Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

510 Ernst Rabel. 
duod iussu, als hätte er selbst den Vertrag geschlossen 1. Rüstet er den Sohn oder Sklaven mit 
einem Erwerbsfonds (peculium) aus, so gilt dies als eine Ermächtigung an alle Dritten, mit 
dem Gewaltunterworfenen Geschäfte mit Beziehung auf das Pekulium zu schließen, derart, 
daß der Hausvater bis zum Betrag des Pekulium (dumtazat de peculio) haftet. Dazu gesellt 
sich allerdings eine zweite Haftung auf so viel als aus einem Geschäft mit dem Sohn oder 
Sklaven in das Vermögen gelangt ist (si quid in rem inde versum est). Aber neuerdings ist 
nicht ohne Grund behauptet worden, daß die Versionshaftung nicht bloß im prätorischen Album 
kein selbständiges Formelblankett aufweist — wie Lenel dartat —, sondern immer nur auf der 
fakultativen Einfügung der Klausel sive si quid etc. in die Pekuliarklage beruht, also als selb- 
ständige Formel nicht geltend gemacht werden kann 2. Erforderlich wäre danach die geschehene 
Erteilung des Pekuliums und daß das Geschäft sich auf dieses bezog. Nicht erforderlich ist nach 
den Grundsätzen der actio de peculio selbst, laut der überwiegenden Ansicht der Römer (D. 15, 
1, 30 pr.), daß das Pekulium schon bei der Litiskontestation solvent ist, und die kombinierte actio 
de peculio deque in rem verso hat jedenfalls ihren Wert durch die Verurteilung auf den Ver- 
mögenszuwachs bei Insolvenz des Pekuliums auch zur Zeit des Urteils (Ulp. D. 15, 3, 1 pr.) 
oder wenn es sine dolo malo eingezogen und die actio annalis nicht mehr anstellbar ist (vgl. Ulp. 
D. 15, 2, 1, 10). Zur Ergänzung dienen nämlich einige Hilfsklagen, darunter eine actio annalis 
de peculio binnen eines Jahres nach dem Tod oder der Freilassung des Sohns oder Sklaven; 
fermer eine actio tributoria wegen doloser Verteilung eines Handelsvermögens (merx pecu- 
liaris) durch den Gewalthaber. Daß die eifrige Arbeit der Juristen an diesen Formeln über den 
Grundgedanken hinaus zu mehrfacher Ausdehnung führt, nimmt nicht wunder. Rein tritt der- 
selbe aber schließlich in den vom Prätor wegen freier und unfreier Angestellten zugebilligten 
actiones institoria und exercitoria hervor. Der Reeder (exercitor), der seinem Schiff einen 
magister navis vorsetzt, damit er Kapitäns- und Seehandelsgeschäfte treibe — wie das bei den 
Griechen im Gegensatz zu den Italienern heute noch vorteilhafte Ubung ist —, und der Kauf- 
mann, der einem bestimmten Gewerbezweig, z. B. Olhandel, Lagerhaus, Lombardgeschäft, 
einen ständigen Handelsbevollmächtigten (institor) vorsetzt (praeponit), haftet den Gläubigem 
je nach dem Umfang der Anstellung, bestimmt durch Gattung oder Zweck der abzuschließenden 
Verträge und je nach der gehörigen Kundbarmachung ihrer Einschränkungen (z. B. durch Plakat 
im Laden, Ulp. D. 14, 3, 11, 2—6) — er haftet also im Rahmen einer begrenzten offenen Voll- 
macht, die in der Anstellung erblickt wird, auf die ganze Schuld 5. 
b) Daß die aktive Prozeßführung durch einen dem Beklagten mit solennem Spruch 
„gegebenen“ Kognitor (Gai. 4, 83) das Recht des Klägers ebenso stark berührt, als führte 
der Vertretene selber den Prozeß, beruht auf seiner Erklärung, die nach alten Rechtsbegriffen 
mündlich vorgenommen sein muß. Diesem Verhältnis entspricht vielleicht noch vielerlei in 
der späteren Geschichte der Prozeßvertretung, sicher, daß schließlich nach Pap. Vat. 331 der 
Vertreter eines Anwesenden — der ihn hindern könnte! — gleich einem Kognitor gilt, und 
daß nach Mod. D. 3, 3, 65 die Bestellung gegenüber dem Gegner durch Schriftsatz erfolgen 
darf. Aber auch im übrigen sind alle Prozeßvertreter dem Kognitor in dem Maße ange- 
glichen worden, als man die Prozeßvollmacht für genügend sicher hielt, um die solenne Er- 
klärung zu ersetzen "“. 
J) Die einem Schuldner erteilte Anweisung, an Titius zu zahlen, bindet den Gläubiger 
an die befreiende Wirkung einer gutgläubigen Zahlung auch dann, wenn er inzwischen dem 
Titius mit interner Instruktion die Empfangnahme verboten hat (Jul.-Afr. D. 46, 3, 38, 1). 
Eine gleiche Inkassovollmacht an einen Sklaven gilt als den Dritten erklärt, falls man ihn 
1 Diese Klage setzt m. E. stets ein iussum an den Dritten voraus; interne Instruktion an 
den Gewaltunterworfenen genügt nicht (Festschr. f. Zitelmann S. 23). Natürlich kann iussum 
den Befehl bedeuten und verpflichtet so nicht bloß den Gewalthaber, sondern jeden Befehlenden 
als mittelbaren Täter wegen Delikts. Stellen bei Mommsen, Röm. Strafrecht 77f. 
„: Solazzi, Studi Brugi (1910); fest bewiesen ist seine These nicht, besonders auch nicht 
durch Gai. 4, 74. 
*„ Lenel, Ih. J. 36, 131; Hupka, Vollmacht 205; Rabel a. a. O. 9. 
120 enger, Aactio iudicati 176—222; vgl. Koschaker, Translatio iudicü (1905)
	        
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