigens 
eine actio in factum geben wollte, doch führen die Severen auch da die actio ex vendito durch 7. 
Fraglich erschien zunächst die Stellung des Käufers, der die Sache tradiert empfing, in 
der Zwischenzeit bis zum Eintritt der Bedingung, weil sein Besitzgrund nicht unbedingt Dauer 
verheißt. Die Juristen nehmen sich seiner an, nicht ohne über die einzelnen Fälle zu streiten. 
Wir sehen hauptsächlich nur, daß seit Julian viele dem Käufer bei In diem addictio (D. 41, 4, 
2, 4), Lex commissoria (cod. § 3), Pactum displicentiae (ebd. § 5) Ersitzungsbesitz, Fruchtziehung 
und publizianisches Recht gewähren 3. Entsprechend trägt er aus dem Kauf die Gefahr (Jul. 
Ulp. D. 18, 2, 2, 1). Die Begründung lautet bei Ulpian eben, daß der Kauf unbedingt erfolgt 
und nur das pactum bedingt ist (D. 18, 2, 2; 18, 3, 1). Andere bestreiten diese Konstruktion, 
indem sie den Kauf selbst für bedingt ansehen, und da gelangen einzelne vielleicht wirklich bereits 
zu einer wahren auflösenden Bedingung. Nach D. 18, 2, 2 soll Ulpian selbst beide Auffassungen 
je nach Auslegung des einzelnen Falles zulässig erklärt haben; doch mag hier leicht Tribonians 
Ausgleichungsbedürfnis reden ". 
Gesetzlich statuiert ist seit Hadrian (C. 4, 56, 1) durch Reskripte das dingliche Verfallsrecht 
des Sklavenverkäufers, der sich die Abführung (abducendi potestas) oder manus iniectio vor- 
behält, falls die Sklavin prostituiert oder der Sklave (von dem er Lebensnachstellungen fürchtet) 
nicht exportiert wird 5. 
§ 114. Unechte und besondere Bedingungen. Kasuistisch verschieden werden Bedingungen 
verhandelt, die nicht der normalen Figur entsprechen, namentlich in der Neigung, Testamente 
und Freilassungen zu begünstigen: so die condiciones in praesens vel praeteritum collatae, bie 
auf gegenwärtige oder vergangene Umstände abstellen und keineswegs „schlechthin als Nicht- 
bedingungen anzusehen sind“"; cond. impossibiles, deren Eintritt unmöglich ist, und in Erb- 
einsetzung, Vermächtnis und letztwilliger Freilassung nach sabinianischer Lehre meistens ge- 
strichen werden?; die diesen — nicht umgekehrt — analog gesetzten cond. turpes, die dem Ge- 
schäft eine unsittliche Tendenz aufdrücken 2. In die Willkür des Verpflichteten läßt sich im Wege 
der Bedingung: „wenn du geben willst“ eine Obligationsbindung nicht setzen ?. 
1 Add. in diem: Jul.-Ulp. D. 18, 2, 4, 4. Lex comm.: Pomp. D. 18, 1, 6, 1; bestätigt 
durch Severisches Reskript bei Ulp. D. 18, 3, 4 pr. Pactum displic.: Sab. D. 18, 5, 6, wozu 
vermutlich nicht Paul., sondern Trib. eine Ao. in factum fügt; jedech nicht, weil er Ao. prae- 
scriptis verbis will de Francisci, Du######pp##1, 285), was er sagen würde, sondern weil 
er auf das vom Adil in seinem Edikt vorgesehene ludicinm in factum aus Pactum displicentiae 
(Ulp. D. 21, 1, 31, 22, Lenel, Ed. # 293 Nr. 7) hinweisen will; dessen Entstehung dürfte vor 
die Anwendung der Actio empti zu datieren sein. 
2 C. 4, 54, 2 Lpraescriptis verbis vel] itp., Pernice 2, 1, 186;de Franecisci 283. 
m t Wie sid vie ausdrücklichen Quellenaussprüche auf die einzelnen Klauseln verteilen, zeigt 
itteis, N. 67. 
4 Dies (ähnlich Senn, Nouv. rev. 1913, 275—310) und alles übrige ist unter den Heutigen 
fern von Anerkennung. Mitteis, PH. 185 N. 70, glaubt wenigstens die dingliche Auflösungs- 
kraft der Lex commissoria seit Julian sicher. Aber von den 3 angeführten Stellen beziehen sich 
mindestent zwei, Scaev. D. 18, 3, 8; Carac. C. 4, 54, 1 auf Arrhalgeschäfte hellenistischer Art, 
oben #% 
*s Haymann, Freilassungspflicht und Reurecht. 
Hierüber s. Mitteis, ZSavöt. 32, 11. 
AAlibrandi, 0pere I1, 205; Scialoja, Bull. 14, 5; Bucnamici, Baull. 8, 31; 
Ferrini, Pand. 178; Manenti, St. Scialoja 1, 391; Rabel, Mél. Gérardin 488, 491; 
Mitteis, PR. 171. 
" Ferrini, Teoria dei legati 334. 
* Stip.: Paul. D. 45, 1, 46, 3; Kauf: Ulp. D. 18, 1, 7 pr. Diocl. C. 4, 38, 13. Nicht 
dazu gehört der viel besprochene Kauf auf Probe. Lit. bei Raape, Die Wollensbedingung. 
 
	        
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