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Vormundschaft durch eine Actio utilis für oder gegen den Mündel ersetzt. Bisweilen wird
die Insolvenz eines Mittelsmannes zugunsten des Drittkontrahenten, manchmal auch zu-
gunsten des Prinzipals durch eine Actio utilis unschädlich gemacht; beispielsweise erhält der
Chef eines zahlungsunfähigen Institor eine Klage gegen den Dritten (Marc.-Ulp. D. 14, 3, 1 a. E.;
Paul. D. 46, 5, 5; Gai. (7) D. 14, 3, 2) — der Vorläufer zu DH#GB. 9392 Abs. 2, wonach
die Forderung des Kommissionärs gegen den Dritten dem Kommittenten verfangen ist. Das
muß Ausnahme bleiben, weil der Vertreter selbst dem Dritten auf Erfüllung persönlich haftet.
Als nichtig ausgeschlossen sind unter allen Umständen Stipulationen, die auf fremden
Namen lauten 1. Verspricht ferner ein Vertreter durch Stipulation im fremden Interesse,
obgleich im eigenen Namen, so schlägt häufig der Gesichtspunkt durch, daß damit der dritte
Gläubiger ihm Kredit gewährt hat und aus keinem Grunde mehr den Prinzipal verantwort-
lich machen darf 2.
Mühsam ist die Entwicklung des Besitzerwerbs durch Freie, die selber den Besitzwillen
fassen sollen. Vom Vormund ist es, ungeachtet heutiger starker Bestreitung, ziemlich sicher,
daß er dem Mündel Besitz und daher auch Traditionserwerb direkt vermitteln kann, desgleichen
für das 3. Jahrhundert von dem für einen ganzen Geschäftskreis bestellten Prokurator. Die
übrigen schwierig abgerungenen Fortschritte sind uns in der Kompilation teilweise bis zur
Unkenntlichkeit verdeckt. Denn Justinian läßt auch durch freie Personen ohne Wissen des
Vertretenen Besitz erwerben und verallgemeinert den Satz: per (procuratorem (vel tutorem?))
ignoranti quoque adquiri possessionem receptum est (z. B. C. 7, 32, 1 a. 1960) zu dem Prinzip:
per extraneam personam nibil adquiri posse excepto eo duod per liberam personam
etiam ignorantibus vobis adquiri possessionem (J. 2, 9, 5). Hierdurch reiht er übrigens
den Besitzerwerb durch Dritte völlig unter die Stellvertretung ein, was der modermen
Dogmatik schädlich geworden ist. Freilich macht gerade das römische Erfordemis des Besitz-
willens den Erwerb des Besitzes zu einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung.
Im ganzen dürfte der nichts weniger als abgerundete spätklassische Rechtszustand den
praktischen Bedürfnissen seiner Zeit doch nicht übel genügt haben. Durch die Sklavenwirt-
schaft und die weitgehende Sonderbehandlung der beamteten und gewillkürten ständigen Ver-
treter samt dem System der Doppelhaftung war für die Hauptfälle gesorgt. Das übrige tat
der Magistrat, zumal wie es scheint, in der extraordinaria cognitio. Tatsächlich zeigen die
reichen Zeugnisse aus dem ägyptischen Erwerbsleben eine verblüffende Fülle ungezwungener
Repräsentationen. Es wird deshalb gezweifelt, ob die Theorie sich im schroffen Gegensatz
zur Praxis hielt. Indessen möchte ein Vergleich der römischen Entscheidungen und Anschau-
ungen mit den einzelnen Fällen der Papyrusurkunden wohl ergeben, daß die gedanklichen
Grundlagen überall dieselben waren und höchstens gelegentlich eine doktrinäre Sentenz der
kaiserlichen Kanzlei einer gesunden Rechtsprechung ein Hemmnis bot.
§ 121. Die Schenkung? zeichnet sich sowie die Mitgiftsbestellung nicht durch ihre
juristische Form aus, die vielmehr in jeder Gütewerschiebung bestehen kann, sondern durch ihren
Zweck. Seinethalber bestehen viele abträgliche Rechtssätze. Der unentgeltliche Erwerber
genießt manche Vorteile sonstiger Erwerber nicht" und zieht die Anfechtung des Pflichtteils-
berechtigten sowie leicht diejenige der Gläubiger (z. B. Ulp. D. 42, 8, 6, 11 Satz 1) auf sich.
Vor allem beschäftigen die Römer die Verbote der Lex Cincia und betreffs der Schenkung
unter Ehegatten. Das Cincische Plebiszit 294 v. Chr. verbot munera, vor allem zu hohe
Honorare an Advokaten, die solche oft erpreßten, und viele kaiserlichen Anordnungen mußten
dieses Verbot erneuern ; sodann Schenkungen über ein bestimmtes, uns nicht bekanntes Maß
1 Schwerlich auch sonstige, Sakelchweige denn etwa ein Kaufvertrag im fremden Namen, wie
er in der Praxis oft vorkam. 4, 7, 11 ist itp. loben § 117 nach Eisele-Krüge *
Die rtcrrs wrm rr in C. 6 12, 26; C. 4, 50, 6, 3 (7), s. & 117, paßt keinesfal
auf die klassische Stellvertretungslehre *P den adjektizischen Klagen, M tteis. P. 216.
* Bal. Mitteis, PR. 224 N. 68; Rabel, a. a. O. 20.
„ Ascoli, Stud. 6 doc. 14, 245; “ delle donazioni, Fir. 1898; Perozzi, Arch.
giur. 58, 313; 527; Mitteis, P. ¾ 10 (bes. zur Lex ikweiegen Zit.
4 Val. -itkeis, PR. 112 N. 51; 114 N. 57; und betreffs der Delegation oben # 96.
*s Girard, BSavt. 34, 308 N. 3.