16 J. Kohler.
solche, die durch die Reichsgesetzgebung anderwärts geregelt sind, teils solche, die einer solchen
reichsrechtlichen Regelung entbehren; über die Idealvereine dagegen bestimmt das BGB. allein.
Diese Sätze dürfen aber nicht übertrieben werden, denn zwei der bekanntesten handelsrechtlichen
Vereinsformen, die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sind Ge-
sellschaftsformen, die für all und jeden Zweck gewählt werden können: sie sind in ihrem Wesen
zwar als wirtschaftliche Vereine gedacht, lassen sich aber auch für ideale Zwecke verwenden. Es
kann also nach wie vor eine Aktiengesellschaft gegründet werden für einen Freimaurewerein,
für ein Museum oder für religiöse Zwecke. Schon die Formen eines solchen Vereins und die
Gliederung enthalten in sich eine gewisse Regelung, welche, wenn nicht in allen, doch in vielen
Fällen, einen Mißbrauch ausschließt, wozu die Bedeutung der Amortisationsgesetze kommt,
von denen alsbald (S. 17) die Rede sein wird.
Die übrigen wirtschaftlichen Vereine aber, die nicht durch die sonstige Reichs-
gesetzgebung geregelt wurden, sind als Verleihungsvereine gedacht, d. h. es bedarf einer besonderen
verwaltungspolitischen Verleihung, 5 22 BGB. Der Grundgedanke ist der: Wenn allenfalls
außerhalb der Formen der Aktiengesellschaft, außerhalb der Formen der Gesellschaft mit be-
schränkter Haftung und der übrigen handelsrechtlichen Formen weiterhin wirtschaftliche Vereine
gegründet werden wollen, so ist es Sache der Staatsverwaltung, im einzelnen Falle, nach Maß-
gabe des Zweckes, der in Aussicht genommenen Organisation und der finanziellen Grundlegung,
die Genehmigung zu erteilen oder zu verweigern, z. B. bei Kolonialgesellschaften, welche sich
nicht in eine der oben bezeichneten Formen fügen wollen. Für Kolonialgesellschaften gilt
insbesondere der § 11 f. des Schutzgebietsgesctzes vom 10. September 1900; sie unterstehen der
Aufsicht des Reichskanzlers. Eine Reihe von Kolonialgesellschaften sind auf Grund solcher Sonder-
gesetze ins Leben getreten, so die Togogesellschaft, die Deutsch-Westafrikanische Handelsgesellschaft,
die Deutsch-Westafrikanische Bank, die Kolonialeisenbahnbau- und Betriebsgesellschaft, die
Pflanzungsgesellschaft Kpeme, die Agupflanzungsgesellschaft u. a.
Wirtschaftliche Vereine aber sind solche, die prinzipiell einen wirtschaftlichen Geschäfts-
betrieb bezwecken, d. h. einen Betrieb, welcher durch Spekulation zum Gewinn oder mindestens
zur Ausgleichung von Ausgabe= und Einnahme führen soll. Hierbei ist es gleichgültig, ob die
Spekulation nach außen oder nach innen geht. Eine produktive Aktiengesellschaft ist ebenso ein
wirtschaftlicher Verein wie ein Konsumverein 1. Wo aber eine solche wirtschaftliche Spekulations-
weise nicht gegeben ist, sondern die Vereinszwecke durch Zuschuß erreicht werden müssen, liegt
ein Idealverein vor, z. B. wenn ein Verein für seine Mitglieder oder für dritte Personen zur
unentgeltlichen Benutzung Wohnung, Bibliothek, Sportbedürfnisse oder irgend sonstige Dinge
beschafft. Diese Idealvereine sollen Rechtsfähigkeit erwerben durch Eintragung, und diese Ein-
tragung muß geschehen, sobald der Verein in entsprechender Weise angemeldet ist und bei der
Polizei keinen Widerstand findet. Ein solcher Widerstand aber kann erfolgen, wenn der Verein
gegen das öffentliche Vereinsgesetz verstößt, oder wenn er nach dem Vereinsgesetz verboten werden
kann, oder wenn er einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt. Darum
muß das Registergericht der Verwaltungsbehörde Mitteilung machen, und diese kann (innerhalb
sechs Wochen) gegen den Verein Einspruch erheben, welcher Einspruch aber im verwaltungsgericht-
lichen Wege erledigt werden kann. Erst mit der Eintragung erwirbt der Verein Rechtsfähigkeit.
Zur Eintragung gehört aber, daß er bereits einen Vorstand hat, daß Statuten (Satzung) festgesetzt
sind, und daß diese Satzung von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet wird. Zweck,
Name und Sitz müssen angegeben werden. Außerdem soll die Satzung noch verschiedene
andere Bestimmungen enthalten, §3 55 f. BG.
Diese Bestimmungen sind lästig und überflüssig. Das Schweizer ZGB. hat in a. 60 mit
Recht die Sache vereinfacht: es verlangt nur schriftliche Fassung der Statuten, wobei der Vor-
behalt gilt, daß Personenverbindungen zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken keine Per-
sönlichkeit erlangen, a. 52.
Wird ein Verein zu Unrecht als Idealverein eingetragen, während er ein wirtschaftlicher
ist, so hat der Verein doch Persönlichkeit, wenigstens solange sie ihm nicht gerichtlich aberkannt wird.
Unrichtig OLG. RKarlsruhe 20. Dezember 1911, Bad. Rechtspraxis 1912 S. 25.
* So Lehrbuch 1 S. 383. Dies hat auch das RG. angenommen 17. Januar 1913 Entsch. S1
S. 206, auch Kammergericht 18. März 1913 Entsch. f. Gerichtsb. XII S. 240. Es bleibt nur dem