Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Erster Band. (1)

540 Ernst Rabel. Grundzüge des römischen Privatrechts. 
berechnen (Gai. ebd. 1. 77). Weitere Bedachte, auch der Universalfideikommissar, haben keine 
Quart, sondern nur ein ihrem eigenen Verlust proportionelles Abzugsrecht. 
Während die Erbengläubiger gegen den Antritt einer insolventen Erbschaft schutzlos sind, 
weil sie der Person des Erben kreditiert haben und dieser seine Gläubiger vermehren darf 
(Ulp. D. 4, 6, 1, 2), wird den Erbschaftsgläubigern Rücksicht geschenkt, ganz folgerichtig mit 
der Einschränkung: sofern sie sich nicht mit dem Erben selber neu einlassen (heredeem sequi, 
ebd. & 10). Sie dürfen gegenüber einem im Verdacht der Zahlungsunfähigkeit stehenden 
Erben Kaution verlangen (Ulp. D. 42, 5, 31) und — unsicher, in welchem Verhältnis damit, 
vielleicht auch bloß gegen den Testamentserben — Nachlaßabsonderung begehren (Lenel, 
Ed. § 223). Damit erlangen sie nach Prüfung des Magistrats den ausschließlichen exekutiven 
Zugriff auf den Nachlaß, verlieren aber die persönliche Haftung des Erben mit seinem Ver- 
mögen, und zwar mindestens nach der letzten klassischen Ansicht auch hinter den Erben- 
gläubigern 2. 
§ 143. Willensvollstreckung 3. Als Vollstrecker war vielleicht der Treuhänder im 
Manzipationstestament gedacht, etwa in der Epoche, als der jüngere, noch im Prinzipat gel- 
tende Spruch entstand, daß er das Vermögen in seine mandatela custodelaque empfange 
(Gai. 2, 104). Doch seitdem er dem heres wich, ist es dessen Recht, den letzten Willen durch- 
zuführen, und man beschränkt den Erben nie durch einen Vollstrecker des ganzen Testaments. 
Dies erklärt sich aus der unbeschränkten Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten, 
deren Mangel bei erblosen Vermächtnistestamenten für Griechen, Byzantiner und Germanen 
die Vollstrecker zur gewöhnlichen Erscheinung macht. 
Eine gewisse Drohung gegen den Erben enthält die Erbunwürdigkeit derer qui cont# 
voluntatem defuncti faciunt (Paul. 3, 5, 13). — Gläubiger, Vermächtnisnehmer und Mit- 
erben haben ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen und sind darin in zunehmendem 
Maße geschützt. Wegen sonstiger Beschwerungen wird der Erbe nicht gerade systematisch, 
aber doch nicht unwirksam beaufsichtigt, namentlich wenn die Errichtung eines Grabmals oder 
Stiftungsbauten, Sklavenfreilassung, Unterhalt von Freigelassenen u. dgl. auferlegt sind. Die 
Kontrolle besorgen teils die Miterben, teils geistliches und behördliches Eingreifen . Am 
besten sorgt der Erblasser selbst durch allerlei Hilfen, die wir kennen gelernt haben, insbesondere 
durch die Gestaltung seines Wunsches als Bedingung der Erbeinsetzung oder indem er einem 
Vertrauensmann, sei es einer der Erben oder ein Dritter, unter Lebenden eine Zuwendung 
macht (I§ 116. 124) oder ihm ein Vermächtnis hinterläßt und ihm den Vollzug der gewünschten 
Handlung durch Auflage (Pius bei Paul. D. 35, 3, 7), sicherer durch Bedingung (Jul. D. 30, 
96, 3) oder Fideikommiß (Scaev. D. 31, 88, 1, wohl auch Pap. D. 3, 5, 30, 4) überbindet. 
Einen mit Vermächtnissen und Auflagen vollbeschwerten Erben zu ernennen, ist wegen der 
ausgedehnten Geltung der Lex Falcidia kaum mehr angängig, da er doch das Viertel der Erb- 
schaft zurückbehalten darf. 
1Oertmann, Grünhuts Z. 17, 257; Ih. J. 34, 82; Solazzi, Bull. 11, 248;Ba viera, 
Commodum separationis, Bol. 1901; Ferrini, Bull. 13, 32; Fadda, Concetti fond. 2, 348; 
Milani, Studi e doc. 25 (1904) 3. 
: Paul. u. Ulp. D. 42, 6, 5; 1, 17. Anders Pap. eod. 1. 3 52, für itp. gehalten von Costa, 
Pap. 3, 195; Ferrini, Arch. giur. 63, 549; Fadda, 407; dagegen Solazzi 258; 
Baviera 89; Milani 49. 
:*2 Schulin, Das griech. Testament 54; Deutsch, Die Vorläufer der heutigen Testa- 
mentsvollstreckung, Gött. Diss. 1899; Lambert, Etudes de droit commun 1 (1903) 446; 
Appleton, Testament romain 107; Ehrlich, 838#gRechtsw. 17, 99; Mitteis, PM.. 
1, 105, N. 30; Schupfer, Riv. ital. 47, 303; 54, 138 (über Roberti); Roberti, Le origini 
dell’ esecutore testamentario (Studi econ.-giur. Cagliari 5, 2) Mod. 1913; Bruck, Grünhuts Z. 
40 (1914) 533. Lit. zur Auflage § 116. — Über die griechischen und hellenistischen Willensvo 
strecker noch Gelegentliches bei Kübler, 8SavSt. 28, 183; 31, 189; Bruck, Schenkung auf 
den Todesfall 1, 145; a. a. O. 569; Rabel, ZSavöt. 30, 474; Mitteis, Gdz. 239; Tri- 
antophyllopoulos, 0 Oal#lstoc vótoc 64. 
4* Mitteis a. a. O.
	        
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