Bürgerliches Recht. 167
nung abzulegen, §§ 1837, 1839, 1840 f. Die Obervormundschaft selbst ist für die richtige Kon-
trolle verantwortlich, ös 1837, 1848. Eine Sicherheitsleistung kann dem Vormund nach Er-
messen der Obervormundschaft auferlegt werden, § 1844. Uber die Art der Erziehung kann
das Vormundschaftsgericht befinden, § 1838.
Der Vormund verliert die Vormundschaft durch Entmündigung, ferner durch Entlassung,
zu welcher der Vormundschaftsrichter im Interesse der Sache schreiten kann, 88 1885, 1886 1.
Der preußischen Vormundschaftsordnung entspricht auch das Institut der befreiten Vor-
mundschaft kraft elterlichen Testaments, bei welcher die Kontrolle des Vormunds wesentlich er-
leichtert ist (§§ 1852 ff.). Es handelt sich insbesondere um die Befreiung von der Gegenvormund-
schaft, von einigen peinlichen Bestimmungen über die Geldanlage und von der periodischen
Rechnungslegung. Doch hat die elterliche Bestimmung keine absolute Kraft, und das Vormund-
schaftsgericht kann trotzdem die Kontrollmaßregeln auferlegen, wenn es dies sachgemäß findet,
51857. Sind Vater oder Mutter Vormünder eines volljährigen Entmündigten, so versteht
sich für sie die befreite Vormundschaft von selbst, S§ 1903, 1904 BGB. Ubrigens hat sich die
Hinterlegungsstelle die nötigen Belege vorweisen zu lassen, um zu ermitteln, ob die Vormund-
schaft eine befreite ist 2. ·
8 114. Die Obervormundschaft wird geführt vom Vormundschaftsgericht; dieses ist
regelmäßig das Amtsgericht. Jedoch kaun, sei es infolge eines elterlichen Testaments, sei es
auf Antrag nach Ermessen des Vormundschaftsgerichts, ein Familienrat eingesetzt werden,
der aus dem Vormundschaftsrichter und zwei bis sechs Mitgliedern (mit einem Quorum von
zwei Mitgliedern) besteht, die entweder durch elterliches Testament berufen sind oder durch
den Vormundschaftsrichter und den Familienrat gewählt werden (§ 1858 BGB.). Meist sollen
es Verwandte oder Verschwägerte sein. Dieser Familienrat beschließt an Stelle des Vormund-
schaftsgerichts; doch kann der Vormundschaftsrichter einstweilen die erforderlichen Anordnungen
treffen. Auch das Schweizer Recht kennt den Familienrat, verlangt aber Sicherstellung, § 362 f.
Schwe#.
Als Gehilfeninstitut für die Obervormundschaft ist der Gemeindewaisenrat gedacht, welcher
die Vormundschaft zu überwachen und auch über die Notwendigkeit der Vormundschaft Au-
zeige zu machen hat, §§ 1849—1851. Hierbei können namentlich auch die Frauen tätig sein.
§l 115. Das ganze hier geschilderte Vormundschaftswesen hat sich nicht bewährt. Ist
der Vormund nicht ein naher Verwandter oder Beteiligter, so ist die ganze Vormundschafts-
führung der dilettantische Versuch der Ausfüllung eines Berufs, für welchen der Vormund
gar nicht vorgebildet ist, und die gesamte Last liegt dann auf dem Vormundschaftsgericht, welches
nicht in der Lage ist, auf alles und jedes aufzumerken. Man gerät hier wieder in das Fahrwasser
des Preußischen Landrechts und macht den Amtsrichter zum wahren Vormund und den wirklichen
Vormund zum willenlosen Handlanger; die Geschäftslast des Vormundschaftsrichters ist aber
zu groß, und er steht den einzelnen zu ferne, als daß er genügend individualisieren und wirk-
lich sachgemäß entscheiden könnte .
Das Richtige ist die Aufstellung und Organisation von Berufsvormündern mit
Beihilfe freiwilliger Vereine, welche dem beruflichen Wirken zur Seite stehen. Auch der Ge-
meindewaisenrat hat sich, namentlich in großen Städten, wenig bewährt; das Ganze ist eine
dilettantische Halbheit, welche der Abhilfe dringend bedarf.
§ 116. Neben der Vormundschaft des Minderjährigen und der Vormundschaft des Ent-
mündigten kennt das Gesetz noch eine Pflegschaft, welche mehr oder minder der alten cura ent-
spricht. Der Pfleger ist entweder ein Aushilfspfleger bei den unter elterlicher Gewalt oder
Vormundschaft stehenden Personen" oder er ist ein Pfleger dessen, der infolge von Gebrechlichkeit
1 biergegen! ist sofortige Beschwerde zulässig, denn der Gerufene hat nicht nur eine Pflicht,
sondern auch ein Recht, § 60 Z. 3 GfG. Davon verschieden ist es, wenn der Vormund auf seinen
Antrag 48 seinem Interesse) aus wichtigen Gründen entlassen wird, 8 1889 BGB.
. 6. Januar 1912 Entsch. 79 S. 9.
n 3 gibt es in Berlin etwa * laufende Vormundschaften; Köhne, Erfahrungen
eines Vormundschaftsrichters, Voss. Zeitung vom 15. Januar 1903.
* Im Verfahren des §* 1666 bedarf es keines Pflegers des Kindes, wie es früher das
Kammergericht annahm, RG. 9. Febr. 1905 Entsch. 60 S. 134.