Bürgerliches Recht. 29
ist hier nur eine Bedingung, die in der willkürlichen Tat des Gegners besteht, z. B. falls er das
Zimmer nicht tapezieren läßt 1.
Die Bedingung ist allerdings nicht nur beim rechtsgeschäftlichen Erwerb, sondern auch
beim Erwerb kraft Gesetzes möglich. Ein wichtiger Fall des Eigentums unter auflösender Be-
dingung ist durch das oben (S. 10) erwähnte Reichsgesetz vom 25. Mai 1873 gegeben. Sofern
nämlich gewisse Verwaltungen von Bundesstaaten auf das Reich übergingen, sind auch die der
Verwaltung gewidmeten Gegenstände auf das Reich übergegangen, insbesondere auch die für
die Verwaltung verwendeten Grundstücke. Bezüglich dieser Grundstücke aber gilt folgendes:
Das Reich kann sie veräußern, um dafür andere Grundstücke zum Bedarf zu erwerben; ist ein
solcher Ersatz nicht erforderlich, dann fallen sie an den Bundesstaat zurück, von dem aus sie dem
Reiche zugekommen sind (§#6 des Gesetzes vom 25. Mai 1873).
§ 21. Die Mißverhältnuisse, welche bei Rechtshandlungen eintreten können, wenn ent-
weder Irrungen vorkommen oder unethische Motive einwirken, haben zu Mitteln
der Abhilfe geführt. Solcher Mittel gibt es drei: 1. einen obligationsrechtlichen Anspruch auf
Aufhebung der Rechtsfolgen, 2. eine Einrede gegen die aus dem Rechtsgeschäft herworgehenden
Ansprüche; so im römischen Recht eine actio und exceptio doli oder metus. Auch dem BGB.
sind derartige Reaktionsmittel eigen, und es steht nichts im Wege, auf Grund der allgemeinen
Bestimmungen über unerlaubte Handlungen klagend und einredend vorzugehen; auch im Fall
der Irrung kann eine Arglisteinrede gegeben sein, wenn es nach den Umständen des Falles
anstandswidrig ist, eine solche Irrung zu benutzen.
Allein dies genügt nicht; denn eine solche Abhilfe wirkt nur obligationsrechtlich, und man
wäre Dritten gegenüber, welche die Sache von dem verletzenden Teile erlangt haben, schonungslos
preisgegeben. Hat mir jemand z. B. meine Uhr abgepreßt, so könnte ich gegenüber dem dritten
Erwerber nicht zum Ziele kommen. Im gemeinen Recht suchte man sich dadurch zu helfen, daß
man 1. die actio metus als actio inrem script # konstmierte, so daß ihr obligationsrecht-
licher, auf Rückübereignung gerichteter Anspruch in anomaler Weise auch gegen Dritte ging; und da-
durch, daß man 2. das Mittel der in integrum restitutio gewährtes. Das BE#B. bedient sich der An-
fechtung. Anfechten heißt erklären, daß eine Rechtsfolge als nicht eingetreten gelten soll: diese Er-
klärung muß, wenn die Handlung mit einem anderen eingegangen worden ist, diesem gegenüber
gemacht werden; ist er oder sein Aufenthalt unbekannt, dann tritt an Stelle der Erklärung die Ersatz-
zustellung in der Art des Zivilprozesses, 8§8 132, 143 BGB. Die Anfechtung bewirkt, daß mit diesem
Moment die ganze Rechtsfolge sich als eine von Anfang an nichtige darstellt. Eine Forderung
ist also nicht entstanden, Eigentum ist nicht übergegangen. Das BG#B. gestattet, im Fall jemand
eine Rechtshandlung aus Zwang (Drohung) eingegangen hat, eine solche Anfechtung, ohne
Rücksicht auf die Person des Drohenden; femer, wenn jemand durch den Gegner arglistig getäuscht
worden ist, aber auch im Falle der Irrung, wenn die Irrung entweder den Inhalt der Erklärung
betrifft oder eine wesentliche Eigenschaft des Rechtsobjektes oder des Geschäftsgegners, wobei
anzunehmen ist, daß der Rechtshandelnde, wenn er den Irrtum nicht gehegt, bei verständiger
Würdigung des Falles die Rechtshandlung unterlassen hätte, §§ 119, 123, 124 BGB. Dies
bietet Anlaß zu schwierigen Unterscheidungen 3. Die Irrung betrifft den Inhalt der Erklärung,
wenn jemand eine Urkunde unterzeichnet in der bestimmten Uberzeugung, daß sie einen anderen
Lehrbuch 1 S. 568 . Vgl. auch Bruck, Bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte (1904),
S. 125 f., Immerwahr, Kündigung (1898), S. 80.
* So auch die italienischen Statuten z. B. Rom (1580) I Art. 99.
* Lehrbuch 1 S. 505 f.; vgl. auch Leonhard, Irrtum (2. Aufl.), S. 171 f., Schloßmann,
Jrrtum (1903), S. 80. Für den gewöhnlichen Eigenschaftsirrtum, namentlich beim Kauf, sind andere
Rechtsbehelfe (Wandlungs-, Preisminderungsrecht) gegeben, und wenn die Haftung für Eigen-
schaften vertragsmäßig ausgeschlossen ist, so behält es dabei sein Bewenden; vgl. RG. 1. Juli 1905
Entsch. 61 S. 171. Anders, wenn ein Gemälde als echt verkauft wird und sich als unecht erweist:
hier ist die Irrtumsanfechtung gestattet. Vgl. über diese und ähnliche Fragen Lehrbuch 1 S. 508 f.
und meine Abhandlung im Jahrbuch f. Dogm. XXVII S. 256 f. Irrtümer über die Konjunktur und
Preislage sind externe Irrtümer und kommen nicht in Betracht, RG. 9. November 1906 Entsch. 64
S. 266, es müßte sich denn um die Übertragung von Unternehmungen handeln, bei denen die Kon-
junkturbedingungen zum Wesen gehören, z. B. von ausländischen Staatsanleihen, Fabrikaktien
(vgl. auch unten S. 106).