Bürgerliches Recht. 105
Man könnte allerdiugs entgegenhalten, daß mit der Zahlung die Ansprüche des Gläubigers
erlöschen und mithin ein solcher Ubergang nicht möglich sei. Allein dies ist unrichtig: mit der
Bezahlung des Gläubigers erlöschen seine Ansprüche nur relativ; sie bleiben bestehen, soweit
nötig, um die Rückgriffsansprüche des Zahlenden zu decken.
Doch gilt hier überall der Grundsatz: nemo subrogat contra se; wenn die Zahlung nur teil-
weise erfolgt, so daß für einen Teil der Summe die Subrogation stattfindet, für den anderen Teil
der Gläubiger Gläubiger bleibt, so soll der Eintritt des Zahlenden nie bewirken, daß der Gläubiger
bezüglich seiner Restforderung zu kurz kommt; kann also nicht alles vom definitiven Schuldner
eingebracht werden, so kommt erst der Gläubiger, dann erst der subrogierte Zahler: die Sub-
rogation soll nur so erfolgen, daß der Gläubiger nicht ungünstiger gestellt wird, als wenn der be-
zahlte Teil der Forderung durch Zahlung nicht relativ, sondern absolut erloschen wäre. Schon
im gemeinen Recht sagte man, der Gläubiger sei zur cessio actionum nur soweit verpflichtet,
als sie ohne seinen Schaden geschehen könne. Man denke sich, daß der definitive Schuldner in
Konkurs ist und von der Summe von 1000 nur 600 eingebracht werden können. Hat hier der
subrogatus 500 bezahlt, während 500 als Forderung des Gläubigers noch ausstehen, so erhält
der Gläubiger von den 600 Mark 500, während der subrogatus sich mit den restierenden 100 Mark
begnügen muß, § 268 BGB.
II. Besonderer Teil.
1. Rechtsgeschäfte.
Erstes Buch.
Gütertausch.
a) Austauschgeschäfte über Gegenstände.
1. Kauf und Tausch !#
§# 72. Der Kauf ist im BG. so geregelt worden, wie die kanonische und französische
Entwicklung es zur Notwendigkeit machten: der Verkäufer muß nicht nur dafür einstehen, daß
der Käufer nicht aus seinem Besitz verdrängt wird, sondern er muß für die ÜUbertragung des vollen
Rechts einstehen, also für die Ubertragung des Eigentums, wenn es sich um eine Sache, oder
des Forderungsrechts, wenn es sich um eine Forderung handelt :. Die Folge ist die, daß, wenn
die verkaufte Sache eine fremde ist, der Käufer ohne weiteres erklären kann, daß der Verkäufer
seinen Pflichten nicht genügt habe: der Käufer kann also verlangen, daß ihm nachträglich das
Eigentum übertragen wird, und wenn dies nicht geschieht, so kann er vom Vertrage zurück-
treten oder Entschädigung wegen Nichterfüllung begehren. Das römische Recht hatte das höchst
unangemessene System, daß der Käufer, abgesehen vom Falle der Arglist, sich so lange zu-
frieden geben mußte, als nicht der Eigentümer ihm die Sache von Rechts wegen abzwang; was
zu der unleidlichen Konsequenz führte, daß er gewissermaßen genötigt war, eine fremde Sache
für sich zu fruktifizieren oder als eine eigene Sache in den Handel zu bringen, wodurch er doch
nichts anderes als lauter Unterschlagungen und Hehlereien beging. Daß es einst Juristen gab, welche
für dieses System eintraten, muß verwundern; es ist jetzt mit Recht verworfen worden s.
Damit ist nicht gesagt, daß der Verkauf einer fremden Sache stets nichtig ist, denn man
1 Lehrbuch II S. 78 f., 235 f., 294 f.
Auch der Kauf einer nicht bestehenden Forderung ist Kauf eines fremden Gegenstandes;
denn hier wird die dem Verkäufer nicht zustehende Pflichtsphäre des angeblichen Schuldners und
damit etwas dem Verkäufer Fremdes veräußert. Vgll. OLG. Hamburg 1. November 1901 Mug-
dan IV S. 213, 214.
: Ich habe es von jeher bekämpft, so in meinem Ausfsatz über den Kauf einer fremden Sache
(Gesammelte Abhandl. S. 223); neuerdings habe ich (12 Abhandlungen zum BG. II S. 53 f.)
gezeigt, welche Verdienste das kanonische Recht und die Moralisten hatten, indem sie, entgegen dem
römischen Rechte, die richtige Lehre vertraten. Treffendes auch bei Rabel, Haftung des Ver-
käufers S. 164 f., 256 f.