178 J. Kohler.
Das Datum soll richtig sein; Ungenauigkeiten, z. B. wenn ein Testament in Charlottenburg
errichtet und von Berlin aus datiert wird, und Abkürzungen sind sehr zu widerraten. Viel-
fach nimmt man sogar an, daß jede Unrichtigkeit des Datums die Nichtigkeit des Testaments
herbeiführt; dies ist aber ebensowenig bei einem Testament anzunehmen wie bei einer anderen
Urkunde. Das Datum wird verlangt, weil es in den meisten Fällen richtig sein wird, nicht
weil es bei Nichtigkeit richtig sein muß 1.
Das eigenhändige Testament stammt aus dem testamentum parentum inter liberos;
es entwickelte sich in Südfrankreich und ist in den Ordonn. 1629 (Art. 126) und 1735 (Art. 19) an-
erkannt worden und dann auch in den Code civil übergegangen; es findet sich auch in Osterreich
und hat sich überall bewährt. Auch das Schweizer GB. hat es in § 505 angenommen 2. Die
Befürchtungen, die man daran geknüpft hat, so die Befürchtung, daß bei einer solchen Urkunde
kein Rechtshalt gegeben sei und man keine Sicherheit habe, ob ein Entwurf oder ein vollendetes
Testament vorliege, so die Befürchtung leichter Fälschung und Unterschiebung, alle diese Be-
fürchtungen haben sich in der Praxis als eitel erwiesen. Die einzige Gefahr ist die, daß der Erb-
lasser falsch datiert und dadurch den Bestimmungen über Testamentsfähigkeit zu entgehen sucht,
da insbesondere die Entmündigung den Geschäftsbeschränkten testamentsunfähig macht, und
zwar von dem Beginn des Entmündigungsverfahrens (Stellung des Antrags) an (§2229 BGB.)?:
dies wird in solchem Falle der Erblasser durch falsche Datierung des Testaments zu vereiteln
suchen. Die nötige richterliche Würdigung der Verhältnisse muß es hier, wie in anderen Fällen,
verstehen, durch Trug und Arglist hindurch zur Wahrheit zu gelangen.
Von dem größten Segen ist das eigenhändige Testament dadurch, daß es den letzten Willen
mächtig fördert; denn eine große Reihe von Menschen möchte gern letztwillige Verfügungen
machen, scheut sich aber vor dem öffentlichen Beamten und vor der Berührung mit öffentlichen
Behörden. Sodann ist dieses Testament vor allem eine Sicherung der persönlichen Freiheit:
viele halten sich zurück, ein Testament zu machen, weil sie sich vor ihren Verwandten fürchten,
und viele, welche ein Testament gemacht haben und es bereuen, haben nicht den Mut, es zu
widerrufen, weil, wenn sie die öffentliche Form gebrauchten, dies ruchbar werden könnte und
sie der Unbill der Beteiligten verfielen. Hier bietet das private Testament die beste Aushilfe:
ein paar Zeilen genügen, um das Gewebe verruchter Nachstellungen und elender Versklavung
zu zerreißen. Eine Hingabe in öffentliches Verwahr ist nicht erforderlich, § 2248.
Das eigenhändige Testament darf nicht als ein erblasserischer Eutwurf betrachtet werden
der erst durch Bestehenlassen bis zum Tode zum Rechtsgeschäft erwächst: es ist ein Rechtsgeschäft,
obgleich sein Widerruf in das Belieben gesetzt ist; wenn der Testator sofort nach Errichtung des
Testaments wahnsinnig wird, so hat und behält das Testament seine Wirkung.
Ein Testament kann man schon mit dem 16. Lebensjahre errichten; doch können Minder-
jährige, Lesensunkundige, Blinde kein eigenhändiges Testament machen, und ein öffentliches
nügend angenommen, wenn die Unterschrift unter dem Testament stehe und dann das Datum
beigefügt werde; vgl. Kammergericht 24. Dezember 1900 Mugdan II S. 136.
1 Bezüglich des öffentlichen Testaments hat man über eine falsche Datierung hinweggesehen,
wenn das richtige Datum sich aus dem Protokoll ermitteln läßt, RG. 12. Dezember 1912 Entsch. 81
S. 96. Die Rechtsprechung des R.#s aber, welche, von der französischen Judikatur ausgehend
den Verismus bei der Datierung fordert (RG. 8. Februar 1902 Entsch. 51 S. 166), wird sich auf
die Dauer nicht halten lassen, ebensowenig die Pedanteric, welche ein Testament vernichtet,
wenn ein Wort, z. B. auf einem Briefbogen der Ort oder die Einleitungsworte des Datums, vor-
gedruckt ist. Vgl. auch Hölder, Jahrb. f. Dogm. 50 S. 277. Bereits hat das RG. 6. Dezember
1906 Entsch. 64 S. 423 ein Testament aufrechterhalten, in welchem das Datum irrig mit 1804
statt 1904 geschrieben war. Auch hat man mit Recht gesagt, daß die Einfügung eines geringfügigen
Zusatzes von fremder Hand das Testament im übrigen dann nicht ungültig macht, wenn anzunehmen
ist, daß der Erblasser das übrige auch ohne diesen Zusatz gewollt hat, RG. 5. März 1906 Entsch. 63
S. 23. Das Material der Schrift ist gleichgültig (Schiefertafel, RG. 17. Febr. 1910 JIW. XXXIX 291.)
* Auch Ungarn Entw. F 1583 mit der treffenden Bestimmung, daß ein irriges Datum
ohne Nachteil ist. Das englische Recht kennt nach den Wills Act 1837 I Vict. a. 26 ein privates
Testament, das der Erblasser unterzeichnet, und dessen Unterzeichnung er in Gegenwart zweier
Zeugen anerkennt, welche dies bestätigen und unterschreiben.
Dies muß übrigens auch von der Entmündigung wegen Geisteskrankheit gelten. Es *
keinen rechten Sinn, den Geistesschwachen vom Augenblick des Entmündigungsantrags testier-
unfähig zu machen, den Geisteskranken erst von der Zeit der Entmündigung; § 104 Z. 2 BGB.
gäbe hiergegen keine genügende Aushilfe.