Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

266 L. von Bar. 
und Vollstreckung ausländischer Urteile betrifft, bis jetzt auf sehr verschiedenen Prinzipien, und 
soweit Staatsverträge bestehen, sind diese auch häufig unklar und lückenhaft. Den richtigen 
Grundsätzen am meisten entsprechend verfährt wohl die englische Jurisprudenz. Das Deutsche 
Reich hat noch mit keinem Staate einen umfassenden Vertrag über Vollstreckung von Zivilakten 
geschlossen. (Einzelne Arten von Urteilen sind in der Berner Frachtrechtskonvention und in 
dem Haager Abkommen über Zivilprozeß für vollstreckbar erklärt, und Verträge, die von einzelnen 
deutschen Bundesstaaten mit auswärtigen Staaten früher geschlossen waren, werden als fort- 
dauernd wirksam betrachtet.) 
Die deutsche 3PO. stellt, wic bemerkt, das Erfordernis der Gegenseitigkeit (unrichtiger- 
weise) auch für die Anerkennung der Res iudicata auf, macht aber davon (§5 328 Schlußsatz) eine 
Ausnahme, „wenn das Urteil einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den 
deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inlande nicht begründet war“. Danach sind namentlich 
viele ausländische Urteile, die in sogenannten Statusprozessen unter Ausländern ergangen sind, 
auch ohne daß dem Erfordernis der Gegenseitigkeit genügt ist, anzuerkennen. 
Anderseits macht die Z PO. (5 328 Abs. 1 Nr. 3) eine Ausnahme von der Anerkennung 
und Vollstreckung, wenn von gewissen, das internationale Privatrecht betreffenden, in dem 
EG. BGB. enthaltenen Sätzen zum Nachteile einer deutschen Partei in dem auswärtigen 
Urteile abgewichen ist. 
Daß auch bei der Anerkennung und Vollstreckung auswärtiger Urteile die oben § 10 er- 
wähnte Schranke zu beachten ist, versteht sich von selbst (vgl. indes auch die ausdrückliche Be- 
stimmung in Z PO. J§ 328 Abs. 1 Nr. 4). Bei der Vollstreckung wird diese Schranke mehr in 
Betracht kommen als bei der bloßen Anerkennung auswärtiger Urteile. 
Während nach dem früheren gemeinen Rechte das Prozeßgericht behufs der Vollstreckung 
sich mittels Ersuchungsschreibens (Requisition) an das auswärtige Vollstreckungsgericht wandte 
und letzteres (eventuell das diesem Gerichte vorgesetzte Gericht auf erhobene Beschwerde) über 
die Vollstreckung in formloser Weise entschied, muß nach der Z PO. § 722 (660) (ähnlich auch 
in manchen anderen Staaten) die Vollstreckung begehrende Partei eine förmliche im ordent- 
lichen Prozesse zu verhandelnde Klage auf Erlassung eines Vollstreckungsurteils bei dem zu- 
ständigen deutschen Gerichte (regelmäßig des allgemeinen Gerichtsstandes des Gegners) erheben. 
Häufig spricht man nur von Anerkennung und Vollstreckung rechtskräftiger aus- 
ländischer Urteile, und nach der ZSPO. § 723 Abs. 2 ist die (nach den Gesetzen des auswärtigen 
Staates zu beurteilende) Rechtskraft ebenfalls Voraussetzung der Vollstreckung. Es dürfte aber 
richtiger sein, dem auswärtigen Urteil unter denjenigen Voraussetzungen Wirksamkeit zu ge- 
währen, die nach dem auswärtigen Gesetze gelten, falls man es überhaupt anerkennen will, 
also auch einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteile die Vollstreckbarkeit zu gewähren, um so 
mehr, als es gar nicht absolut sicher ist, daß in jeder Gesetzgebung eine scharfe Scheidung 
zwischen bloßer Vollstreckbarkeit und Res iudicata besteht. 
Die Form der Vollstreckung richtet sich nach den Gesetzen des Orts, wo die Vollstreckung 
erfolgt. Nach diesen Gesetzen ist insbesondere auch die Freiheit gewisser Vermögensobjekte 
von der Pfändung zu beurteilen. Von einer Einrede der Litispendenz auf Grund 
eines im Auslande anhängigen Prozesses kann nur die Rede sein, wenn dem in dem aus- 
wärtigen Prozesse ergehenden Urteile die Vollstreckbarkeit in unserem Staate gewiß ist. 
II. Konkursrecht. 
1 Garle, La dottrina giuridica del fallimento nel diritto privato internazionale. Napoli 
1872. Kleinties, Het Faillissement in het internationaal Privatrechts. 's Gravenhage 
1890. Meili, Die geschichtliche Entwicklung des internationalen Konkursrechts. Zürich 1908. 
Meili, Moderne Staatsverträge über internationales Konkursrecht. Zürich 1907. Meili, Lehrbuch 
des internationalen Konkursrechts. Zürich 1909. In französischen und italienischen Werken 
bildet das Konkursrecht meist einen Abschnitt des Handelsrechts, so auch in dem Werke Diena's 
(Bd. 3, S. 475—636. 
J 48. Allgemeines Prinzip. Es ist klar, daß es dem Zwecke des Konkurs- 
verfahrens am besten entsprechen würde, diesem Verfahren universelle, extraterritoriale 
Wirkung beizulegen in dem Sinne, daß ein Konkursverfahren, eröffnet von dem zuständigen
	        
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