Verhältnis des Reichsprivatrechts zum Landesprivatrecht. 197
über das Erbrecht des Reichs Gesetz wird, wird damit der Art. 138 aufgehoben. Eine Erweiterung
ist erfolgt in dem Gesetze vom 17. März 1906 für die Uberleitung bestehender Pfandrechte, die zur
Sicherung künftiger Ansprüche auf Zinsen bestellt sind. Die Bedürfnisse des Verkehrs und die
Entwickelung des Rechtes bringen es eben mit sich, daß die Rechtseinheit vom Reiche weiter
ausgebaut wird, wie umgekehrt sie auch möglicherweise erweisen können, daß dem Landesrecht
in einer Materie ein nicht genügender Spielraum gelassen ist. Beispielsweise ist, wenn die
Versuche zur Entschuldung des Grundbesitzes vom Landesrecht weitergeführt werden, nicht aus-
geschlossen, daß die jetzt zur Verfügung stehenden Vorbehalte nicht ausreichen, vielmehr dem
Landesrechte gestattet werden muß, gewisse reichsrechtliche Vorschriften, insbesondere über
die Eigentümerhypothek, zu durchbrechen.
II. Die Form des Vorbehaltsausspruchs ist keine gesetzlich festgelegte.
Der Art. 3 EG.:
„Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetze die Regelung den Landes-
gesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß landesgesetzliche Vorschriften unberührt bleiben oder
erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und
können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden.“
will mit den im ersten Halbsatz erwähnten Wendungen nicht die ausschließlichen, etwa wörtlich
anzuwendenden Formeln für den Vorbehaltsausspruch geben. Die Formeln der ausdrück-
lichen Vorbehaltsaussprüche sind vielmehr wechselnde. Der Vorbehalt bedarf aber nicht
einmal der Ausdrücklichkeit, er kann auch ein stillschweigender, versteckter sein (z. B.
§*#61 BGB. „zuständige Verwaltungsbehörde“", § 193 ,„staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag“).
Die gangbarsten Formeln sind folgende. Fast immer wird im Abschnitt III des E. die
gleichmäßige Ausdrucksweise gewählt: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vor-
schriften" oder „werden nicht berührt“". Nur sechs Artikel dieses Abschnitts (126,
141, 144 Satz 2, 145, 146, 148) bedienen sich — mit einer Schattierung übrigens im Sinn —
des Ausdrucks: „die Landesgesetze können bestimmen“ oder eines ähnlichen. Im Abschnitt IV.
von den Ubergangsvorschriften werden Formeln der im Art. 3 bezeichneten Art nicht an-
gewendet, vielmehr sind sie dort dem Zwecke der Übergangsbestimmungen mehr angepaßt;
beispielsweise: „die bisherigen Vorschriften bleiben maßgebend“ (Art. 170, 200, 202, 218),
oder: „die Landesgesetze bleiben in Kraft“ (Ar. 157, 164—167), oder: „die bisherigen Gesetze
finden Anwendung"“ (Art. 191). Daneben aber auch ein wechselvoller Katalog ähnlicher Aus-
drücke (Art. 158, 161 Abs. 3, 179, 217 usw.). — Im BG. findet der Vorbehaltsausspruch
häufig in einer einfachen Verweisung auf die Landesgesetze seinen Ausdruck (z. B. §§ 85, 1784).
UÜber die Tragweite und Wirkung dieser Wendungen s. unten § 5.
Mit der Form des Vorbehaltsausspruchs ist nicht zu verwechseln die Fassung der
Vorbehalte selbst, die Form für die Bezeichnung und Umgrenzung der Vorbehalts-
gebiete. Auch sie wechselt; beispielsweise: „Vorschriften, welche dem Deichrecht usw. an-
gehören“ (Art. 66, 67), oder: „welche betreffen“ (Art 94 Satz 1), . . .. „regeln“ (Art. 97, 101),
oder: „Vorschriften über Lehen usw.“ (Art. 59, 62, 63). Aber ein gleichmäßiges
Prinzip der Abgrenzung durchzieht die wechselnden Formen: der Gegenstand des Vor-
behalts wird seinem Inhalte nach gekennzeichnet, nicht aber bestimmte einzelne
Gesetze als vorbehalten herausgehoben. Es heißt also: Unberührt bleiben die landesgesetz-
lichen Vorschriften über Lehen (Art. 59), oder diejenigen, welche dem Bergrecht angehören
(Art. 67), oder nach welchen eine Religionsgesellschaft Rechtsfähigkeit nur im Wege der Gesetz-
gebung erlangen kann (Art. 84). Den anderen Weg zu beschreiten und die vorbehaltenen Gesetze
der verschiedenen partikulären Rechte einzeln zu nennen, verbot sich schon deshalb, weil das
Wesen des Vorbehalts im Gegensatze zu den Ubergangsvorschriften gerade darin besteht, daß
die Landesgesetzgebung auf dem vorbehaltenen Gebiete auch nach dem Inkrafttreten des BGB.
neue Gesetze erlassen kann.
8 4. Gegenstand und Einteilung der Vorbehalte.
I. Die Gründe für die Einführung der Vorbehalte lassen sich in der Hauptsache auf vier
Erwägungen (s. auch die Mater. S. 58) zurückführen.
1. Für gewisse Gebiete waren die Vorarbeiten zur reichsgesetzlichen Regelung bis zum