Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

20 J. Kohler. 
in normalen Fällen mit der Universität identisch ist, so daß die Universität zu gleicher Zeit für 
das eigene Vermögen und zu gleicher Zeit für das Vermögen einer jeden ihrer Stipendien- 
stiftungen eine Persönlichkeit repräsentiert; und nur in den Fällen, wo etwa ein Zusammenstoß 
der Interessen vorläge oder gar ein Prozeß nötig wäre, wenn z. B. die Universität für den 
Verlust einer Stiftung verantwortlich gemacht werden sollte, müßte eine besondere Persönlichkeit 
für die Stiftung konstruktiv geschaffen und ein Pfleger als Organ dieser Persönlichkeit bestellt 
werden (vgl. & 1914 BG.). 
Viertes Buch. 
Rechtsobjekte. 
1. Allgemeines. 
* 14. Rechtsobjekte können Lebensgüter aller Art sein, nicht nur körperliche, sondern 
auch unkörperliche. Hier ist zunächst von den Sachen, d. h. den körperlichen Gegenständen und 
den Sachzusammenhängen zu sprechen 1.e 
Hier pflegt man verschiedene Einteilungen zu machen: man pflegt von Gattungssachen 
und von vertretbaren (fungibeln) Sachen zu sprechen. Diese Begriffe haben meist schuldrechtlichen 
und nur ausnahmsweise allgemein juristischen Bezug, namentlich der Begriff der Gattungssache 
nur, wenn er in den Begriff der vertretbaren Sache ausmündet?2. 
Die Gattungssache hängt mit dem philosophischen Unterschied zwischen Begriff und 
Sache zusammen. Gattungssache ist jede Sache, die sich innerhalb eines weiteren oder 
engeren Begriffs bewegt, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß die Begriffe nicht etwa 
bloß die allgemeinen Begriffe der Sprache, sondern auch die speziell geschaffenen Begriffe des 
Lebens sind. So kann der Wein, der aus einem bestimmten Weinberg gezogen wird, so können 
die Apfel eines bestimmten Baumes zu einem Begriff zusammengefaßt werden. 
Eine konkrete Sache nun entspricht den Erfordemissen der Gattungssache, wenn sie inner- 
halb der Gattung liegt und den Gattungsmerkmalen entspricht. Die Beziehung dieser konkreten 
Sache zur Gattung ist natürlich nicht eine Beziehung zwischen einem Individuum und einer 
Unzahl anderer Individuen, sondern eine Beziehung zum Begriff; und wenn der Schuldner 
eine Gattungssache leisten soll, so hat er eben eine Sache in irgendeiner Weise aufzutreiben, 
welche innerhalb des Begriffes liegt. Man spricht hier von Ausscheidung, aber dieser Aus- 
druck ist verfehlt und führt zu falschen Vorstellungen: von einer Wahl ist natürlich gar keine 
Rede, und der Unterschied zwischen Wahl- und Gattungsverpflichtung ist begrifflich so groß, 
als nur ein Unterschied sein kann, obgleich im Leben manchmal Zweifel bestehen; allein der 
Zweifel muß sich bei vemünftiger Behandlung sofort beschwichtigen 3. 
Vertretbare Sachen (§ 91 BGB.) sind solche Gattungssachen, deren Gattungsbegriff 
nicht willkürlich gebildet, sondern durch den Verkehr und die Verkehrsübung gegeben 
ist. Hierbei können die Umstände des Verkehrs mitspielen, denn die Verkehrsbegriffe sind nicht 
in der Art realistische Begriffe, daß sie außerhalb der menschlichen Wirksamkeit stünden, sondern 
sie sind nach gewisser Seite hin Menschenwerk. So kann z. B. der Wein eines bestimmten Hügels 
ein allgemein verkehrsbegrifflicher Wein sein, wie z. B. Steinwein oder Berncasteler Graben: 
je berühmter der Wein, desto mehr wird sich ein solcher Verkehrsbegriff bilden, während, wenn 
  
1 Ganz zu verwerfen ist der Gegenstandsbegriff Sohms, Gegenstand (1905) und Arch. 
f. b. RP. XXVIII S. 173 f., Jahrb. f. Dogmatik 53 S. 373, welcher Sachen und Rechte, wie das 
Erbbaurecht, die Dienstbarkeiten, die Hypothek, die Grundschuld, die Immaterialgüter rechte 
(nicht etwa die Immaterial güter) als Gegenstände nebeneinander stellt und Objekt und Recht am 
Obiekt in der sonderbarsten Weise vermengt. Dies kann nur Unklarheit stiften. Hiergegen mehrfach 
Binder, Z. f. Handelsrecht 59 S. 64 f., Arch. f. b. R. XXXIV S. 209. Gegen den durch Sohms 
Gegenstandslehre wiedererweckten Begriff des Rechts am Recht vgl. Krückmann, Arch. f. 
ziv. Praxis 103 S. 170 f., 259 f., 304 f. 
Lehrbuch 1 S. 466. 
* Daß die Gattung keine unübersichtliche oder schwer übersichtliche Masse zu sein braucht, 
bemerkt richtig Kisch, Gattungsschuld und Wahlschuld (1912) S. 176.
	        
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