Bürgerliches Recht. 133
irgendeinen Unfug polizeiliche Nachforschung nötig machte und dadurch den Staat in Kosten
stürzte u. a. Dahin gehört es auch, wenn jemand durch Haltung eines Unzuchthauses die
Nachbarschaft stört und belästigt 1.
In einer Reihe von Fällen, in welchen man den § 826 anruft, liegt eine Verletzung des
Persönlichkeitsrechts (also § 823) vor?; so wie bereits bemerkt:
1. In den Fällen des unlauteren Wettbewerbs),
2. in der Unterstützung des Vertragsbruchs, wenn man durch späteren Vertrag die persönliche
Tätigkeit des Schuldners so sehr in seine Gewalt bekommt, daß er zur Erfüllung seiner Vertrags-
pflichten unfähig wird". Dergestalt ist insbesondere das Abspenstigmachen von Arbeitern, welche
man veranlaßt, vorzeitig ausihrem Dienstzu treten, damit mansiein seinen Dienst einstelle. Aber auch
schon das gehört hierher, wenn jemand einen solchen Arbeiter, von dem er weiß, daß er vertrags-
brüchig ist, in seinen Dienst aufnimmt, denn er nützt dadurch die Vertragsbrüchigkeit aus. Im
Gewerberecht ist dies anerkannt, bei dem Lehrvertrag § 127 g und bei Gesellen und Fabrikarbeiter
in #§ 125 und 134. Ja, in letzterem Falle ist sogar bestimmt, daß, wenn der Arbeitsherr auch
nur nachträglich erfährt, daß er es mit einem abtrünnigen Arbeiter zu tun hat, er ihn, falls nicht
bereits zwei Wochen verstrichen sind, aus dem Dienste entlassen muß, ansonst er entschädigungs-
pflichtig wird.
In gleicher Weise kann ein Dritter verantwortlich sein, wenn er, das Konkurrenzverbot
kennend, den Handelsgehilfen bei sich einstellt 5.
Hierunter fällt
3. der Erwerb einer bereits einem anderen veräußerten Sache unter den oben (S. 44)
entwickelten erschwerenden Umständen.
Hierunter fällt
4. die arglistige Rechtsvereitelung. Man kann die Persönlichkeit dadurch verletzen, daß
man in gesellschaftswidriger Weise in ihre Sphäre eingreift und dadurch das Entstehen ihres
Rechts verhindert; so z. B. eine Annahmeerklärung soll am bestimmten Tage eintreffen,
ansonst sie verspätet ist, und man besticht den Boten, so daß sich die Erklärung verspätet (für
die Bedingung ist dieser Gedanke in § 162 BG#B. weitergesponnen worden).
Hierher gehört
5. der Fall des Rechtsmißbrauchs. Nicht jede Anwendung des Rechts innerhalb seiner
Schranken ist anständig und gesellschaftlich zulässig. Solcher Rechtsmißbrauch liegt
a) in der Rechtsschikane (§ 226 BGB.), d. h. einem Handeln, das nur den Charakter haben
kann, einen andern zu schädigen;
b) in der Verwendung des Rechts gegen seinen Sinn und seine gesellschaftlichen Zwecke
unter Nichtachtung der Persönlichkeit Dritter. Insbesondere gehört hierher das Sicheinschleichen
in fremde Arbeit: so ist es bei der Entlehnung von Zeitungsartikeln; noch das neue Autorgesetz
gestattet eine weitgehende Entlehnung; allein diese darf die Grenzen von Anstand und Sitte
nicht überschreiten; so die Entlehnung fremder Sportsnachrichten mit Hilfe gesellschaftswidriger
Maßnahmen s. Anderseits gehört hierher die über das Maß hinausgehende Bedrückung anderer
unter Benutzung des genossenschaftlichen Einflusses. So die Ausschließungs-, Boykottverträge:
1 So die ständige französische Praxis; so nun auch deutsche Gerichte, namentlch OLG. Kolmar
10. Oktober 1902 Mugdan V S. 386 und die von Ortloff, Arch. f. b. R. XXVI S. 335
zitierten weiteren Entscheidungen. Es ist juristische Pedanterie, wenn man eine Wenn zurück-
weist, die auf das Verbot eines derartigen Verhaltens hinzielt; vg den Fall RG. 8. April 1911
Entsch. 76 S. 130. Dagegen kann die Polizeibehörde wegen duld ung eines Prostitutionshauses
nicht in Anspruch genommen werden, Hamburg 3. März 1904 Mugd. XII 113.
Es ist schon ein großer Fortschritt, daß das RG. annimmt, daß auch in Fällen des uten
Glaubens ein Unterlassungsanspruch kraft des § 826 möglich ist, RG. 8. Februar 1912 Entsch. 79 S. 17.
assstet der 1nrasangsanbrh ein Zeugnis des Persönlichkeitsrechts; vgl. R G. 15. Imluuct
12 Entsch. 78 S
* Vgl. mein Wtl Unlauterer Wettbewerb (1914) S. 17f.
" Bol Buschs Arch. f. Handelsrecht 48 S. 348 f. Unrichtig Kammergericht 8. Oktober
1901 Mugdan IV S. 54
* R. 10. Dezember 1912 Entsch. 81 S. 80. Dagegen ist nicht jede Unterstützung des Vertrags-
bruchs eine Widerrechtlichkeit gegen den Vertragsgegner, RWG. 25. November 1911 Entsch. 78 S. 14.
* Vgl. mein Schriftwerkrecht S. 448 f., Arch. f. b. RP. XXVI S. 195.